Jahrzehntelang war die Richtsatzsammlung des BMF eine Art Bibel. Kritik an ihr wurde von Seiten von Betriebsprüfern und Steuerfahndern im schlimmsten Fall als Häresie gewertet. Mit ein wenig Glück wurde man nur mit Gelächter und Kopfschütteln und dem Rat, sich beim BMF zu beschweren, bedacht. Gehört wurde man jedenfalls nicht.

Und auch die Frage, ob man denn geprüft habe, ob die Berichtsfirma mit dem sog. Normalbetrieb i.S.d. Richtsatzsammlung vergleichbar sei, wozu "Vorbemerkungen A) Ziff. 3" durchaus Anlass angibt, ist für manche Prüfer bereits eine Majestätsbeleidigung. Für "Vorbemerkungen C. Ziff. 10 Schätzungsrahmen" gilt das erst recht.

Beispiel:

Unvergessen ist dem Verfasser dieses Beitrags der Fall, in dem eine Steuerfahnderin ohne nähere Prüfung die erhöhten Rohgewinnaufschlagsätze für Restaurants mit asiatischem Speisenangebot heranziehen wollte. In dem Betrieb wurden Schnitzel und Burger angeboten. Asiatisch war lediglich die Herkunft des Betreibers. Obendrein war der Betrieb Bestandteil eines Kinokomplexes. Das regelmäßige Kombiangebot "Kinokarte, Imbiss mit Getränk" für 10 EUR hatte man auch nicht gesehen. Der Hinweis auf die tatsächlichen Verhältnisse wurde mit einem Hinweis auf angeblich hohe Getränkepreise, die den hohen Aufschlagsatz für Asia-Restaurants rechtfertigen, gekontert.

Die Kritik an der Richtsatzsammlung ist keineswegs neu. Einer breiteren Öffentlichkeit wurde sie aber erst mit der kleinen Anfrage vom 27.8.2018 (BT-Drucks. 19/3987) und der Antwort der Bundesregierung vom 11.9.2018 (BT-Drucks. 19/4238) bekannt. Diplomatisch ausgedrückt, sind die Antworten ganz überwiegend unbefriedigend. Das sieht auch der X. Senat des BFH so. Sonst hätte er das BMF nicht nach § 122 Abs. 2 S. 3 FGO zum Beitritt aufgefordert.

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