Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitgebers bei angestelltem Gesellschafter mit Beteiligung von 50 v.H. am Stammkapital kein Arbeitslohn

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Steuerfreie Einnahmen i.S.d. § 3 Nr. 62 EStG sind nur dann gegeben, wenn die beschäftigte Person als Arbeitnehmer im sozialversicherungsrechtlichen Sinne anzusehen ist. Die Rechtsansicht der Sozialversicherungsträger hat insoweit für die Anwendung des § 3 Nr. 62 EStG keine Bindungswirkung.
  2. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung.
  3. Ein GmbH-Gesellschafter, der nicht als Geschäftsführer der GmbH bestellt ist, besitzt aufgrund seiner gesetzlichen Gesellschaftsrechte nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben oder abzuschwächen. Er ist daher als Arbeitnehmer zu betrachten.
 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 62

 

Streitjahr(e)

1994, 1995, 1996, 1997

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 02.12.2005; Aktenzeichen VI R 16/03)

BFH (Urteil vom 02.12.2005; Aktenzeichen VI R 16/03)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob geleistete Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung für eine Arbeitnehmerin, die zugleich Gesellschafterin der Klägerin mit einem Stammkapital von 50 v.H. ist, steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen.

Die Klägerin ist auf dem Gebiet der Herstellung sowie des Vertriebs von Damen- und Kinderoberbekleidung jeglicher Art tätig. Alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer ist R. In den Streitjahren 1994 bis 1997 war bei der Klägerin auch die Ehefrau des Geschäftsführers, M. angestellt. Nach dem Anstellungsvertrag vom…1991 war sie alleinverantwortlich für die Entwicklung und Fertigung bestimmter Produkte zuständig. Sie erhielt ein Jahresfestgehalt von etwa 75.000 DM sowie eine Erfolgstantieme von 12,5 v.H. bezogen auf den nach handelsrechtlichen Gesichtspunkten ermittelten Jahresüberschuss der Klägerin vor Steuern als Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit. Zugleich war ihr eine Altersversorgung und auch die Lohnfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit und Tod in entsprechender Anwendung der Regelungen für den Geschäftsführer zugesagt worden. Die gezahlten Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung wurden nicht der Lohnsteuer unterworfen.

In der Zeit vom…bis…1997 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Lohnsteueraußenprüfung durch, die den Zeitraum 1. Januar 1994 bis 31. August 1997 umfasste. Dabei wurde u.a. dieser Sachverhalt festgestellt. Der Beklagte sah die geleisteten Arbeitgeberbeiträge als steuerpflichtigen Arbeitslohn an und berechnete die Lohnsteuer in Anlehnung an § 39 b EStG.

Der gegen den Haftungsbescheid vom…erhobene Einspruch zurückgewiesen.

Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie ist der Ansicht, die gezahlten Beiträge seien lohnsteuerfrei, da M. der Sozialversicherungspflicht unterläge. Sie stünde trotz ihrer Stellung als Gesellschafterin in einem Abhängigkeitsverhältnis zur Klägerin. Mit einer 50%igen Beteiligung könne sie die Gesellschaft nicht beherrschen, weil sie den Geschäftsführer R., der ebenfalls 50 v.H. der Anteile halte, nicht überstimmen könne. So müsse sie sich im Ergebnis den Weisungen des Geschäftsführers beugen. Mit ihrer Stellung seien die in der bisherigen finanzgerichtlichen Rechtsprechung entschiedenen Fälle nicht zu vergleichen, weil die Klägerin ihr weder Prokura noch den Status eines Geschäftsführers eingeräumt habe.

Die Klägerin beantragt,

den Haftungsbescheid vom…in Gestalt des Einspruchsbescheids vom…aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die Arbeitnehmerin der Klägerin sei nicht sozialversicherungspflichtig, sodass die geleisteten Beiträge dem Lohnsteuerabzug unterlägen. Mit ihrer Beteiligung am Stammkapital sei sie in der Lage, auf den wirtschaftliche Betriebsergebnis der Klägerin Einfluss zu nehmen. Beschlüsse gegen ihren Willen seien nicht möglich. Die ihr als Gesellschafterin zustehenden Befugnisse reichten aus, um trotz fehlender Geschäftsführerstellung ihrem Willen widersprechende Maßnahmen des Geschäftsführers zu verhindern.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Lohnsteuerhaftungsbescheid ist rechtswidrig, soweit die Klägerin durch ihn als Arbeitgeberin für Lohnsteuerabzugsbeträge nach § 42 d Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) für geleistete Sozialversicherungsbeträge für M. in Anspruch genommen wird. Eine Verpflichtung zur Einbehaltung und Abführung von Lohnsteuer bestand für diese Bezüge nicht. Die in den Streitjahren gezahlten Sozialversicherungsbeiträge an die Arbeitnehmerin stellen nach § 3 Nr. 62 EStG keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn dar.

Mit dem Klageantrag begehrt die Kläger nach dessen Wortlaut die vollständige Aufhebung des Haftungsbescheids vom…in Gestalt des Einspruchsbescheids vom .... Unter Berücksichtigung des Vorbringens im Einspruchsverfahren, der schriftlichen Klagebegründung im Schriftsatz...

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