Leitsatz (amtlich)

Im Regressprozess gegen den Rechtsanwalt ist auch dann darauf abzustellen, wie das erkennende Gericht des Ausgangsprozesses bei pflichtgemäßem Handeln des Anwalts richtigerweise zu entscheiden gehabt hätte, wenn feststeht, dass es anders entschieden hätte.

 

Normenkette

BGB § 280

 

Verfahrensgang

LG Heidelberg (Urteil vom 15.01.2008; Aktenzeichen 7 O 311/06)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Heidelberg vom 15.1.2008 - 7 O 311/06 - wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsrechtszugs.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert wird festgesetzt auf 16.784,87 EUR.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen anwaltlicher Falschberatung auf Schadensersatz in Anspruch.

Am 6.12.1994 zeichnete die Klägerin, die von einem Anlagevermittler geworben wurde, in ihrer Wohnung eine Beteiligung über 40.000 DM an dem T. Immobilienfonds 4 KG (künftig: Immobilienfonds). Bei einem weiteren Besuch des Vermittlers am 29.12.1994 unterzeichnete sie zur Finanzierung einen Darlehensvertrag mit der B. Bausparkasse (künftig: Bausparkasse) über 42.000 DM (Anl. K 3). Der Darlehensvertrag enthielt keine Widerrufsbelehrung.

Am 14.12.2000 kündigte die Bausparkasse das Darlehen wegen Zahlungsrückständen. Die Klägerin widerrief ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Erklärung mit Schreiben vom 5.9.2001.

Mit ihrer Klage vom 6.6.2001 nahm die Bausparkasse die Klägerin vor dem LG F. auf Rückzahlung der offenen Darlehensvaluta über 36.230,72 DM (= 18.524,47 EUR) in Anspruch. Die Klägerin, die den Beklagten mit ihrer Vertretung beauftragte, verteidigte sich gegen die Klage mit dem Einwand, sie habe einen wirksamen Widerruf nach dem Haustürwiderrufsgesetz (HWiG) erklärt. Außerdem erhob sie Widerklage auf Erstattung der aufgrund des Darlehensvertrags erbrachten Leistungen. Das LG F. gab der Klage statt und wies die Widerklage ab. Zur Begründung führte es aus, dass aufgrund des Zeitraums von mehr als drei Wochen zwischen dem Besuch des Vermittlers am 6.12.1994 und der Unterzeichnung des Darlehensvertrags am 29.12.1994 nicht mehr von einer fortdauernden Überraschungswirkung des ersten Besuchs ausgegangen werden könne.

Die Klägerin beauftragte den Beklagten, gegen dieses Urteil umfassend Berufung einzulegen. Mit der darauf hin vom Beklagten für die Klägerin eingelegten Berufung wurde allerdings nur die Verurteilung der Klägerin angegriffen, nicht hingegen die Abweisung ihrer Widerklage. Das OLG F. gab der Berufung mit der Erwägung statt, dass es für die Frage der Kausalität der Haustürsituation für den Abschluss des Darlehensvertrags nicht darauf ankomme, wie groß der zeitliche Abstand zwischen den Gesprächen gewesen sei. Aus der Aussage des dort vernommenen Vermittlers als Zeugen folge jedenfalls, dass die Aufteilung der Kundenwerbung auf mehrere Gespräche Teil seiner Verkaufsstrategie gewesen und deshalb von der Ursächlichkeit der Haustürsituation auszugehen sei.

Mit ihrer Klage im vorliegenden Verfahren hat die Klägerin vom Beklagten den Ersatz der für den Darlehensvertrag aufgewandten Kosten, insbesondere der Darlehenszinsen verlangt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, ihr sei durch die pflichtwidrig unterlassene Berufungseinlegung auch gegen die Abweisung ihrer Widerklage ein Schaden entstanden, weil das OLG F. die Bausparkasse bei pflichtgemäßem Handeln des Beklagten auf ihre Widerklage zur Rückzahlung dieser von der Klägerin erbrachten Leistungen verurteilt hätte. Der Beklagte habe ggü. dem anwaltlichen Vertreter der Klägerin auch den Schaden anerkannt, indem er - vorbehaltlich einer Rücksprache mit Kollegen, mit denen er den Schaden teilen wollte - das Angebot unterbreitet habe, 10.000 EUR zu zahlen, wenn die Klägerin auf weitere Ansprüche verzichtet.

Der Beklagte hat sich gegen die Klage mit der Begründung verteidigt, bei zutreffender Beurteilung hätte das OLG F. die Widerklage der Klägerin abweisen müssen. Dieses sei unzutreffend von einer für den Vertragsschluss ursächlichen Haustürsituation ausgegangen. Da zwischen der Haustürsituation und dem Abschluss des Kreditvertrags mehr als drei Wochen lagen, sei die Haustürsituation nicht mehr kausal für den Vertragsabschluss gewesen.

Das LG hat die Klage abgewiesen, weil es an der Kausalität zwischen der Pflichtverletzung des Beklagten und dem von der Klägerin geltend gemachten Schaden fehle. Denn es habe zu prüfen, wie das ursprünglich erkennende Gericht richtigerweise hätte entscheiden müssen, nicht dagegen, welche Entscheidung es tatsächlich getroffen hätte. Angesichts einer Zeitspanne von mehr als drei Wochen zwischen Haustürsituation und Vertragsschluss und mangels anderer Indizien könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin den Darlehensvertrag noch unter dem Eindruck der Haustürsituation geschlossen habe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie ist der Auffassung, es liege eine besondere Konstellation vor, bei der nic...

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