Die Finanzverwaltung wendet die Urteile[1] in allen noch offenen Fällen an. Danach kann ein Arbeitnehmer je Dienstverhältnis nur noch maximal eine regelmäßige Arbeitsstätte haben. Gleichzeitig legt das BMF eine zeitlich orientierte Vereinfachungsregelung fest, die als widerlegbare Vermutung eine vereinfachte Feststellung des Tätigkeitsmittelpunkts zulässt.

Bestimmung der regelmäßigen Arbeitsstätte durch Prognoseentscheidung

Zur Vereinfachung der nun auch wieder erforderlichen zeitlichen Abgrenzung stellt die Finanzverwaltung im Wesentlichen auf die bis 2007 geltende Faustregel ab. Das BMF geht dabei von 2 Fallgruppen aus. Danach ist von einer regelmäßige Arbeitsstätte auszugehen, wenn der Arbeitnehmer

  • zeitlich in der betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers

    • arbeitstäglich
    • je Arbeitswoche einen vollen Arbeitstag oder
    • 20 % seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll (quantitativ-qualitatives Zuordnungsprinzip) oder
  • dienst- oder arbeitsrechtlich einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers dauerhaft zugeordnet ist (vertragliches Zuordnungsprinzip).

Die Abgrenzung ist anhand einer Prognoseentscheidung vorzunehmen, deren Grundlage die dienst- bzw. arbeitsrechtlichen Festlegungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind.

Nachweis eines anderen (qualitativen) Schwerpunkts möglich

Die inhaltsgleiche entsprechende Regelung ist als widerlegbare Vermutung in das Lohnsteuer-Handbuch 2012 aufgenommen worden.[2] Gleichzeitig wird bei beiden Alternativen dem Arbeitnehmer die Nachweismöglichkeit eingeräumt, dass unter Berücksichtigung der vom BFH neu aufgestellten Kriterien eine andere betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers die regelmäßige Arbeitsstätte ist oder keine regelmäßige Arbeitsstätte vorliegt (sog. Escape-Klausel).

 
Wichtig

Ausschließlich zeitlich orientierte Vereinfachungsregelung von praktischer Relevanz

Allein die arbeitsrechtliche Zuordnung (Fallgruppe 1) zu einer Betriebsstätte kann keine regelmäßige Arbeitsstätte begründen, wenn der Arbeitnehmer dort nicht ein bestimmtes Mindestmaß seiner eigentlichen vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung verrichtet. Dies hat die Rechtsprechung nach der Bekanntgabe der Verwaltungsanweisung in einem weiteren Urteil ausdrücklich bestätigt.[3]

Die Vereinfachungsregelung beschränkt sich in ihrer praktischen Anwendung deshalb auf die zeitlichen Grenzen der Arbeitsleistung (Fallgruppe 2), die an einer betrieblichen Einrichtung erfüllt sein müssen, damit diese zum beruflichen Schwerpunkt i. S. d. regelmäßigen Arbeitsstätte des Arbeitnehmers werden kann.

Ein Arbeitnehmer kann den dauerhaften Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit nur an einem Ort begründen, an dem er einen Teil seiner vertraglichen Hauptleistung erbringt; nicht etwa durch Arbeiten, die als notwendige Begleiterscheinung Ausfluss dieser Hauptleistung sind. Der Betriebssitz des Arbeitgebers, den der Arbeitnehmer lediglich dazu aufsucht, den Werkstattwagen zu übernehmen, ist keine regelmäßige Arbeitsstätte.

Zusatzkriterium "arbeitsrechtliche bzw. dienstrechtliche Zuordnung"

Die arbeitsrechtliche Zuordnung kann nur ein zusätzliches Kriterium sein, wenn im Übrigen die zeitlichen Mindestgrenzen an dieser Arbeitgebereinrichtung erfüllt sind. Die arbeitsvertragliche Zuordnung beschränkt sich in ihrer Bedeutung im Wesentlichen auf diejenigen Fälle, in denen der Arbeitnehmer die quantitativ-qualitativen Voraussetzungen hinsichtlich mehrerer betrieblicher Einrichtungen des Arbeitgebers erfüllt.

 
Praxis-Beispiel

Bestimmung der regelmäßigen Arbeitsstätte durch zeitliche Abgrenzung

Ein Sparkassenbediensteter ist als Kundenberater an der städtischen Hauptfiliale A beschäftigt. Jeweils donnerstagnachmittags von 15.00-18.00 Uhr ist ihm der Kundenservice an der 10 km entfernten Zweigstelle in Z übertragen. Er fährt deshalb jeweils am Donnerstagmittag unmittelbar von der Hauptfiliale A zur Zweigstelle Z.

Ergebnis: Der Sparkassenbedienstete verrichtet den wesentlichen Teil der ihm übertragenen Arbeiten an der Hauptfiliale A, die zweifelsohne bereits nach bisherigem Rechtsverständnis regelmäßige Arbeitsstätte des Arbeitnehmers ist. Nach der Neuabgrenzung kann der Mittelpunkt einer beruflichen Tätigkeit nicht mehr dadurch begründet werden, dass der Arbeitnehmer den Betrieb oder Zweigbetrieb einmal pro Woche aufsucht[4], wenn die dort verrichteten Arbeiten nicht auch die hierfür verlangte Mindestgrenzen von einem ganzen Arbeitstag oder von 20 % der vereinbarten Arbeitsleistung erreichen. Durch die wöchentlichen Sprechtage hat der Sparkassenmitarbeiter an der Zweigstelle Z keine weitere regelmäßige Arbeitsstätte.

Die Fahrten zwischen Wohnung und Hauptfiliale A stellen somit Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte vor, die unter die Abzugsbeschränkungen der Entfernungspauschale fallen. Der Ansatz von Reisekosten ist nicht zulässig.[5] Die übrigen Fahrten zur Zweigstelle Z bzw. die Heimfahrten donnerstagabends von dort sind lohnsteuerliche Reisekosten.

Dienst- oder arbeitsrechtliche Zuordnung allein begrün...

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