Rz. 17

Für diejenigen Steuerschuldnern, die für das jeweilige Kj. die gleiche Grundsteuer wie im Vorjahr zu entrichten haben, gestattet § 27 Abs. 3 S. 1 GrStG die Festsetzung der Grundsteuer durch öffentliche Bekanntmachung i. S. d. § 122 Abs. 4 S. 1 AO. Ein schriftlicher Grundsteuerbescheid ist in diesen Fällen entbehrlich. Mit dem Tage der öffentlichen Bekanntmachung treten für die Steuerschuldner die gleichen Rechtswirkungen ein, wie wenn ihnen an diesem Tage ein schriftlicher Steuerbescheid zugegangen, d. h. i. S. d. § 122 AO bekanntgegeben worden wäre. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung erleichtert § 27 Abs. 3 GrStG für seinen Anwendungsbereich aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität nicht erst die Bekanntgabe, sondern bereits die Festsetzung der Steuer.[1]

Die öffentliche Bekanntmachung wird i. S. d. § 122 Abs. 4 S. 1 AO dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil der Grundsteuerbescheides (Angaben zu Art und Höhe der Steuer, Steuerschuldner und Leistungsgebot) ortsüblich, z. B. in Aushängen, Veröffentlichungen in Zeitungen oder Amtsblättern, bekannt gemacht wird. Hierzu gehören insbesondere keine Angaben zu den Besteuerungsgrundlagen, wie der Grundsteuerwert und Steuermessbetrag oder die persönliche und sachliche Steuerpflicht (s. z. B. Öffentliche Bekanntmachung der Landeshauptstadt München zur Grundsteuer für das Kj. 2022 v. 7.12.2021[2]).

Entgegen der Regelung in § 122 Abs. 4 S. 2 AO ist im Rahmen der öffentlichen Bekanntmachung zur erleichterten Festsetzung der Grundsteuer auch keine Angabe erforderlich, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist § 122 Abs. 4 S. 2 AO auf die Regelung zur erleichterten Festsetzung der Grundsteuer nach § 27 Abs. 3 S. 1 GrStG nicht anwendbar. Die in § 122 Abs. 4 S. 2 AO getroffene Regelung ergänze § 122 Abs. 3 S. 1 AO. Diese Vorschriften setzen einen individuell existierenden Verwaltungsakt voraus, der lediglich in vereinfachter Weise bekanntgegeben werde. Darüber gehe § 27 Abs. 3 S. 1 GrStG jedoch hinaus. Im Geltungsbereich des § 27 Abs. 3 S. 1 GrStG fehle gerade ein solcher Verwaltungsakt, der irgendwo eingesehen werden kann. § 27 Abs. 3 S. 1 GrStG regele dementsprechend abschließend, in welcher Weise bei der von ihm zugelassenen erleichterten Steuerfestsetzung zu verfahren ist.[3]

Gleichwohl genügt § 27 Abs. 3 S. 1 GrStG nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit diesem Inhalt den Anforderungen des durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleisteten effektiven Rechtsschutzes. Die Festsetzung der Grundsteuer durch öffentliche Bekanntmachung treffe auf vorinformierte Bürger, die die maßgebenden Besteuerungsgrundlagen aus den ihnen individuell bekanntgegebenen Bescheiden des Finanzamts (Grundsteuerwert- und Steuermessbescheid) kennen. Mit den daran anknüpfenden Grundsteuerbescheiden der Gemeinde werde lediglich der in der Haushaltssatzung bestimmte, öffentlich bekanntgemachte Hebesatz auf den im Steuermessbescheid festgesetzten Steuermessbetrag angewendet. Diesen Vorgang könnten die betroffenen Eigentümer des Grundbesitzes anhand des ihnen zuletzt individuell bekanntgegebenen Steuerbescheids feststellen. Ist dieser Bescheid abhandengekommen, so sei es den Betroffenen zuzumuten, von der Gemeinde eine entsprechende Auskunft einzuholen, auf deren Erteilung ein Rechtsanspruch besteht.[4]

Die öffentliche Bekanntgabe muss ein nicht ortsansässiger Steuerschuldner ebenso gegen sich gelten lassen wie ein ortsansässiger Steuerschuldner. Bestand für einen betroffenen Eigentümer des Grundbesitzes ausnahmsweise, z. B. infolge Wohnsitzes oder Aufenthalts in einer anderen Gemeinde, nicht die Möglichkeit, in zumutbarer Weise von der Grundsteuerfestsetzung durch öffentliche Bekanntmachung Kenntnis zu nehmen, kann im Fall der Versäumung der Widerspruchsfrist der Rechtsschutz durch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährleistet werden.[5] In der Fachliteratur wird in diesem Zusammenhang auch die Auffassung vertreten, dass nicht ortsansässigen Grundstückseigentümern zumindest noch eine besondere Zahlungsaufforderung zuzusenden ist. In der Praxis geschehe dies bereits durch einen zusammengefassten Abgabenbescheid der Gemeinden, der neben der Grundsteuer sämtliche an sie abzuführende Abgaben und Gebühren ausweist. Die ursprünglich mit der öffentlichen Bekanntmachung der Grundsteuer verbundene Verwaltungsvereinfachung sei somit weitgehend gegenstandslos geworden. Insbesondere sollten nicht ortsansässige Grundstückseigentümer nicht lediglich mit dem Hinweis auf die öffentliche Bekanntmachung zur Grundsteuer mit Mahngebühren und Säumniszuschlägen belastet werden.[6]

 
Hinweis

M. E. besteht das Erfordernis zur gesonderten Übersendung einer Zahlungsaufforderung nicht. Nach der vorgenannten höchstrichterlichen Rechtsprechung trifft die öffentliche Bekanntmachung auf vorinformierte Bürger, die die maßgebenden Besteuerungsgrundlagen aus den ihnen individuell bekanntgegebenen Bescheiden des Finanzamts bereits kennen. Die j...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge