Die Entscheidung v. 19.5.2021 – X R 33/19[2] beschäftigt sich mit einer möglichen Doppelbesteuerung von Renten der gesetzlichen und privaten Altersversorgung. Eine solche liegt nicht vor, wenn die Summe der voraussichtlichen steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der aus versteuertem Einkommen aufgebrachten Altersvorsorgeaufwendungen. Beachten Sie: Dabei sind Beträge, die bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens des Rentners abziehbar sind oder steuerfrei gestellt werden, nicht in die Vergleichsrechnung mit einzubeziehen.

[2] BFH v. 19.5.2021 – X R 33/19, EStB 2021, 241 (Günther) (in dieser Ausgabe).

a) Ermittlung des steuerfrei bleibenden Rentenanteils

Maßgebend ist hier die im Zeitpunkt des Renteneintritts zu erwartende durchschnittliche statistische weitere Lebenserwartung des Steuerpflichtigen, mit der der jährliche steuerfreie Teilbetrag der Rente (§ 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa S. 4 EStG) zu multiplizieren ist. Dabei ist auf die zuletzt verfügbare Sterbetafel im Zeitpunkt des Renteneintritts zurückzugreifen.

Einbeziehung einer möglichen künftigen Hinterbliebenenrente des Ehepartners ...: Hierbei ist auch eine mögliche künftige Hinterbliebenenrente des Ehepartners mit einzubeziehen, da aus einem Versicherungsverhältnis mit zu versorgenden Hinterbliebenen insgesamt voraussichtlich höhere Rentenleistungen zu erwarten sind als bei einem – sonst gleichen – Versicherungsverhältnis ohne Hinterbliebene.

... verletzt nicht den Grundsatz der Individualbesteuerung: Dies stellt keine Verletzung des Grundsatzes der Individualbesteuerung dar. Denn es geht nicht um die konkrete Besteuerung einer vom Steuerpflichtigen zu unterscheidenden dritten Person (= Ehepartner), sondern um die Prüfung, ob beim Steuerpflichtigen selbst eine doppelte Besteuerung eintritt. Im Rahmen der hierfür erforderlichen, aus Sicht des Tages des Renteneintritts vorzunehmenden Prognoserechnung dürfen aber auch Wahrscheinlichkeitserwägungen herangezogen werden.

b) Unberücksichtigt bleibende Abzugsbeträge

Bei Ermittlung des steuerfrei bleibenden Rentenanteils sind weitere steuerliche Abzugsbeträge nicht zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für

aa) WK-Pauschbetrag und Grundfreibetrag

WK werden ausschließlich zur Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit berücksichtigt. Soweit einem Rentner WK zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung (§ 9 Abs. 1 S. 1 EStG) seiner Renteneinnahmen entstehen, ist seine – für die einkommensteuerrechtliche Bemessungsgrundlage grundsätzlich maßgebende – wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gemindert. Fazit: Dieser bereits durch das objektive Nettoprinzip gebotene WK-Abzug kann dann nicht zugleich der verfassungsrechtlich erforderlichen Vermeidung einer doppelten Besteuerung von Altersbezügen und Altersvorsorgeaufwendungen dienen.

WK-Pauschbetrag: Entsprechendes gilt für einen WK-Pauschbetrag, dessen Zweck die pauschale Abgeltung solcher WK ist, deren Summe den Pauschbetrag nicht übersteigt. Auch ein derartiger Pauschbetrag dient der Verwirklichung des objektiven Nettoprinzips im Hinblick auf tatsächlich anfallende WK und gilt damit – wenn auch in pauschaler Form – Aufwendungen ab, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen mindern. Fazit: Er kann damit nicht nochmals zur Vermeidung einer rechnerischen doppelten Besteuerung von Altersbezügen und Altersvorsorgeaufwendungen herangezogen werden.

Der Grundfreibetrag dient der Verschonung des Existenzminimums, so dass er – entgegen der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung – nicht zusätzlich noch herangezogen werden kann, um die steuerliche Belastung einer speziellen Einkunftsart zu reduzieren oder zur Abfederung verfassungsrechtlich unzulässiger doppelter Steuerzugriffe zu dienen. Denn der Grundfreibetrag bewirkt nicht etwa eine Erhöhung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, sondern er dient dazu, solche Minderungen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die sich aus der Bestreitung des unbedingt notwendigen Minimums an privaten Ausgaben zwingend ergeben, einkommensteuerrechtlich abzubilden. Fazit: Angesichts dieses Normzwecks kann der Grundfreibetrag nach Auffassung des BFH nicht – nochmals – herangezogen werden, um die steuerliche Belastung einer speziellen Einkunftsart zu reduzieren oder als Puffer zur Abfederung verfassungsrechtlich unzulässiger doppelter Steuerzugriffe im Bereich der Einkunftserzielung zu dienen.

bb) Ebenfalls nicht in Vergleichsrechnung einzubeziehende Beträge

Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge: Auch die nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG als Sonderausgaben abziehbaren Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge der Rentner sind nicht in die Vergleichsrechnung einzubeziehen, denn sie dienen ausschließlich der verfassungsrechtlich gebotenen einkommensteuerrechtlichen Verschonung des Existenzminimums.

Entsprechendes gilt für

  • die Beitragsanteile des Rentenversicherungsträgers zur Krankenversicherung sowie
  • den Sonderausgaben-Pauschbetrag, der der pauschalen Abgeltung bestimmter Sonderausgaben dient, nicht jedoch der Vermeidung einer doppelten Besteuerung von Altersbezügen und Altersvorsorgeau...

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