vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [XI R 29/13)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld für Berechtigte mit Wohnsitz in Polen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Einer polnische Staatsangehörige, die 2007 vom 10.4. bis 10.6. und 2.7. bis 31.8. sozialversicherungspflichtig bei einer Gartenbau KG in Deutschland beschäftigt war, steht kein Kindergeld zu, wenn sie im Inland weder einen Wohnsitz oder noch einen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
  2. Das gilt auch im Hinblick auf § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, denn die Behandlung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig erfolgt nur, soweit inländische Einkünfte i. S. des § 49 EStG erzielt werden.
  3. Daraus folgt, dass in Polen lebende Kindergeldberechtigte Kindergeld nur für den Zeitraum erhalten, in dem sie inländische Einkünfte erzielt haben.
 

Normenkette

EStG § 1 Abs. 2, §§ 49, 62

 

Streitjahr(e)

2007

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 29.01.2014; Aktenzeichen XI R 29/13)

BFH (Beschluss vom 29.01.2014; Aktenzeichen XI R 29/13)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der in Polen lebenden Klägerin Kindergeld auch für Zeiträume zusteht, in denen sie nicht in Deutschland gearbeitet hat.

Die Klägerin ist polnische Staatsangehörige. Sie lebt mit ihrem Ehemann und den

gemeinsamen Kindern N (geb. am 7. Oktober 2000) und P

(geb. 21. November 2002) in Polen. Im Streitjahr 2007 war die Klägerin vom 10. April bis 10. Juni und vom 2. Juli bis 31. August sozialversicherungspflichtig bei der K Gartenbau in Deutschland beschäftigt. Für diese Tätigkeit erhielt sie Arbeitslohn von insgesamt 5.522 €. Dieser wurde jeweils am Ende des Monats bzw. am Ende des Beschäftigungszeitraums in bar ausgezahlt. Weitere inländische Einkünfte erzielte die Klägerin im Jahr 2007 nicht. Die Klägerin wurde auf ihren Antrag hin vom zuständigen Finanzamt L als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig nach § 1 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) behandelt. Für ihre beiden Kinder erhielt die Klägerin in Polen Familienleistungen.

Mit Bescheid vom 14. Januar 2010 setzte die beklagte Familienkasse gegenüber der

Klägerin Kindergeld für die Monate April 2007 bis einschließlich August 2007 in Höhe der Differenz zwischen dem deutschen Kindergeld und den polnischen Familienleistungen fest. Wegen der Berechnung wird auf die Anlage zum Bescheid (Blatt 40 Kindergeldakte) Bezug genommen. Für die übrigen Monate des Jahres 2007 gewährte die Beklagte kein Kindergeld.

Hiergegen wendet sich die Klägerin nach erfolglosen Einspruchsverfahren mit der

vorliegenden Klage. Sie ist der Ansicht, dass ihr für das gesamte Jahr 2007 Kindergeld zustehe, da sie einkommensteuerrechtlich für das gesamte Jahr nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt worden sei. Eine Versagung ihres

Kindergeldanspruchs stelle eine nicht gerechtfertigte Diskriminierung von Wanderarbeitern gegenüber sog. Grenzpendlern da, die ohne einen Wohnsitz in Inland ihre Einkünfte im Inland erzielten und für das gesamte Jahr einen Kindergeldanspruch hätten. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens, insbesondere auch der europarechtlichen Argumentation sowie der Auseinandersetzung mit Literatur und Rechtsprechung wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 13. Mai 2013 Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 14. Januar 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Juni 2010 die Beklagte zu verpflichten, gegenüber der Klägerin Kindergeld für deren Kinder in Höhe von 2.156 € festzusetzen und zu gewähren;

hilfsweise,

das Verfahren im Hinblick auf eine Anrufung des EuGH durch den 3. Senat des BFH (C - 4/13) sowie der beim BFH anhängigen Revisionsverfahren III R 10/12 und XI R 39/10 auszusetzen bzw. ruhen zu lassen;

weiterhin hilfsweise,

dem EUGH folgende Frage im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens vorzulegen:

Ist das EU-Primärrecht (hier insbesondere die Artikel 3 und 45 des

Vertrages über die Europäische Union (AEUV) sowie das

EU-Sekundärrecht (hier insbesondere die VO 1408/71 bzw. 883/2004)

jeweils in ihren aktuellen Fassungen dahin auszulegen das sie einer

Entscheidung des Mitgliedstaates entgegenstehen, wonach einem Angehörigen eines Mitgliedstaates, der sich zur Ausübung einer Beschäftigung in diesem Mitgliedstaat dort aufhält und tätig ist (sog. Wanderarbeitnehmer) und der als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig im gesamten Kalenderjahr veranlagt wurde, Familienleistungen i.S.d. VO 1408/71 bzw. 883/2004 lediglich für den Zeitraum der Ausübung der Beschäftigung in diesem Mitgliedstaat gewährt wird, wenn nach der Entscheidung des Mitgliedstaates jedoch einem Angehörigen eines Mitgliedstaates, der sich lediglich als sog. Grenzpendler innerhalb seiner täglichen Arbeitszeit in diesem Mitgliedstaat aufhält und als unbeschränkt einkommenssteuerpflichtig im gesamten Kalenderjahr veranlagt wurde, die Familienleistungen für das gesamte Kalenderjahr gewährt werden?

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass Ki...

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