Verfahrensgang

AG Delmenhorst (Beschluss vom 27.03.2012; Aktenzeichen 22 F 125/11 UK)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 12.02.2014; Aktenzeichen XII ZB 607/12)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der am 27.3.2012 erlassenen Beschluss des AG - Familiengericht - Delmenhorst geändert:

1. Der Antrag wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Wert des Beschwerdeverfahrens: bis 10.000 EUR

 

Gründe

I. Die Antragstellerin macht Ansprüche auf Unterhalt aus übergegangenem Recht geltend.

Der 1953 geborene Antragsgegner wuchs als einziges leibliches Kind mit seinen miteinander verheirateten Eltern auf. Im Jahre 1966 gebar seine Mutter Zwillinge, die von einem anderen Mann - dem jetzigen Ehemann der Mutter des Antragsgegners - abstammen. Im Jahre 1971 trennten sich die Eltern, deren Ehe noch im selben Jahr geschieden wurde. Der Antragsgegner verblieb im Haushalt seiner Mutter und hatte anfangs noch einen losen Kontakt zu seinem Vater. Nach Erreichen des Abiturs im Jahre 1972 brach der Kontakt zum Vater ab. Nach Absolvierung des Wehrdienstes und Abschluss seiner Berufsausbildung ist der Antragsgegner seit 1976 im öffentlichen Dienst tätig. Er bewohnt mit seiner Ehefrau ein Eigenheim in D. Beide sind Beamte und bezogen in den Jahren 2010/2011 Bruttoeinkommen von rund 3.900 EUR bzw. 2.000 EUR.

Der 1923 geborene Vater des Antragsgegners betrieb bis zum Erreichen des 65. Lebensjahrs ein Friseurgeschäft und bestritt seinen Lebensunterhalt in der Folgezeit aus den Erträgen einer Lebensversicherung sowie einer geringen Altersrente. Im Jahre 1998 errichtete er ein notarielles Testament, in welchem er seine Bekannte Frau Y, zu der er bis zu seinem Tod eine vertrauensvolle Beziehung hatte, zur testamentarischen Erbin einsetzte. Zudem bestimmte er, dass der Antragsgegner nur den "strengsten Pflichtteil" erhalten solle. Erläuternd führt er in dem Testament aus, dass zu seinem Sohn seit ca. siebenundzwanzig Jahren kein Kontakt mehr bestehe. Im April 2008 verzog der Vater aus gesundheitlichen Gründen in eine Heimeinrichtung Bremen. Er bezog bis zu seinem Tode am 11.2.2012 neben der Altersrente laufende Leistungen aus der Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII i.H.v. rund 290 EUR sowie Pflegegeld aus der Pflegeversicherung zunächst nach der Pflegestufe I von monatlich 1.023 EUR und ab dem 1.8.2010 i.H.v. monatlich 1.279 EUR nach der Pflegestufe II.

Mit Schreiben vom 27.1.2009 zeigte die Antragstellerin dem Antragsgegner an, dass sie für seinen Vater seit dem 10.3.2008 Leistungen i.H.v. monatlich 964,76 EUR für Heimpflegekosten an die Altenheimeinrichtung erbringe und forderte den Antragsgegner zur Auskunft über seine Einkommensverhältnisse auf.

Die Antragstellerin hat geltend gemacht, sie habe in der Zeit vom 1.2.2009 bis zum 31.5.2011 insgesamt 27.085,25 EUR an Leistungen nach dem SGB XII erbracht und laufend bis Februar 2012 weitere Hilfen gezahlt. Nach den Einkommensverhältnissen des Antragsgegners und seiner Ehefrau seien insgesamt 9.022,75 EUR an Unterhaltsansprüchen auf sie übergegangen. Für eine Verwirkung sei nichts zu erkennen, da allenfalls eine Störung in den Familienverhältnissen vorgelegen habe. Der Übergang der Forderung bedeute für den Antragsgegner auch keine unbillige Härte i.S.d. § 94 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII.

Der Antragsgegner ist dem Begehren entgegengetreten, weil ein etwaiger Unterhaltsanspruch seines Vaters gegen ihn nach § 1611 BGB verwirkt sei. Jedenfalls scheitere der Übergang eines etwaigen Unterhaltsanspruchs auf die Antragstellerin daran, dass seine Inanspruchnahme für ihn eine unbillige Härte i.S.v. § 94 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII sei. Dazu hat er behauptet, sein Vater habe ihn am 1.5.1971 in stark alkoholisiertem Zustand im Rahmen eines Ehestreits in die Glasscheibe eines Schranks gestoßen. Überdies habe er seine Mutter ständig beleidigt. Seiner mit der Trennung von der Familie entstandenen Unterhaltspflicht sei er ebenfalls nicht nachgekommen, nachdem er schon zuvor nur unzureichend zum Familienunterhalt beigetragen habe. Nachdem er die Familie verlassen habe, habe sein Vater sich nicht mehr um ihn gekümmert. So habe er insbesondere weder auf die Nachricht vom bestandenen Abitur reagiert noch seine Ehefrau kennenlernen wollen. Selbst anlässlich der Beerdigung des Großvaters im Jahre 1976 habe er nicht mit ihm gesprochen.

Das AG hat dem Antrag der Antragstellerin entsprochen und den Antragsgegner verpflichtet, an diese rückständigen Unterhalt i.H.v. 9.022,75 EUR zzgl. 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz auf einen Betrag von 6.604,90 EUR ab dem 3.6.2011 und auf einen Betrag von 2.417,85 EUR ab dem 25.2.2012 zu zahlen. Der geltend gemachte übergangene Unterhaltsanspruch sei weder verwirkt noch liege in der Inanspruchnahme des Antragsgegners eine unbillige Härte.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit seiner fristgerecht eingelegten und rechtzeitig begründeten Beschwerde.

Unter Wiederholung und Ve...

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