Entscheidungsstichwort (Thema)

Herausgabe Handakte von Wirtschaftsprüfungsgesellschaft an Insolvenzverwalter

 

Normenkette

BGB §§ 666-667; WiPrO § 51b

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 03.12.2021; Aktenzeichen 2-02 O 231/20)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 3. Dezember 2021 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten im Rahmen einer Stufenklage über Herausgabe- und Einsichtsrechte bzgl. einer Handakte.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen A AG (Insolvenzschuldnerin). Die Beklagte ist eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die für die Insolvenzschuldnerin vor Eintritt der Insolvenz ein Sanierungskonzept erstellt hat.

Der Kläger hat behauptet, bei der Insolvenzschuldnerin nur rudimentäre Unterlagen zu dem an die Beklagte erteilten Auftrag vorgefunden zu haben.

Die Beklagte hat behauptet, dass die Insolvenzschuldnerin ihr die zur Erstellung des Sanierungskonzepts erforderlichen Informationen ausnahmslos elektronisch oder als Kopie übermittelt und es keinerlei Kommunikation mit Dritten gegeben habe, die nicht bereits an die Insolvenzschuldnerin weitergeleitet worden sei.

Das Landgericht, auf dessen Entscheidung hinsichtlich der im ersten Rechtszug gestellten Anträge und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts verwiesen wird, hat der Klage auf der ersten Stufe überwiegend stattgegeben und die Beklagte zur Erteilung einer näher umschriebenen geordneten schriftlichen Auskunft über den Inhalt ihrer Handakte, sowie zur Duldung einer Einsichtnahme in diese verurteilt.

Der Kläger hat die von ihm erstrittenen Rechte im Wege der vorläufigen Zwangsvollstreckung durchgesetzt.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihr ursprüngliches Rechtsschutzziel weiter. Sie meint, dass dem Kläger keinerlei Herausgabeanspruch und infolgedessen auch kein diesen vorbereitender Auskunftsanspruch zustehe. Sie wiederholt dazu ihre Behauptung, sämtlichen drittgerichteten Schriftverkehr an die Insolvenzschuldnerin weitergeleitet und von dieser keinerlei Originale erhalten zu haben. Im Übrigen bestehe ihre Handakte nur aus elektronischer Korrespondenz mit der Insolvenzschuldnerin samt Anhängen und internen Arbeitspapieren.

Auch ein Einsichtnahmerecht habe der Kläger nicht, da das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis eine Geschäftsbesorgung mit Werkvertragscharakter sei, bei der sich der Umfang der Rechenschaftspflicht der Auftragnehmerin auf die nachvollziehbare Herleitung des Ergebnisses des Gutachtens beschränke. Entsprechend seien im Vertrag die Grundsätze des IDW S6 vereinbart und § 666 BGB dadurch abbedungen worden. Zudem schließe der fehlende Herausgabeanspruch auch jenen auf Einsichtnahme aus. Darüber hinaus hält die Beklagte das Verlangen des Klägers aus mehreren Gründen für missbräuchlich und treuwidrig. So wolle dieser in Wahrheit entgegen dem Zweck von § 666 BGB nicht das Handeln der Beklagten kontrollieren, sondern sich Informationen über das Verhalten der Insolvenzschuldnerin verschaffen. Mängel in der Geschäftsorganisation der Insolvenzschuldnerin reichten für die Begründung eines Einsichtsrechts nicht aus. Ein solches sei allenfalls im Falle einer Beschlagnahme oder Vernichtung der Betriebsunterlagen anzunehmen. Eine Gewährung von Einsicht sei der Beklagten auch nicht zumutbar, da diese mit großem Aufwand verbunden sei, weil zuvor sämtliche Unterlagen bzw. elektronischen Verzeichnisse daraufhin durchgesehen werden müssten, ob es sich um interne Arbeitspapiere handele oder ob Geheimhaltungspflichten einer Offenlegung entgegenstehen. Ergänzend beruft die Beklagte sich erneut auf eine angebliche Verjährung und vertritt dazu die Auffassung, dass der zugesprochene Einsichtnahmeantrag wegen einer Änderung der Antragsfassung im Laufe des ersten Rechtszugs erst im Jahre 2021 rechtshängig gemacht worden sei.

Die Beklagte beantragt,

das am 3.12.2021 verkündete Teilurteil des Landgerichts Frankfurt am Main zu dem Aktenzeichen 2-02 O 231/20 abzuändern und die Klage insgesamt kostenpflichtig abzuweisen.

hilfsweise, ihr gem. § 712 ZPO Vollstreckungsschutz zu gewähren.

Der Kläger beantragt,

die Berufung und den Vollstreckungsschutzantrag zurückzuweisen.

Er verteidigt an das angefochtene Urteil.

II. Die Berufung ist zwar zulässig, in der Sache aber unbegründet.

Das angefochtene Urteil enthält keinerlei Rechtsfehler zum Nachteil der Beklagten und auch die Tatsachenfeststellungen sind nicht zu beanstanden. Die Berufung zeigt keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte auf, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten können (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

1. Die Angriffe der Berufung gegen den zugesprochenen Auskunftsanspruch beruhen offenbar auf einem Fehlverstän...

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