Leitsatz
Verpflichtungen aus sog. harten Patronatserklärungen sind erst zu passivieren, wenn die Gefahr einer Inanspruchnahme ernsthaft droht. Eine Inanspruchnahme aus einer konzerninternen Patronatserklärung der Muttergesellschaft für ein Tochterunternehmen droht dann nicht, wenn das Schuldnerunternehmen zwar in der Krise ist, innerhalb des Konzerns ein Schwesterunternehmen aber die erforderliche Liquidität bereitstellt und aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit nicht damit zu rechnen ist, dass dieses Schwesterunternehmen Ansprüche gegen die Muttergesellschaft geltend machen wird.
Normenkette
§ 240 Abs. 1 und 2, § 242 Abs. 1, § 246 Abs. 1, § 249 Abs. 1 Satz 1, § 251, § 268 Abs. 7 HGB
Sachverhalt
Klägerin war eine geschäftsleitende Holding, die in den Streitjahren 1990 bis 1994 Beteiligungen an mehreren inländischen und ausländischen Gesellschaften, darunter eine 100 %ige Beteiligung an der X-GmbH (X) und der S-GmbH (S) hielt. Gesellschafter der Klägerin waren die Eheleute Z, die Anteile von 67,02 % und 32,98 % hielten.
Die X wurde im Jahr 1988 gegründet. In den Jahren 1988 bis 1994 erwirtschaftete sie Verluste von insgesamt 5,4 Mio. DM. Die Verluste führten bereits 1990 zu einer Überschuldung der X.
Z, der zu diesem Zeitpunkt Alleingeschäftsführer sowohl der Klägerin als auch der S war, wies daraufhin im Juli 1990 die S an, die Liquidität der X über eigene Darlehenszahlungen aufrechtzuerhalten. Die Finanzierung erfolgte über die S, weil diese als Eigentümerin des Grundbesitzes der Unternehmensgruppe die entsprechenden Sicherheiten für die Refinanzierung stellen konnte. Die S gewährte der X ab Juli 1990 Darlehen, die bis zum Jahresende eine Höhe von 500.000 DM erreichten. Im Oktober 1990 gab die Klägerin der X ebenfalls einen Kredit i.H.v. 350.000 DM. Die Darlehensforderung wurde im Jahresabschluss 1990 auf 1 DM wertberichtigt.
Ende 1991 gab die Klägerin gegenüber der X folgende Patronatserklärung ab:
"Wir verpflichten uns, unsere Tochtergesellschaft ,X`, ..., finanziell stets so ausgestattet zu halten, dass diese ihren Verpflichtungen gegenüber Dritten in vollem Umfang pünktlich nachkommen kann. Wir verpflichten uns weiterhin, unsere Darlehensforderung gegen ,X`, ..., solange und in dem Umfang nicht geltend zu machen, als die Gesellschaft überschuldet ist."
Die X finanzierte sich zunächst teilweise durch Kredite der S, teilweise durch unmittelbare Inanspruchnahme von Bankkrediten.
So wies die Bilanz zum 31.12.1990 Bankkredite i.H.v. 917.000 DM und Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen i.H.v. über 2,3 Mio. DM aus. 1991 stiegen die Beträge auf ca. 1,165 Mio. DM Bankkredite und ca. 3,36 Mio. DM gruppeninterne Kredite. Im Juli 1993 wurde die Finanzierung der Unternehmensgruppe umstrukturiert.
Die S schloss als Finanzierungsstelle der Unternehmensgruppe mit mehreren Banken einen Poolvertrag, mit dem die Banken der S zur Finanzierung der gesamten Unternehmensgruppe eine Kreditlinie von über 13 Mio. DM einräumten.
Die S leitete die Kredite entsprechend den wirtschaftlichen Erfordernissen an die Schwestergesellschaften weiter.
Die X bilanzierte die Verbindlichkeiten aus der Inanspruchnahme der Kreditlinie als Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen. Auf der Passivseite der Bilanzen findet sich der Zusatz: "Gewährleistungsanspruch, Patronatserklärung der Gesellschafter" mit Betragsangabe.
Die Klägerin bildete für die drohende Inanspruchnahme aus der Patronatserklärung zu den jeweiligen Bilanzstichtagen Rückstellungen i.H.v. 1,595 Mio. DM in 1990, die bis 1994 auf über 5 Mio. DM anwuchsen.
Das FA wollte die Verpflichtungen aus der Patronatserklärung nicht ausweisen, da eine Inanspruchnahme der Klägerin nicht gedroht habe.
Die anschließende Klage blieb erfolglos (EFG 2005, 477).
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. Es bedürfe auf der Basis der in den Praxis-Hinweisen dargestellten Grundsätze weiterer Aufklärung zur Frage der drohenden Inanspruchnahme zu den jeweiligen Bilanzstichtagen.
Hinweis
Das Urteil gehört zum Themenbereich der Gesellschafterfinanzierung. Es bewegt sich an der Schnittstelle zwischen Gesellschafts- und hierbei insbesondere Kapitalerhaltungsrecht einerseits und Bilanzsteuerrecht andererseits. Konkret geht es um sog. Patronatserklärungen.
1. Solche Patronatserklärungen sind gemeinhin in ihren Ausprägungen als "weich" oder als "hart" ggeläufig. Im Gegensatz zu "weichen" Patronatserklärungen verpflichtet sich der Patron bei einer "harten" Patronatserklärung, für die Verbindlichkeiten des Schuldnerunternehmens rechtlich verbindlich einzustehen. Dies geschieht dadurch, dass sich der Patron entweder gegenüber einem oder mehreren Gläubigern des Schuldnerunternehmens oder gegenüber dem Schuldnerunternehmen selbst verpflichtet, dieses stets finanziell oder kapitalmäßig so auszustatten, dass es jederzeit in der Lage ist, seine Verpflichtungen zu erfüllen.
Wird die Erklärung gegenüber dem Schuldnerunternehmen abgegeben, steht diesem im Fall d...