Leitsatz (amtlich)

Eine vom Schuldner abgetretene Forderung, die er in Prozessstandschaft einklagt, ist jedenfalls dann massenbefangen, wenn Aussicht besteht, dass der Insolvenzverwalter nach Anfechtung Rückgewähr der Forderung zu Masse verlangen kann.

 

Verfahrensgang

LG Neubrandenburg (Beschluss vom 12.09.2003; Aktenzeichen 3 O 390/01)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des LG Neubrandenburg vom 12.9.2003 - Az.: 3 O 390/01 teilweise abgeändert und festgestellt, dass die Klägerin als Insolvenzverwalterin über das Vermögen der S. Isoliertechnik GmbH mit Schriftsatz vom 26.2.2003 den unterbrochenen Rechtsstreit wirksam aufgenommen hat.

Die Kosten der Beschwerde trägt die Beklagte.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gegenstandswert der Beschwerde: bis 13.000 Euro.

 

Gründe

I. Die Insolvenzschuldnerin S. Isoliertechnik GmbH machte gegen die Beklagte nach teilweiser Klagerücknahme sowie teilweiser Erledigungserklärung Werklohn für Isolier- und Verblechungsmaßnahmen an dem Bauvorhaben JVA N. i.H.v. 22.005,07 Euro und 448,38 Euro geltend.

Am 17.6.2002 trat die Schuldnerin, vertreten durch ihren Geschäftsführer Dipl.-Ing. U.W., die gerichtlich geltend gemachte Forderung an die Firma ISO W., W.-Isolierung, Inhaber D.W., ab.

Nachdem die Beklagte einer Parteiauswechselung gem. § 265 ZPO nicht zugestimmt hatte, stellte die Schuldnerin ihren Antrag auf Zahlung an die Firma ISO W. um.

Das AG Neubrandenburg eröffnete am 21.1.2003 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte Rechtsanwältin S. F. zur Insolvenzverwalterin (Az.: IN 663/02).

Mit Schriftsatz vom 26.2.2003 erklärte sie, das Verfahren aufzunehmen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem LG Neubrandenburg vom 23.7.2003 trug der damalige Prozessbevollmächtigte der Insolvenzverwalterin Rechtsanwalt C. vor, seines Erachtens habe die Schuldnerin die streitgegenständlichen Forderung nicht sicherungshalber abgetreten, denn es habe damals schon festgestanden, dass die Schuldnerin nicht in der Lage sei, diese Forderung zu begleichen.

Mi Schriftsatz vom 29.8.2003 führte der Prozessbevollmächtigte der Insolvenzverwalterin weiter aus, dass die Vertragsparteien die Übertragung der Forderung von der Schuldnerin auf die Firma ISO W. beabsichtigt hätten und die Forderung mit der Abtretung nicht mehr zur Vermögensmasse der Schuldnerin, sondern zum Vermögen der Firma ISO W. gehöre. Daher sei der Rechtsstreit nicht gem. § 240 ZPO unterbrochen, so dass die Schuldnerin selbst, vertreten durch ihren Geschäftsführer, das Verfahren fortführen werde.

Mit Beschluss vom 12.9.2003 stellte das LG Neubrandenburg fest, dass der Rechtsstreit wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin seit dem 21.1.2003 unterbrochen sei und die Insolvenzverwalterin ihn nicht wirksam aufgenommen habe.

Gegen den ihr am 23.9.2003 zugestellten Beschluss legte die Insolvenzverwalterin mit am 7.10.2003 beim LG Neubrandenburg eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde ein. Sie trägt vor, für die Feststellung der Unterbrechung des Rechtsstreites sei es unerheblich, ob die streitgegenständliche Forderung wirksam abgetreten sei oder nicht. Sofern dies nicht der Fall sei, gehöre die Klageforderung ohnehin in die Insolvenzmasse. Eine Sicherungsabtretung sei insolvenzrechtlich als Belastung des Sicherungsgegenstandes zu verstehen. Auch im Falle der Abtretung betreffe der Rechtsstreit daher unmittelbar die Insolvenzmasse.

Mit Beschluss vom 28.11.2003 half das LG Neubrandenburg der Beschwerde nicht ab. Zur Begründung führte es aus, dass zwar das Insolvenzverfahren betroffen und deshalb das Prozessverfahren unterbrochen sei. Eine wirksame Aufnahme des Verfahrens durch den Insolvenzverwalter liege jedoch nicht vor, weil es nicht um Vermögen gehe, das zur Insolvenzmasse gehöre, nachdem die Schuldnerin die Forderung vorher abgetreten habe. Der frühere Klägervertreter habe erklärt, dass es sich nicht um eine Sicherungsabtretung handele. Die Insolvenzverwalterin habe eine Sicherungsabtretung nicht substantiiert dargelegt und nachgewiesen.

Die Beklagte beantragt, die Beschwerde der Insolvenzverwalterin zurückzuweisen. Sie führt aus, es sei nicht dargetan, dass die Insolvenzverwalterin die Einziehung der abgetretenen Forderung beabsichtige. Nach ihrer, der Beklagten, Kenntnis sei bislang in dieser Hinsicht nichts geschehen.

II. Die gem. §§ 252, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Insolvenzverwalterin ist begründet.

Sie hat mit Schriftsatz vom 26.2.2003 wirksam gem. §§ 240 S. 1, 250 ZPO i.V.m. § 85 Abs. 1 S. 1 InsO den unterbrochenen Rechtsstreit aufgenommen.

1. Das LG Neubrandenburg hat im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass das Verfahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin am 21.1.2003 gem. § 240 S. 1 ZPO unterbrochen ist. Allerdings ist nicht nachzuvollziehen, warum es eine Unterbrechung annimmt, obwohl es die zedierte Forderung nicht als massebefangen betrachtet, denn die Unterbrechung setzt vo...

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