Problematisch ist die Fortführung der freiberuflichen Tätigkeit in geringem Umfang, wenn die Praxisräume zum Betriebsvermögen des bisherigen Praxisinhabers gehören.

 
Praxis-Beispiel

Praxis wurde im eigenen Gebäudegrundstück ausgeübt

Der 65 Jahre alte Steuerberater A betreibt seine Praxis in einer ihm gehörenden Eigentumswohnung (Wert: 400.000 EUR). Im Dezember 2019 verkauft A aus Altersgründen die Praxis (Inventar und Praxiswert) an den Steuerberater B und erzielt dabei einen Veräußerungsgewinn von 200.000 EUR. Nicht mitveräußert wird die Eigentumswohnung, in der stille Reserven von 100.000 EUR enthalten sind.

A behält 5 Mandate zurück, die er weiterhin von einem Raum seines bisherigen Büros aus betreut, der eine Größe von 20 qm hat (= ca. 10 % der gesamten Büroräume). Die übrigen Büroräume werden an den Erwerber der Praxis vermietet. Die auf die zurückbehaltenen Mandate entfallenden Umsätze betrugen in den letzten 3 Jahren 5 % der durchschnittlichen Jahreseinnahmen.

Die tarifliche Begünstigung des Veräußerungsgewinns setzt voraus, dass sämtliche wesentlichen Betriebsgrundlagen in funktionaler und quantitativer Hinsicht an B übertragen oder in das Privatvermögen überführt werden. Das ist hier nicht der Fall, weil der von A weiterhin genutzte Büroraum notwendiges Betriebsvermögen bleibt.

Für die Zurückbehaltung von funktional wesentlichen Büroräumen gibt es keine Wesentlichkeitsgrenze.[1] Da der Wert des zurückbehaltenen Büroraums die in § 8 EStDV genannte Grenze übersteigt, kann er nicht in das Privatvermögen überführt werden. Der Veräußerungsgewinn von 200.000 EUR unterliegt als laufender Gewinn dem regulären Steuersatz.

 
Praxis-Tipp

Überführung der Wohnung in das Privatvermögen

Wenn A die Steuerberatertätigkeit nicht in den bisherigen Praxisräumen fortführt, sondern diese komplett an seinen Nachfolger vermietet, kann die Eigentumswohnung unter Aufdeckung der stillen Reserven in das Privatvermögen überführt werden. In diesem Fall läge eine steuerbegünstigte Praxisaufgabe vor.

Setzt ein Freiberufler nach steuerbegünstigter Praxisveräußerung seine Tätigkeit in dem für die Steuertarifermäßigung unschädlichen Umfang von weniger als 10 % fort, kann er prinzipiell für diese Resttätigkeit einen Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 EStG bilden.[2] Er kann auch die Einnahmenüberschussrechnung beibehalten, auch hinsichtlich der nicht mitveräußerten Honorarforderungen, die dann erst im Zeitpunkt des Zuflusses als nachträgliche Betriebseinnahmen i. S. d. § 24 Nr. 2 EStG zu erfassen sind.[3]

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge