Schenkung eines Geschäftsanteils unter Pflichtteilsanrechnung/-verzicht

 
  Musterformulierung

Ausgangssituation: Der Schenker überträgt einen Geschäftsanteil auf ein Kind, das weitere Kind wirkt an der Beurkundung mit und verzichtet auf Pflichtteilsergänzungsansprüche.

Formfragen der Schenkung: Schenkung und Abtretung bedürfen der Beurkundung (§ 15 Abs. 3 GmbHG). Sieht die Urkunde einen Pflichtteilsverzicht vor, kann sich der Schenker nicht vertreten lassen (s.o.), s. auch OLG Hamm v. 12.7.2023 – 11 U 148/22 (zit. nach juris), dort auch zur Haftung des Notars bei Missachtung der Formvorschrift.

Vermeidung des Begriffs der "vorweggenommenen Erbfolge": Die bislang übliche Formulierung, dass die Übertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erfolgt, ist mit Vorsicht zu genießen – insbesondere, wenn sie mit einer Pflichtteilsanrechnung kombiniert wird. In einer aktuellen Entscheidung des OLG Brandenburg (OLG Brandenburg v. 31.8.2022 – 3 W 55/22, ZEV 2023, 30 m. Anm. Litzenburger) wurde eine – konkludente – Enterbung des Beschenkten angenommen. Beachten Sie: Auch wenn eine solche Auslegung zweifelhaft ist, sollte bei der Verwendung obiger Formulierung ergänzend ausdrücklich festgehalten werden, dass keine Enterbung erfolgt.

Verhandelt zu ... am ...

Vor mir, Notar X mit Amtssitz in Y, erschienen heute, mir alle von Person bekannt:

1. Herr A, geboren am ..., wohnhaft in ... (Schenker)

2. Dessen Sohn, Herr B, geboren am ..., wohnhaft in ... (Beschenkter)

3. Dessen Tochter, Frau C, geboren am ..., wohnhaft in ...

Vorbemerkung:

Der Schenker ist Alleingesellschafter an der Z-GmbH mit Sitz in ... (HRB ...) mit einem voll eingezahlten Geschäftsanteil Nr. 1 von 50.000 EUR. Die Gesellschaft ist nicht an dritten Gesellschaften beteiligt. Grundbesitz zählt nicht zum Gesellschaftsvermögen.

Der Schenker ist nicht verheiratet, die Erschienenen zu 2 und zu 3 sind die einzigen Kinder des Schenkers.

Zustimmungserfordernisse: Sofern der Schenker nicht alleiniger Anteilsinhaber ist, sind Zustimmungsvorbehalte in der Satzung (Vinkulierungsklauseln, § 15 Abs. 5 GmbHG) zu beachten.

Ausgestaltung der Schenkung: Zu weiteren Inhalten der Schenkungsurkunde s. die Muster: Spiegelberger, Vermögensnachfolge, 3. Aufl. 2020 § 14 Rz. 63 (Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt) und Schwedhelm / Wollweber, Formularbuch Recht und Steuern, 10. Aufl. 2021, A 6 11 (Schenkung gegen Versorgungsleistungen).

I.

Schenkung

Der Schenker, Herr A, schenkt dem dies annehmenden Beschenkten, Herrn B, den vorbezeichneten Geschäftsanteil Nr. 1. Schenkung und Abtretung sind sofort wirksam.

(... weitere Regelungen, etwa Rückforderungsrechte, Nießbrauch am Anteil, Haftung für Sach- und Rechtsmängel)

Gestaltungen: Die erste Alternative sieht die Pflichtteilsanrechnung vor. Aufgrund obiger Rechtsprechung des OLG Brandenburg sieht die Formulierung vor, dass keine Enterbung beabsichtigt ist.

Bei der zweiten Formulierung wird ein umfassender Pflichtteilsverzicht erklärt. Um spätere Einwände zu vermeiden, dass der Verzichtende die Erklärung in Unkenntnis der Vermögenssituation des Schenkers abgegeben habe, sollte festgehalten werden, dass der Verzicht unabhängig von der Vermögenssituation erklärt wird. Angesichts neuerer Rechtsprechung, dass ein Verzicht auf den Pflichtteil sittenwidrig sein kann (s.o.), wird der Einwand entkräftet, der Verzichtende habe keine Kenntnis über die Vermögenssituation (ein solcher Einwand käme z.B. bei ganz erheblichem Restvermögen des Schenkers in Betracht, ggf. mit Begleitumständen wie der Unerfahrenheit des Beschenkten). Zur vorsorglichen Ausgestaltung des Beurkundungsverfahrens – insbesondere bezüglich der notariellen Belehrungen: Becker / Hendricks, RFamU 2022, 23 [28 ff.]).

II.

Erb- und Pflichtteilsrecht

1. Der Beschenkte hat sich den Wert der Zuwendung auf sein Pflichtteilsrecht am Nachlass des Beschenkten anrechnen zu lassen (§ 2315 BGB). Hiermit ist keine Enterbung verbunden.

ODER

Der Beschenkte verzichtet hiermit für sich und seine Abkömmlinge gegenüber dem dies annehmenden Schenker umfassend auf sein Pflichtteilsrecht am Nachlass des Schenkers. Der Verzicht ist unabhängig von der jetzigen und künftigen Vermögenssituation und unabhängig von der dann eintretenden Erbfolge wirksam.

2. Eine Ausgleichung nach den §§ 2050 ff. BGB erfolgt nicht.
Verzicht des Drittberechtigten: Der Verzicht kann entschädigungslos oder entgeltlich erklärt werden (zu den schenkungsteuerlichen Folgen eines Gleichstellungsgeldes, das der Beschenkte unmittelbar an den Dritten zahlt: BFH v. 10.5.2017 – II R 25/15 [zit. nach juris], hierzu Wachter, DB 2017, 2500; s. auch zu den zivilrechtlichen Gestaltungsfragen bei vereinbarten Leistungen zugunsten Dritter bei der Vermögensnachfolge: Nordhues, RNotZ 2023, 369 ff.). 3. Die Erschienene zu 3 verzichtet hiermit gegenüber den anderen Vertragsbeteiligten auf ihre sich aus der Übertragung ergebenden Pflichtteilsergänzungsansprüche (§§ 2325, 2329 BGB); jeder Verzichtsempfänger nimmt den Verzicht hiermit an. Der Verzicht erfolgt entschädigungslo...

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