Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitszimmer: Zur Verfügung Stehen eines anderen Arbeitsplatzes

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Durch das Gesetz ist nicht definiert, wann ein „anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht”.

2. Als „anderer Arbeitsplatz” kommt nur ein solcher in Betracht, der dem Stpfl. dauerhaft zur Verfügung steht.

3. Hält ein Arbeitgeber Arbeitsplätze für seine Außendienst-Mitarbeiter im Büro nicht vor und ist ein Stpfl. nicht verpflichtet, Tätigkeiten im Büro des Arbeitgebers zu verrichten und sind Kundenbesuche der Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit, so dass objektiv nachvollziehbare Gründe vorliegen, dieses Büro gar nicht aufzusuchen, ist die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer zu bejahen.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 Nr. 6b, § 9 Abs. 5, § 19

 

Streitjahr(e)

1996, 1997, 1998

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.01.2004; Aktenzeichen VI R 100/02)

BFH (Urteil vom 14.01.2004; Aktenzeichen VI R 100/02)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger ein Arbeitsplatz bei seinem Arbeitgeber zur Verfügung steht und deshalb Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht – beschränkt - abzugsfähig sind.

Die Kläger sind Eheleute und werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger erzielt als Außendienstmitarbeiter im Stahlhandel Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er nutzt ein häusliches Arbeitszimmer im eigenen Einfamilienhaus zur Anfertigung seiner Tagesberichte, gegebenenfalls Aufnahme von Bestellungen, Pflege kundenspezifischer Daten wie etwa Bedarfseinschätzungen, Erstellung von Verkaufsstatistiken und Lagerung von betrieblichen Unterlagen, Prospekten, Warenmustern und Warengeschenken. Der Kläger benötigt hierfür etwa 30 Stunden monatlich. Etwa 190 Stunden pro Monat nehmen die Kundenbesuche in Anspruch. Üblicherweise beginnt der Kläger seine Reisen um 7 bis 7.30 Uhr und kehrt um 17 bis 17.30 Uhr nach ca. 200 Fahrkilometern zurück. Der Arbeitgeber erwartet durchschnittlich 10 Kundenbesuche pro Tag.

Der Kläger suchte die ca. 13 km von seiner Wohnung entfernte Niederlassung des Arbeitgebers an etwa 3 bis 4 Freitagen monatlich zur Berichterstattung oder zur Teilnahme an Sitzungen mit den Abteilungsleitern auf, insgesamt 1996 und 1997 an 35 Tagen und 1998 an 24 Tagen. An diesen Tagen kann er in dem Großraumbüro einen Schreibtisch mit Telefon nutzen, der sonst einem Auszubildenden zur Verfügung steht. Im Anschluss an die Sitzungen plant der Kläger dort die Besuche der nächsten Woche. Die hierfür benötigten Unterlagen bringt der Kläger aus seinem häuslichen Arbeitszimmer mit. In dem Büro des Arbeitgebers verwahrt der Kläger keine Arbeitsunterlagen. In dem Büro gelten feste Arbeitszeiten von 7.45 bis 16.15 Uhr, freitags bis 14.15 Uhr.

Der Arbeitgeber hat dem Kläger eine Telefonanlage mit Telefax und Anrufbeantworter gestellt. Die vom Kläger zu bearbeitenden Posteingänge leitet der Arbeitgeber an die Wohnungsanschrift weiter. Eilige Sachen werden gefaxt.

Der Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden keine Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer zum Abzug zugelassen, weil das Arbeitszimmer nicht der Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung des Klägers bilde und ihm in der Niederlassung ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe. Die Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag nach § 10 e Abs. 1 EStG wurde dabei nicht um den Flächenanteil des Arbeitszimmers (8,35 v. H.) gekürzt. Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren die Klage.

Die Kläger teilen zwar nunmehr die Ansicht des Beklagten, das Arbeitszimmer sei nicht der Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung des Klägers. Sie meinen aber, von den (höheren) Kosten des Arbeitszimmers seien 2.400 DM als Werbungskosten abzugsfähig, weil dem Kläger kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe. Der an Berichtstagen genutzte Schreibtisch sei einem Auszubildenden zugewiesen und stehe daher nicht laufend zur Verfügung. Selbst die an diesen Tagen benötigten Unterlagen müsse der Kläger in seinem Arbeitszimmer zusammenstellen und zur Niederlassung mitbringen. Zwar sei es ihm natürlich möglich, die Niederlassung des Arbeitgebers täglich aufzusuchen. Eine arbeitsvertragliche Verpflichtung dazu gebe es aber nicht. Seine tägliche Reisetätigkeit beginne vor und ende nach den Bürozeiten der Niederlassung. so dass es für den Kläger an Reisetagen keinen Sinn mache, dort tätig zu werden. Die Visitenkarte, die der Kläger den Kunden überreiche, weise nur die private Telefonnummer aus.

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuerbescheide 1996, 1997 und 1998 vom 09.06.1997, vom 15.04.1998 und vom 29.03.1999, jeweils in der Gestalt des Einspruchsbescheids vom 04.05.2000, zu ändern und die Einkommensteuer unter Erhöhung der Werbungskosten um jeweils 2.400 DM (je Jahr) unter Berücksichtigung der Auswirkungen für die Steuervergünstigung nach § 10 e des Einkommensteuergesetzes niedriger festzusetzen.

Der Beklagte hält an der im Einspruchsbescheid vertretenen Rechtsauffassung fest und beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entschei...

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