Leitsatz (amtlich)

Schadenersatz wegen Schlechterfüllung eines Steuerberatervertrags (hier: fehlender Hinweis auf besondere Dringlichkeit der Einreichung eines berichtigten Jahresabschlusses und geänderter Steuererklärung).

 

Normenkette

AO §§ 153, 371; BGB § 280; HGB § 124; PartGG § 7

 

Verfahrensgang

LG Gießen (Entscheidung vom 14.07.2016; Aktenzeichen 5 O 413/15)

 

Tenor

Das Urteil des Landgerichts Gießen vom 14. Juli 2016 wird unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Klägers teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 5.749,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.09.2015 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.01.2016 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 87 % und die Beklagten 13 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger wendet sich mit der Berufung gegen die Abweisung seiner Klage, die auf Zahlung von Schadensersatz wegen der Schlechterfüllung eines Steuerberatungsvertrags gerichtet war.

Der Kläger ist hauptberuflich als Versicherungsvertreter für die Firma1-Versicherungsgesellschaft tätig. Nebenberuflich betrieb er einen Online-Handel mit Textilien. Die Ehefrau des Klägers war Inhaberin eines Firma2s, welches im Jahr 2010 vom Kläger übernommen wurde.

Nach Vermittlung durch die Steuerbevollmächtigte A beauftragten der Kläger und dessen Ehefrau die Beklagte zu 1) ab dem 01.02.2011 mit ihrer steuerlichen Vertretung. Im Zuge dessen erstellte die Steuerbevollmächtigte A ein auf den 26.01.2011 datierendes Anschreiben, welches den Umfang der vom Kläger und dessen Ehefrau gewünschten Tätigkeiten umriss. Gegenstand des Mandats war die vollständige steuerliche Beratung und Vertretung des Klägers und dessen Ehefrau, u. a. die Finanzbuchhaltung für die verschiedenen Betriebe der Eheleute ab dem 01.01.2009 und die Jahresabschlüsse sowie die Steuererklärungen ab 2009, soweit diese noch nicht erstellt worden waren. Insbesondere gehörte die Erstellung des Jahresabschlusses für die Tätigkeit des Klägers als Versicherungsvertreter aus 2009 und die Fertigung der Einkommensteuererklärung 2009 zu dem der Beklagten zu 1) erteilten Auftrag. Wegen der Einzelheiten wir auf die Ablichtung des Schreibens vom 26.01.2011 (Anlage K 1 - Anlagenheft) Bezug genommen wird. Erster Ansprechpartner für den Kläger bei der Beklagten zu 1) war der Beklagte zu 2), der neben dem Beklagten zu 3) Partner der als Partnerschaftsgesellschaft organisierten Beklagten zu 1) ist.

Die Beklagte zu 1) erstellte durch ihre Mitarbeiterin B die Buchhaltung für 2009 und durch ihren Mitarbeiter C den Jahresabschluss 2009. Bei der Erstellung und Überprüfung der Buchhaltung für 2010 bemerkten Frau B und Herr C, dass in einigen Monaten höhere bzw. andere Zahlungsweisen von Provisionen der Versicherungsgesellschaft zu verzeichnen waren. Aus diesem Grund setzte sich das Büro der Beklagten zu 1) telefonisch mit der Firma1-Versicherungsgesellschaft in Verbindung und bat diese um Übersendung der Jahresbescheinigungen u.a. des Jahres 2009. Daraufhin erhielt die Beklagte zu 1) am 24.08.2011 die Ersatzbescheinigung vom 19.03.2010 (Anlage K 3 - Anlagenheft), aus der hervorging, dass die Provisionseinnahmen des Klägers für 2009 mit 271.901,84 EUR höher waren als in dem beim Finanzamt eingereichten Jahresabschluss 2009 angegeben. Die im Jahresabschluss 2009 nicht ausgewiesenen Beträge waren auf dem Privatkonto des Klägers eingegangen. Die Beklagte zu 1) änderte deshalb den Jahresabschluss. Die geänderte Fassung wurde vom Kläger am 30.01.2011 im Zuge eines in den Räumen der Beklagten zu 1) geführten Gesprächs unterzeichnet und sodann beim Finanzamt eingereicht.

Die Beklagte zu 1) stellte ihre bei der Erstellung der Finanzbuchhaltung 2009 und 2010, der Jahresabschlüsse 2009 - jeweils für Versicherungsagentur, Online-Handel und Firma2 - sowie der Steuererklärungen 2009 erbrachten Leistungen in Rechnung. Die Rechnungsbeträge wurden vom Kläger und dessen Ehefrau bezahlt.

Bereits am 25.01.2012 hatte das für den Kläger zuständige Finanzamt Stadt2 eine Prüfungsanordnung für die Jahre 2007 bis 2009 bezogen auf die Versicherungsagentur des Klägers erlassen. Die Betriebsprüfung führte zunächst zu einem (vorläufigen) Betriebsprüfungsbericht vom 06.07.2012 (Anlage K 5 - Bl. 106 ff. d. A.). Aufgrund einer Besprechung vom 11.12.2013 erging ein geänderter Betriebsprüfungsbericht vom 11.12.2013 (Anlage K 13 - Anlagenheft). Im Zuge der Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass f...

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