vorläufig nicht rechtskräftig

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [XI R 14/11)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer 2007: Option zur Regelbesteuerung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei der Optionserklärung handelt es sich um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die rechtsgestaltend auf das bestehende Rechtsverhältnis einwirkt. Im Falle einer Option wird durch die dem Steuerpflichtigen eingeräumte Gestaltungsmöglichkeit ein Wechsel in der Besteuerungsform herbeigeführt und zwar schon durch die Ausübung selbst.
  2. Anstelle der Besteuerung für Kleinunternehmer tritt die Regelbesteuerung. Das Umsatzsteuerrechtsverhältnis erfährt damit eine inhaltliche Umgestaltung.
  3. Zur Frage, wann eine Optionserklärung für die Regelbesteuerung durch schlüssiges Verhalten abgegeben werden kann.
 

Normenkette

UStG § 19

 

Streitjahr(e)

2007

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.07.2013; Aktenzeichen XI R 14/11)

 

Tatbestand

Der Kläger war seit dem 1.7.2004 mit dem Handel mit Telekommunikationszubehör und Frankatourware unternehmerisch tätig. Gegenüber dem Beklagten gab er im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung vom 21.7.2004 an, die Kleinunternehmerregelung i.S.d. § 19 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) in Anspruch zu nehmen, da sein voraussichtlicher Gesamtumsatz die gesetzlichen Grenzen nicht überschreiten werde.

Der Kläger gab für 2004 und 2005 keine Umsatzsteuererklärung ab. In 2005 hatte er steuerpflichtige Umsätze aus dem Verkauf von Telekommunikationszubehör i.H.v. brutto 16.123,35 € und steuerfreie Umsätze aus dem Verkauf von Postwertzeichen i.H.v. 4.425,46 € erzielt. Da er irrtümlich der Auffassung war, dass bei der Berechnung des Gesamtumsatzes des Vorjahres i.S.d. § 19 Abs. 1 UStG von 17.500 € auf die von ihm erzielten steuerpflichtigen Umsätze die Umsatzsteuer von 16 % hinzuzurechnen sei und meinte, mit einem danach berechneten Gesamtumsatz in Höhe von 18.703,09 € (16.123,35 € + 2.579,74 € (= UST 16 %)) die Umsatzgrenze von 17.500 € überschritten zu haben, reichte er am 28.12.2007 beim Beklagten eine Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2006 ein, in der er Umsätze und Vorsteuern erklärte. Bei der Anfertigung der Erklärung hatte ein Steuerberater mitgewirkt. Der Beklagte setzte die Umsatzsteuer entsprechend fest. Mit Schreiben vom 17.1.2008 beantragte der Kläger die Änderung des Bescheides mit der Begründung nicht beachtet zu haben, dass bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage i.S.d. § 19 Abs. 3 UStG die Umsatzsteuer aus der Gesamtdifferenz herausgerechnet werden müsse. Das Finanzamt änderte den Umsatzsteuerbescheid entsprechend und hob den Vorbehalt der Nachprüfung mit Bescheid vom 9.5.2008 auf. Der Umsatzsteuerbescheid wurde bestandskräftig.

In der Folgezeit stellte der Kläger fest, dass bei der Berechnung des Vorjahresumsatzes i.S.d. § 19 Abs. 1 UStG nicht die Steuer auf die von ihm erzielten Umsätze hinzuzurechnen sei und er im Jahre 2005 tatsächlich unter der Umsatzgrenze von 17.500 € lag. Er beantragte deshalb beim Beklagten die Änderung der bestandskräftigen Umsatzsteuerfestsetzung 2006. Der Beklagte lehnte eine Änderung zuletzt mit Einspruchsbescheid ab. Eine dagegen beim Niedersächsischen Finanzgericht erhobene Klage nahm der Kläger zurück.

Mit seiner Umsatzsteuererklärung 2007 stellte der Kläger beim Beklagten gleichzeitig den Antrag, die Umsatzsteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen gemäß § 163 Abgabenordnung (AO) niedriger festzusetzen. Diesen Antrag lehnte das Finanzamt mit Bescheid vom 10.2.2009 ab. Mit Schreiben vom 6.11.2009 stellte der Kläger ferner den Antrag, die Umsatzsteuer 2007 auf 0 € festzusetzen. Diesen Antrag lehnte das Finanzamt mit Bescheid vom 6.1.2010 ab und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Die dagegen eingelegten Einsprüche waren erfolglos. Hiergegen richtet sich die Klage.

Der Kläger ist der Auffassung, seine Umsätze unterlägen der Besteuerung nach § 19 Abs. 1 UStG. Er habe nicht durch Abgabe einer Steuererklärung im Jahre 2006 zur Regelbesteuerung optiert und sei auch nicht an die 5-Jahres-Frist in § 19 Abs. 2 UStG gebunden. Er habe vielmehr irrtümlich angenommen, dass die Regelbesteuerung für seine Umsätze Anwendung finde. Er habe weder das Bewusstsein noch den Willen gehabt, zur Regelbesteuerung zu optieren, insofern eine Wahl zu treffen und eine entsprechende Erklärung abzugeben. Entgegenstehende Anhaltspunkte lägen nicht vor. Er habe zu keiner Zeit Vorsteuerüberhänge erwirtschaftet oder erwirtschaften können, so dass auch insofern kein Indiz dafür vorliege, zur Regelbesteuerung optieren zu wollen. Diese Gründe habe der Beklagte sowohl bei der Steuerfestsetzung wie auch bei der Entscheidung über die Billigkeitsmaßnahme gemäß § 163 AO nicht hinreichend berücksichtigt.

Der Kläger beantragt,

die Umsatzsteuer 2007 auf 0 € festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, der Kläger habe mit Abgabe der Steuererklärung 2006 auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung i.S.d. § 19 Abs. 1 UStG verzichtet. An diese Verzichtserklärung sei er 5 Jah...

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