Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine steuerliche Anerkennung von Werbungskostenüberschüssen bei von vorn herein geplanter kurzfristiger unentgelticher Übertragung auf den Mieter

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die von der Rechtsprechung des BFH unterstellte Überschusserzielungsabsicht bei auf Dauer angelegter Vermietung kommt dann nicht zum Tragen, wenn der Steuerpflichtige die vermietete Immobilie - nach Durchführung umfangreicher Renovierungs- und Erweiterungsarbeiten - kurze Zeit nach tatsächlichem Mietbeginn unentgeltlich auf den Mieter (im Streitfall: Der Sohn des Vermieters) übertragt und nicht festgestellt werden kann, dass die Übertragung auf einem neu gefassten Entschluss beruhte.

2. Wird dem Finanzamt die unentgeltliche Übertragung der Mietimmobilie erst später bei den Veranlagungsarbeiten des nachfolgenden VZ bekannt, können bereits bestandskräftig gewordene Einkommensteuerbescheide der Vorjahre noch gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geändert werden. Die unentgeltliche Übertragung stellt insoweit eine sog. Hilfstatsache dar, die den sicheren Schluss auf eine innere Haupttatsache (hier: Überschusserzielungsabsicht) zulässt. Da die einzelne Hilfstatsache nur ein Beweisanzeichen (kein Beweismittel) und damit nicht selbst Tatsache i.S. des § 173 AO ist. kommt es auf den Zeitpunkt der Entstehung nicht an.

3. Ein Mietverhältnis ist gemäß § 41 Abs. 2 AO für die Besteuerung unerheblich, wenn der Vermieter dem Mieter die Miete im vorhinein zur Verfügung stellt oder die Miete nach Eingang auf seinem Konto alsbald wieder an den Mieter zurückzahlt, ohne hierzu aus anderen Rechtsgründen verpflichtet zu sein. Ein Beweisanzeichen für eine solche Vorauszahlung oder Rückzahlung kann sich insbesondere daraus ergeben, dass der Mieter wirtschaftlich nicht oder nur schwer in der Lage ist, die Miete aufzubringen. Eine solche Konstellation kann gegeben sein, wenn die Ehefrau des Vermieters dem Mieter (Sohn) mit Wissen des Vermieters monatlich beschränkt auf die Mietzeit einen Betrag in Höhe der zu zahlenden Miete als ”Unterstützungsleistung“ überweist.

 

Normenkette

AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 1; EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1; AO 1977 § 41 Abs. 2

 

Streitjahr(e)

2015

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein bestandskräftiger Einkommensteuerbescheid des Streitjahres aufgrund neuer Tatsachen gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geändert werden kann und ob negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung steuerlich anzuerkennen sind.

Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr 2015 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger war im Streitjahr Partner einer Steuerberatungsgesellschaft und erzielte insoweit Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Daneben erzielte er Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus der Vermietung verschiedener Grundstücke. Die Klägerin war im Streitjahr nichtselbständig tätig und erzielte ebenfalls Einkünfte aus verschiedenen vermieteten Grundstücken.

Durch notariellen Vertrag vom 27. Dezember 2012 übertrug die Mutter des Klägers diesem das mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück ”L, H-weg 18“ gegen Einräumung eines Wohnrechts am Grundstück ”L, ”. Der Besitzübergang erfolgte zum 1. Mai 2013. Mit mehreren weiteren notariellen Verträgen vom 27. Dezember 2012 erfolgten mehrere Grundstücks-/Erbbaurechtsübertragungen der Kläger auf ihre Söhne M. und J. Dabei erklärten die Kläger in der notariellen Urkunde-Nr. 1659 der Urkundenrolle Jahrgang 2012 des Notars …, L, dass eine in etwa gleichwertige Zuweisung von Grundeigentum zu Gunsten ihrer beiden Kinder erfolgen sollte (Seite 18 unter B I). Auf den Sohn M übertrugen die Kläger seinerzeit das Erbbaurecht ”L, …-Straße “ im Wert von 700.000 € und die Wohnungen ”H, Straße 13 und 20“ im Wert von 130.000 €. Der Sohn J erhielt die Wohnungen ”H, S-Straße 4, 8, 9, 17, 22 und 24“ im Gesamtwert von 350.000 €.

Am 25. April 2013 schloss der Kläger einen Mietvertrag mit seinem Sohn J und dessen Ehefrau über die Wohnung ”L, H-weg 18“. Die Wohnfläche war mit ca. 150 m² vereinbart worden. Als Mietzeitbeginn wurde der 1. Mai 2013 festgelegt. Der Mietvertrag war auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die Netto-Kaltmiete betrug 1.550 €. Sämtliche Nebenkosten waren durch den Mieter direkt zu zahlen. Die Übergabe der Mieträume sollte nach dem Mietvertrag im Hinblick auf noch durchzuführende Renovierungs- und Sanierungsarbeiten spätestens bis zum 31. Dezember 2013 erfolgen. In der Anlage zum Mietvertrag vereinbarten die Mietvertragsparteien zudem Folgendes:

Bauliche Veränderungen jeder Art durch den Mieter sind in Absprache mit dem Vermieter jederzeit zulässig. Der Vermieter ist entsprechend zu informieren und die Kosten sind nachzuweisen. Die Kosten werden rechnerisch auf eine Nutzungszeit von 15 Jahren verteilt. Beim Auszug erhält der Mieter eine Zahlung in Höhe des nicht verbrauchten Restes.

Wegen der umfangreichen Renovierungspflichten des Vermieters beginnt die Mietzahlungsverpflichtung des Mieters am 1. des Monats, der auf die Beendigung der Bauarbeiten folgt.“

Am 23. Juli 201...

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