Leitsatz (amtlich)

1. Tiere sind Einziehungsobjekte nach § 74 StGB, da sie auch nach Einführung des § 90 a BGB dem strafrechtlichen Sachbegriff unterfallen.

2. Eine Einziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB setzt Feststellungen im Urteil voraus, wonach konkrete Anhaltspunkte eine rechtswidrige Verwendung der bei der Tatbegehung eingesetzten Gegenstände ( hier: zwei Pitbullterrier als Nötigungsmittel ) nahe legen. Allein der Umstand, dass der Angeklagte früher eine Nötigung unter Verwendung eines Hundes begangen hat, genügt hierfür nicht.

3. Die Einziehung darf bei verständiger Würdigung nicht außer Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Tat und zu dem den Angeklagten treffenden Schuldvorwurf stehen.

 

Verfahrensgang

LG Konstanz (Aktenzeichen 55 Ns 44/00)

AG Singen (Aktenzeichen 42 Js 2160/99)

 

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 23. November 2000 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Ausspruch über die Einziehung entfällt.

Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger in der Revisionsinstanz entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Singen verurteilte den Angeklagten am 26. 06. 2000 wegen tateinheitlich begangener gefährlicher Körperverletzung, versuchter Nötigung und vorsätzlicher Körperverletzung zu der Freiheitsstrafe von 12 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zugleich wurden die bei der Tat eingesetzten Pitbullterrier eingezogen. Die hiergegen eingelegte Berufung des Angeklagten wurde durch Urteil des Landgerichts Konstanz vom 23. 11. 2000 mit der Maßgabe verworfen, dass der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung, versuchter Nötigung und vorsätzlicher Körperverletzung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Monaten unter Zubilligung von Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt und die Einziehung der beiden Pitbullterrier aufrechterhalten wurde. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.

II.

Die Revision erweist sich als unbegründet i. S. v. § 349 Abs. 2 StPO, soweit sie sich gegen den Schuldspruch und den Ausspruch über die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe richtet. Da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat, war das gegen den Schuldspruch und den Strafausspruch gerichtete Rechtsmittel auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft, die dem Verteidiger Gelegenheit zur Gegenäußerung gegeben hat, einstimmig als unbegründet zu verwerfen (§ 349 Abs. 2 und 3 StPO).

Zu bemerken ist lediglich Folgendes: Soweit in den Urteilsgründen die Höhe der Gesamtstrafe -abweichend vom Urteilstenor- mit zehn Monaten Freiheitsstrafe angegeben wurde, handelt es sich um ein der Berichtigung zugängliches offensichtliches Schreibversehen, da schon die Einzelstrafe für die dritte Tat zehn Monate Freiheitsstrafe beträgt.

III.

Das Rechtsmittel des Angeklagten führt aber zur Aufhebung der Einziehungsanordnung.

1. Zwar steht der Einziehung der Pitbullterrier nicht entgegen, dass nach bürgerlichem Recht Tiere keine Sachen sind (§ 90 a BGB), als Einziehungsobjekte nach § 74 StGB aber Gegenstände, also Sachen und Rechte in Betracht kommen. Tiere unterliegen nämlich auch nach Einführung der Vorschrift des § 90 a BGB weiterhin dem strafrechtlichen Sachbegriff, wie sich z. B. aus dem Wortlaut der durch das 31. Strafrechtsänderungsgesetz -2. Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität- vom 27. 06. 1994 (BGBl. I, S. 1440) novellierten Vorschriften der §§ 324 a Abs. 1 Nr. 1, 325 Abs. 1 Satz 1 StGB ("Tiere, Pflanzen oder andere Sachen") klar ergibt (vgl. auch: Küper JZ 1993, 435 ff; BayObLG NJW 1992, 2306).

2. Jedoch ist die vom Landgericht gem. § 74 Abs. 1 StGB getroffene Anordnung in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft.

a) Das Landgericht führt im Urteil aus: "Die beiden Hunde gehören dem Angeklagten. " Es liegt nahe, dass Grundlage der Einziehungsentscheidung § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB sein sollte, wonach Einziehung zulässig ist, wenn die Gegenstände zur Zeit der Einziehung dem Täter gehören oder zustehen. Im Urteil ist nicht mitgeteilt, worauf die Strafkammer ihre wertende Feststellung zu den Eigentumsverhältnissen hinsichtlich der Hunde gründet. Allein aus dem Umstand, dass der Angeklagte zur Tatzeit die tatsächliche Sachherrschaft über die Tiere ausübte, kann nicht die Folgerung gezogen werden, er sei deren Alleineigentümer. Für die Eigentümerstellung wäre auch nicht ausreichend, dass die Einziehungsobjekte einer vom Angeklagten beherrschten juristischen Person gehören (BGHR § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB, Eigentümer 3).

b) Die getroffenen Feststellungen genügen aber auch nicht, um Grundlage einer Einziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB zu bilden. Dem Urteil ist nicht zu entnehmen, dass gerade die bei der Tat verwendeten Hunde nach ihrer Art oder den Umständen eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen. Die im Urteil aufgeführte generelle Gefährlichkeit vo...

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