Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerfreiheit von Abfindungen wegen einer vom Arbeitgeber veranlassten Auflösung des Dienstverhältnisses

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Arbeitgeber haftet für die von ihm einzubehaltende und abzuführende Lohnsteuer.
  2. Abfindungen wegen einer vom Arbeitgeber veranlassten Auflösung des Dienstverhältnisses sind nur dann nach § 3 Nr. 9 EStG steuerfrei, wenn die Abfindung gerade durch die Auflösung des Dienstverhältnisses veranlasst ist.
  3. Bei der Kausalität kann nicht allein darauf abgestellt werden, dass zwischen Zahlung und aufgelöstem Dienstverhältnis ein ursächlicher Zusammenhang im Sinne einer „conditio sine qua non” besteht. Der einfache Kausalzusammenhang reicht nicht aus; vielmehr muss die Abfindung gerade durch die Auflösung des bisherigen Dienstverhältnisses bedingt sein (Anschluss an BFH-Urteil vom 16.12.1992 XI R 33/91, BStBl II 1993, 447)
 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 9, §§ 38, 42d Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist , ob die Klägerin anlässlich witterungsbedingter „Winterkündigungen” den betroffenen Arbeitnehmern Abfindungen wegen einer Auflösung des Dienstverhältnisses nach § 3 Nr. 9 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei auszahlen durfte.

Die Klägerin ist im Laufe des Klageverfahrens durch formwandelnde Umwandlung aus der X – unter Änderungen der Firma - hervorgegangen.

Die X hat mit der Y Tarifverträge…geschlossen, die der X bei Zustimmung des Betriebsrats eine witterungsbedingte Kündigung von…Montagearbeitern mit einer Kündigungsfrist von nur drei Tagen ermöglichten (§ 2). So gekündigten Arbeitern muss die X, wenn die Witterung sich gebessert hat, anbieten, zu den bisherigen Bedingungen wieder eingestellt zu werden (§ 4). Weitere Einzelheiten sind in einer Betriebsvereinbarung vom…geregelt, die u.a. Nachteile der Arbeiter bei der etwa für die betriebliche Altersversorgung bedeutsamen Dauer der Betriebszugehörigkeit, der Urlaubsdauer oder dem Bezug vermögenswirksamer Leistungen ausschließt.

Die X sagte mit Schreiben vom…und…Zahlungen pro ausgefallenem und nicht bezahltem Arbeitstag für den „vorübergehenden” Verlust des Arbeitsplatzes zu. Anspruchsberechtigt sind Arbeitnehmer

„... für die Ausfallzeit, für welche Anspruch auf Leistung der Bundesanstalt für Arbeit besteht sowie

a) das…Angebot auf Wiedereinstellung…angenommen wurde,

...”

Die Klägerin unterwarf diese Zahlungen nicht der Lohnsteuer. Nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung sah der Beklagte dem Prüfer folgend diese Zahlungen als steuerpflichtigen Arbeitslohn an und nahm mit Haftungsbescheid vom…die Klägerin anstelle der Arbeitnehmer - insoweit mit Zustimmung der Klägerin - in Anspruch. Hiergegen richtet sich nach in diesem Punkt erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsbescheid vom ...) die Klage.

Die Klägerin meint, es handele sich bei den Zahlungen um Abfindungen wegen einer vom Arbeitgeber veranlassten Auflösung des Dienstverhältnisses, die nach § 3 Nr. 9 EStG steuerfrei seien. Die Winterkündigungen seien ordentliche Kündigungen des Arbeitgebers, die das Arbeitsverhältnis beendeten und nicht etwa nur unterbrächen. Dies zeige sich auch daran, dass den Gekündigten Arbeitslosengeld gezahlt werde. Die Haftungsinanspruchnahme sei jedenfalls unbillig, da sich die Klägerin mit ihrer Wertung, das Arbeitsverhältnis werde auch durch die Winterkündigung aufgelöst, zumindest in einem entschuldbaren Rechtsirrtum befunden habe. Eine Wiedereinstellungsgarantie gebe es nicht. Die Nebenabreden in der Betriebsvereinbarung seien als Ausgleich für die sehr kurze Kündigungsfrist gedacht. Den Zahlungsanspruch würden auch Arbeitnehmer erwerben, die der Aufforderung zur Wiederaufnahme der Arbeit nicht nachkämen. Die Zahlung mit dem nächsten Lohn erfolge, um die Abrechnung zu vereinfachen.

Die Klägerin beantragt,

den Haftungsbescheid vom…in der Fassung des Einspruchsbescheids vom…sowie in der Fassung des Berichtigungsbescheids vom…aufzuheben.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Er meint, das Arbeitsverhältnis werde durch die Winterkündigung nicht aufgelöst, sondern nur unterbrochen. Die Arbeitnehmer erlitten keine Nachteile, die durch eine Abfindung auszugleichen seien. Die Wiedereinstellung zu den gleichen Bedingungen wie vor der Kündigung werde garantiert. Die Winterkündigung sei mit einer Änderungskündigung vergleichbar, bei der auch nicht von einer Auflösung des Dienstverhältnisses ausgegangen werde. In dem Schreiben vom…sei auch nur von „vorübergehendem Verlust des Arbeitsplatzes” die Rede. Die Zahlungen erfolgten erst bei tatsächlicher Wiedereinstellung mit der nächsten Lohnzahlung. Auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum könne sich die Klägerin nicht berufen. In den Richtlinien werde ausdrücklich die im Streitfall nicht gegebene Auflösung des Dienstverhältnisses als Voraussetzung für die Zahlung steuerfreier Abfindungen genannt.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage, die sich ausweislich Ziffer 1 der Anträge in der Klageschrift vom…nur gegen den Haftungsbescheid als Teil des Haftungs- und Nachforderungsbescheids richtet, ist unbegründet. Die Kläge...

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