Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine steuerfreie Sanierung nach § 3 Nr. 66 EStG wegen fehlender Sanierungseignung, wenn das Unternehmen nicht fortgeführt wird

 

Leitsatz (redaktionell)

Es fehlt an der Sanierungsbedürftigkeit, wenn das Unternehmen nicht mehr existiert. Denn Sinn und Zweck des § 3 Nr. 66 EStG ist darin zu sehen, das notleidende Unternehmen als Faktor des Wirtschaftslebens, insbesondere als Einkunftsquelle des Unternehmers und seiner Arbeitnehmer, zu erhalten.

 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 66

 

Streitjahr(e)

1985

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.10.2005; Aktenzeichen X R 42/03)

BFH (Urteil vom 12.10.2005; Aktenzeichen X R 42/03)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 468.657 DM nach § 3 Nr. 66 Einkommensteuergesetz als Sanierungsgewinn steuerfrei zu belassen ist.

Die Klägerin hat im Jahre 1981 das Hotel T. in Bad H. übernommen. Infolge des Rückgangs der Belegung sind in den Folgejahren Verluste entstanden. Anfang 1985 leitete die Deutsche Bank das Zwangsversteigerungsverfahren ein, welches auch durchgeführt wurde. Die Verbindlichkeiten aus dem Hotelbetrieb konnten aus dem Versteigerungserlös nicht gedeckt werden. Die Deutsche Bank hat im Jahre 1987 auf ihre Forderungen in Höhe von 716.000 DM gegen Zahlung von 30.000 DM verzichtet. Der Beklagte hat am 15. Juli 1998 die betrieblichen Steuerschulden erlassen. Nach wie vor hat die Klägerin weitere Verbindlichkeiten in Höhe von 750.000 DM.

Gegen die Einkommensteuerfestsetzung 1985 legte die Klägerin Einspruch ein, der mangels Begründung durch Bescheid vom 23. März 1999 zurückgewiesen wurde.

Mit der dagegen gerichteten Klage macht die Klägerin geltend, der vom Beklagten angesetzte Veräußerungsgewinn in Höhe von 468.657 DM sei als steuerfreier Sanierungsgewinn nach § 3 Nr. 66 EStG zu qualifizieren. Sie trägt vor, wenn es nicht zu einem Gläubigerverzicht gekommen wäre, sei sie bis an ihr Lebensende auf einen Lebensunterhalt in Höhe des pfändungsfreien Betrages ihres Gehaltes angewiesen gewesen. Dabei hätten zum damaligen Zeitpunkt noch Unterhaltsverpflichtungen gegenüber ihren beiden Kindern bestanden, die sich in Schule und Ausbildung befunden hätten. Vermutlich hätte sie auch später nach der vom Arbeitgeber ausgesprochenen Rationalisierungskündigung ihres Arbeitsplatzes von Sozialhilfe leben müssen. Tatsächlich sei die Klägerin auch für zwei Jahre arbeitslos gewesen und habe Arbeitslosengeld vom Arbeitsamt G. bezogen.

Von Anfang an seien die Verhandlungen mit den beiden Gläubigern, Deutsche Bank und Finanzamt, unter der Maßgabe der „Sanierung” der Klägerin geführt. Im angestrebten und auch erreichten Ziel des Forderungsverzichtes sollte erreicht werden, dass die Klägerin gegen Zahlung eines bestimmten Betrages von ihren Verbindlichkeiten, die aus ihrer Unternehmertätigkeit entstanden seien bzw. mit ihnen zusammenhingen, entpflichtet werde. Mit dem Erlass der Verbindlichkeiten von Deutscher Bank und Finanzamt sei eine steuerfreie unternehmerbezogene Sanierung vorgenommen worden. Die Klägerin hat dazu eine Erklärung der Deutschen Bank vom 30. Oktober 2000 vorgelegt, aus der sich ergibt, dass durch die Zahlung des vereinbarten Betrages „unsere Forderung” gegen die Klägerin „zur Erledigung” gekommen sei. Hintergrund des geschlossenen Vergleiches sei zum einen gewesen, der Klägerin einen finanziellen Neuanfang zu ermöglichen und zum anderen, die Restforderung nach Zwangsversteigerung des Hotelobjekts durch Vergleich zu erledigen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid für 1985 in der Fassung des Bescheids vom 17. Mai 2001 mit der Maßgabe zu ändern, dass die angesetzten Veräußerungsgewinne gemäß § 16 EStG in Höhe von 468.657 DM als steuerfreie Sanierungsgewinne gemäß § 3 Nr. 66 EStG qualifiziert werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält die Voraussetzungen einer Sanierung im Sinne von § 3 Nr. 66 EStG für nicht gegeben. Die Steuerfreiheit nach dieser Vorschrift setze voraus, dass das Unternehmen sanierungsbedürftig sei, die Schuld oder die Schulden ganz oder teilweise erlassen würden, die Gläubiger in einer Absicht handelten, die geschäftliche und finanzielle Gesundung des Schuldners herbeizuführen und dass der Schuldenerlass geeignet sei, das sanierungsbedürftige Unternehmen vor dem Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen. Die Steuerfreiheit setze voraus, dass sämtliche oben genannten Voraussetzungen erfüllt seien.

Hauptmotiv der Deutschen Bank sei nach erfolgter Zwangsversteigerung der Hotelpension T. die Tatsache, dass die Bank keine Möglichkeit zur Fortführung der Geschäftsbeziehung gesehen habe und sie deshalb bemüht gewesen sei, die Geschäftsbeziehung so glimpflich wie möglich zu beenden. Aus der Sicht der Bank möge die Möglichkeit eines finanziellen Neuanfangs für die Klägerin ein untergeordneter Nebenzweck gewesen sein, der aber wegen der Beendigung der Geschäftsbeziehung keine Rolle mehr gespielt habe.

Im Übrigen fehle es an der Sanierungsbedürftigkeit wie der Sanierungseignung. Ein Unternehmen ist sanieru...

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