Leitsatz

1. Hat das für die Besteuerung der Organgesellschaft zuständige FA den USt-Erstattungsbetrag nicht an die Organgesellschaft, sondern an das für die Organträgerin zuständige FA – zugunsten des Steuerkontos der Organträgerin – überwiesen, und ist dieser Betrag dort mit USt-Schulden der Organträgerin verrechnet worden, stellt die Überweisung des Erstattungsbetrags keine Leistung des für die Organgesellschaft zuständigen FA an die Organträgerin dar und löst folglich auch keinen Rückforderungsanspruch dieses FA gegenüber der Organträgerin aus.

2. Die Überweisung eines Geldbetrags von einem FA an ein anderes FA – zugunsten des Steuerkontos eines dort veranlagten Steuerpflichtigen – kann nicht wie die Zahlung eines Dritten auf eine fremde Schuld behandelt werden, hat also keine unmittelbare Tilgungswirkung.

 

Normenkette

§ 37 Abs. 2, § 226 Abs. 4 AO

 

Sachverhalt

Eine GmbH hatte seit 2001 USt-Voranmeldungen abgegeben und USt-Beträge i.H.v. insgesamt ca. 272 000 EUR an das zuständige FA abgeführt. Es bestand jedoch eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft. Die Umsätze der GmbH waren also der Organträgerin zuzurechnen, für die das beklagte FA zuständig ist. Als über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, überwies das FA 272 000 EUR dem für die Organträgerin zuständigen Veranlagungs-FA zugunsten des Steuerkontos derselben. Dies hat das Veranlagungs-FA der Klägerin mit Umbuchungsmitteilung mitgeteilt und den dem Steuerkonto der Klägerin gutgeschriebenen Betrag auch bei der Änderung der USt-Bescheide der Klägerin für die Streitjahre angerechnet.

Der Insolvenzverwalter hat jedoch der Umbuchung der von der GmbH geleisteten Zahlungen widersprochen und einen Erstattungsanspruch der GmbH geltend gemacht. Das FA hat deshalb im Mai 2005 dem Insolvenzverwalter den Betrag von ca. 272 000 EUR als von der GmbH zu Unrecht geleistete USt erstattet. Im Zusammenhang damit belastete das FA der Organträgerin deren USt-Konto erneut mit dem zuvor zu deren Gunsten verrechneten Betrag von ca. 272 000 EUR, machte dies jedoch alsbald einschließlich des darüber ergangenen Abrechnungsbescheids, der aufgehoben wurde, rückgängig, weil es jene Änderung für rechtswidrig hielt.

Das FA der GmbH hat jedoch mit dem in diesem Verfahren angefochtenen Bescheid von der Organträgerin (Klägerin) den Betrag von ca. 272 000 EUR für sich zurückgefordert.

 

Entscheidung

Der BFH hat den Rückforderungsbescheid aufgehoben. Der Versuch, die nach Ansicht des FA nicht mehr änderbare Abrechnung gegenüber der Organträgerin durch einen Rückforderungsbescheid gegenüber der Klägerin gleichsam zu unterlaufen, ist damit gescheitert.

 

Hinweis

Nach § 37 Abs. 2 S. 1 AO hat derjenige, auf dessen Rechnung eine Steuerrückzahlung bewirkt worden ist, gegenüber dem Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des zurückgezahlten Betrags, wenn ohne rechtlichen Grund zurückgezahlt worden ist. Der Anspruch steht nicht demjenigen zu, von dem oder auf dessen Kosten die Zahlung erfolgt ist, sondern demjenigen, auf dessen Rechnung dies geschehen ist. Das ist grundsätzlich derjenige, gegen den sich der vermeintliche Zahlungsanspruch richtete, der also materiell-rechtlich zur Rückzahlung verpflichtet war, ungeachtet dessen, durch welche Zahlstelle er dieser vermeintlichen Verpflichtung nachgekommen ist.

Dementsprechend fehlte es im Streitfall an einer Zahlung des beklagten FA an die Organträgerin (Klägerin), weil der Steuererstattungsanspruch sich nicht gegen das beklagte FA richtete. Das FA ist als Behörde lediglich ein Organ des Landes, welches die USt verwaltet und Schuldner des dem Land zustehenden Teils einer etwaigen, von der Klägerin zurückzufordernden USt-Erstattungszahlung. Die "Überweisung" eines FA an ein anderes FA derselben Körperschaft kann deshalb nicht als eine Zahlung zugunsten eines Steuerpflichtigen oder als eine kondizierbare "Leistung" diesem gegenüber angesehen werden. Die Grundsätze der Durchgriffskondiktion greifen nicht ein. Es handelt sich um eine verwaltungsinterne Maßnahme, die gegenüber dem Steuerpflichtigen in dem zu diesem bestehenden Steuerrechtsverhältnis keine Rechtswirkung zeitigt, genauso wenig wie es z.B. bei einer Umbuchung zwischen zwei von demselben FA geführten Steuerkonten der Fall wäre.

Es handelt sich bei der "Überweisung" also nicht um die Zahlung eines Dritten auf eine fremde Schuld, welche infolge jener Tilgungsbestimmung die Schuld (hier: die vom Veranlagungs-FA verwaltete Steuerschuld der Klägerin) zum Erlöschen brächte und unter Umständen einen Bereicherungsan-spruch gegenüber demjenigen zur Folge haben könnte, dessen Schuld die Zahlung des Dritten tilgen sollte. Erst der Erklärung, die fragliche USt-Rückzahlung werde mit den USt-Schulden der Klägerin verrechnet (Aufrechnungserklärung), wohnt eine Rechtswirkung in dem zu der Klägerin bestehenden Steuerschuldverhältnis inne.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 16.12.2008 – VII R 7/08

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