Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeldanspruch eines fremden Staatsangehörigen ohne Aufenthaltsberechtigung und -erlaubnis bei nur „erlaubtem” Aufenthalt

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die gesetzliche Fiktion der Aufenthaltserlaubnis nach § 69 Abs. 3 Satz 1 AuslG begründet die für den Bezug von Kindergeld an Ausländer erforderliche rechtliche Befugnis zum Aufenthalt in Deutschland i. S. des § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG.
  2. Da § 69 AuslG in Abs. 2 bzw. Abs. 3 danach unterscheidet, ob ein Aufenthalt nur als „geduldet” oder als „erlaubt” fingiert wird, schlägt diese Unterscheidung auch auf die für die Kindergeldberechtigung maßgeblichen Rechtsfolgen durch. Denn § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG knüpft an eben diese ausländerrechtliche Unterscheidung an.
 

Normenkette

EStG § 62 Abs. 2 S. 1, § 63; AuslG § 69 Abs. 3 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2001

 

Tatbestand

Gegenstand des Verfahrens sind der Bescheid des Arbeitsamts X vom…sowie der Einspruchsbescheid vom .... Die Beteiligten streiten um die Gewähr von Kindergeld für drei minderjährige Kinder des Klägers von März bis einschließlich August 2001. Der Kläger ist Ausländer. Er verfügte im Streitzeitraum weder über eine Aufenthaltsberechtigung noch über eine Aufenthaltserlaubnis. Sein Aufenthalt galt aber im Streitzeitraum nach § 69 Abs. 3 Satz 1 des Ausländergesetzes in der Fassung vom 2. August 2000 (AuslG) als erlaubt.

Der Kläger ist jugoslawischer Staatsangehöriger. Er ist unter anderem Vater der Kinder A, B und C. Der Aufenthalt der Mutter dieser Kinder ist nicht bekannt.

Am…wurde dem Kläger eine bis zum 15. Juli 1999 befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Über den Antrag des Klägers auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis entschied die Ausländerbehörde bis zum Ablauf des Streitzeitraums nicht. Der Kläger erhielt aber für die Zeit bis über den Streitzeitraum hinaus Bescheinigungen über die Antragstellung, in denen die Ausländerbehörde darauf hinwies, dass der Aufenthalt des Klägers gemäß § 69 Abs. 3 AuslG Satz 1 als erlaubt gelte.

Der Kläger bezog während des Streitraums, aber auch davor und danach, Hilfe zum Lebensunterhalt von der Samtgemeinde Y. Seit Mai 2000 bezog er außerdem Arbeitslosenhilfe.

Der Kläger hatte 1998 Kindergeld bei der Familienkasse des Arbeitsamts X beantragt. Die Samtgemeinde Y hatte dort unter Hinweis auf die von ihr gewährten Sozialleistungen im Mai 2000 die Erstattung des für den Kläger festzusetzenden Kindergelds beantragt.

Mit Bescheid vom…setzte die Familienkasse Kindergeld ab Dezember 1998 für die drei Kinder fest. Zugleich stellte die Familienkasse fest, dass der Anspruch für die Zeit bis zur Festsetzung nach § 74 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes - EStG - in Verbindung mit § 107 des Zehnten Sozialgesetzbuchs - SGB X - als erfüllt galt. Wegen der laufenden Kindergeldzahlungen ab März 2001 forderte die Familienkasse den Kläger auf, seine Aufenthaltserlaubnis ab dem März 2001 vorzulegen.

Die Samtgemeinde Y übersandte der Familienkasse daraufhin eine Ablichtung der von der Ausländerbehörde bis zum 31. August 2001 verlängerten Bescheinigung über die Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis, nach der der Aufenthalt des Klägers unverändert nach § 69 Abs. 3 AuslG Satz 1 als erlaubt galt.

Die Familienkasse ging nunmehr davon aus, dass diese Bescheinigung die Aufenthaltserlaubnis nicht ersetzen könne, und erließ unter dem…gegenüber dem Kläger den im Streit stehenden Aufhebungsbescheid für den Zeitraum ab März 2001.

Hiergegen legte die Samtgemeinde Y unter Hinweis auf eine ihr vom Kläger erteilte Vertretungsvollmacht für den Kläger Einspruch ein. Sie vertrat den Standpunkt, dass die Kindergeldvoraussetzungen des § 62 Abs. 2 EStG erfüllt seien, weil der Kläger ursprünglich im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gewesen sei und weil er wegen der Fiktion der Aufenthaltserlaubnis nach § 69 Abs. 3 Satz 1 AuslG diese kindergeldrechtliche Rechtsposition auch nach dem 15. Juli 1999 nicht verloren habe.

Die Familienkasse beim Arbeitsamt X wies den Einspruch mit Bescheid vom…als unbegründet zurück. Sie war weiter der Auffassung, die Fiktion der Aufenthaltserlaubnis nach § 69 Abs. 3 Satz 1 AuslG sei kindergeldrechtlich den in § 62 Abs. 2 EStG genannten Aufenthaltstiteln nicht gleichzusetzen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der jugoslawischen Staatsangehörigkeit des Klägers, da er im Streitzeitraum lediglich Arbeitslosenhilfe erhalten habe.

Mit weiterem Bescheid vom…setzte die Familienkasse beim Arbeitsamt X Kindergeld ab September 2001 für die drei Kinder fest. Der Kläger hatte in jenem Monat eine Erwerbstätigkeit aufgenommen.

Am…ging die Klage bei Gericht ein. Nachdem der Kläger den Bescheid vom…erhalten hatte, erklärte er den Rechtsstreit wegen der Kindergeldzahlungen ab September 2001 in der Hautsache für erledigt. Der Beklagte gab eine entsprechende Erklärung ab, so dass das Gericht das Verfahren insoweit abtrennte und mit Beschluss vom…unter dem Az. 10 K 701/02 einstellte.

Der Kläger vertritt weiter seinen Standpunkt aus dem Einspruchsverfahren. Daneben weis...

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