Als regelmäßige Arbeitsstätte kann mit Blick auf das im Einkommensteuergesetz gebotene Nettoprinzip im Normalfall nur eine ortsfeste Einrichtung des Arbeitgebers in Betracht kommen.[1] Tätigkeiten an anderen (= betriebsfremden) Einrichtungen fallen dagegen unter den Reisekostenbegriff der beruflichen Auswärtstätigkeit, auch wenn diese längerfristig über einen Zeitraum von mehreren Jahren angelegt sind. Als regelmäßige Arbeitsstätte kommen deshalb betriebsfremde Einrichtungen nur noch in Ausnahmefällen infrage. Voraussetzung ist, dass die Tätigkeit dort auf Dauer angelegt ist und der Arbeitnehmer aufgrund der arbeitsvertraglichen Festlegungen nicht damit rechnen muss, an wechselnden Tätigkeitsstätten eingesetzt zu werden.[2] Dies ist bei Kurierfahrern nicht der Fall, die arbeitstäglich zum Firmensitz ihres Auftraggebers fahren, um dort die Fahrzeuge zu übernehmen. Sie erbringen ihre dauerhafte Tätigkeit an den jeweiligen Einsatzorten.[3]Projektbezogene Arbeiten, die regelmäßig zeitlich befristet sind, können in keinem Fall vor Ort beim Kunden zu einer regelmäßigen Arbeitsstätte führen. Die Tatsache, dass die Tätigkeit über einen Zeitraum von mehr als 3 Monaten am selben auswärtigen Arbeitsort erfolgt, ist nicht mehr ausreichend. Dasselbe gilt für einen Bankmitarbeiter, der als Personalreserve beschäftigt ist.[5]

Keine regelmäßige Arbeitsstätte bei projekt- und vertragsbezogenen Arbeiten

Bislang ungeklärt war, ob und ggf. ab welchem Zeitraum auch eine längerfristige Auswärtstätigkeit zu einer "auswärtigen" regelmäßigen Arbeitsstätte führen kann. Der BFH hat hierzu Abgrenzungskriterien aufgestellt, unter welchen Voraussetzungen eine solche Tätigkeit noch als vorübergehend oder aber als dauerhaft i. S. d. beruflichen Mittelpunkts einzustufen ist.[6] In dem entschiedenen Sachverhalt kam der BFH zu dem Ergebnis, dass bei einer 4 Jahre dauernden Fortbildungsmaßnahme der außerhalb des Arbeitgebers liegende Veranstaltungsort nicht zur regelmäßigen Arbeitsstätte wird. Entscheidungserheblich hierfür war, dass eine zeitlich befristete Tätigkeit an einem auswärtigen Arbeitsort beim Arbeitnehmer nicht zu einem auf Dauer angelegten Tätigkeitsmittelpunkt führen kann. Der BFH hat seine Sichtweise in einem weiteren Urteil bestätigt.[7] In dem entschiedenen Sachverhalt wurde die Einrichtung eines Dritten (Kunden), in der der Arbeitnehmer tätig wird, auch dann nicht zur regelmäßigen Arbeitsstätte, obgleich er dort längerfristig über 20 Jahre eingesetzt war. Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn der Arbeitgeber in der Betriebsstätte des Kunden über eine eigene betriebliche Einrichtung verfüge. Aus dieser Rechtsprechung lässt sich allgemein der Grundsatz ableiten, dass projekt- bzw. auftragsbezogene Arbeiten oder durch vertragliche Vereinbarungen befristete Tätigkeiten keine auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte regelmäßige Arbeitsstätte beim Kunden und anderen Auftraggebern begründen können. Die jeweilige auswärtige Einsatzdauer ist dabei unerheblich.

 
Praxis-Beispiel

Zeitlich befristeter Kundeneinsatz

Ein Ingenieur ist im Rahmen eines Großprojekts für 18 Monate beim Kunden B eingesetzt. Der Arbeitnehmer fährt arbeitstäglich von zu Hause zum auswärtigen Einsatzort, da die Entfernung 45 Kilometer beträgt.

Ergebnis: Die Tätigkeit an der betriebsfremden Einrichtung des Kunden B begründet keine regelmäßige Arbeitsstätte. Der Arbeitnehmer fällt für die gesamte Einsatzdauer unter die Reisekostenregelungen. Für die Verpflegungskosten ist die gesetzliche3-Monatsfrist zu beachten.

Dauerhafter Mittelpunkt der Tätigkeit bei mehrjährigen Befristungen

Das Beispiel macht deutlich, dass auch ein auswärtiger Einsatz von längerer Dauer noch als vorübergehend i. S. d. neuen Reisekostendefinition gilt, wenn er von vornherein an eine durch Vertrag oder die Art der Tätigkeit festgelegte Befristung geknüpft ist.

Entscheidend für die Beurteilung des Einsatzes an einer außerbetrieblichen Einrichtung beim Kunden ist aus Sicht des Arbeitnehmers der Arbeitsvertrag zum Arbeitgeber und nicht das Vertragsverhältnis des Arbeitgebers zum Kunden. Auch bei einem unbefristeten über einen längeren Zeitraum dauernden Kundeneinsatz steht diese Auswärtstätigkeit immer unter dem vom Arbeitnehmer nicht beeinflussbaren Vorbehalt, dass das vom Arbeitsverhältnis unabhängige Auftragsverhältnis zum Kunden weiter Bestand hat. Die Dauer der Auswärtstätigkeit ist danach bei betriebsfremden Einsatzorten kein Entscheidungskriterium. Maßgebend ist vielmehr, ob der Arbeitnehmer nach den arbeitsvertraglichen Bestimmungen von Anbeginn seiner Beschäftigung für diesen Arbeitgeber von einem dauerhaften Einsatz in einer betriebsfremden Einrichtung eines Arbeitgeberkunden hat ausgehen können. Die Rechtsprechung wird von der Finanzverwaltung angewendet[8]

 
Praxis-Beispiel

Unbefristeter Kundeneinsatz

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