Entscheidungsstichwort (Thema)

Verlustgefahr bei Giroüberweisung; Anwendungsbereich des § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG; Giroüberweisung; Steuererstattungsanspruch; Aufteilung; Tilgung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein Steuererstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO erlischt gem. § 47 AO bei Zahlung durch Giroüberweisung, wenn der Gläubiger die Verfügungsgewalt über den Betrag durch Gutschrift des überwiesenen Betrages auf seinem Konto erlangt.
  2. Der Stpfl. erhält keine Verfügungsgewalt, wenn der Betrag nicht auf einen ihm gehörenden Konto, sondern einem Konto des Ehepartners gutgeschrieben wird.
  3. Bei Überweisung auf ein dem Gläubiger nicht gehörendes Konto tritt keine Erfüllungswirkung gegenüber dem Gläubiger ein.
  4. § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG findet keine Anwendung bei der Erfüllung von Erstattungsansprüchen i.S.v. § 37 Abs. 2 AO, die sich aus Aufteilungsbescheiden nach § 279 AO oder aufgrund eines Antrags auf Aufteilung einer Gesamtschuld nach § 268 ff. AO ergeben. Die Vorschrift ist vielmehr nur im Erhebungsverfahren beim Ausgleich des Abrechnungsüberschusses anwendbar.
 

Normenkette

AO § 37 Abs. 2, § 47; EStG § 36 Abs. 4 S. 3

 

Streitjahr(e)

1992, 1993, 1994

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Erstattungsanspruch der Klägerin durch Überweisung auf ein Bankkonto ihres Ehemannes erloschen ist.

Die Klägerin wurde mit ihrem Ehemann für die Streitjahre 1992 – 1994 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Am 20.01.1998 beantragten die Eheleute die Aufteilung der aus den Einkommensteuerfestsetzungen resultierenden Steuerschulden. Aus den vom Beklagten erlassenen Aufteilungsbescheiden für 1992 und 1993 und der Abrechnungsmitteilung für 1994 vom 27.02.1998 ergaben sich für die Klägerin folgende Erstattungsbeträge:

1992: DM 3.168,60

1993: DM 6.337,20

1994: DM 8.753,79.

Gesamtbetrag: DM 18.259,59

Am 02.03.1998 überwies der Beklagte den Gesamtbetrag auf ein Konto des Ehemannes bei der Sparkasse in R. In dem Überweisungsträger war der Ehemann als Überweisungsempfänger angegeben. Für dieses Konto hatte die Klägerin eine Vollmacht. Inhalt und Umfang der Vollmacht sind nicht bekannt. Das Konto war zum Zeitpunkt der Überweisung von der Sparkasse für Verfügungen des Ehemannes gesperrt. Mit Schreiben vom 09.03.1998 teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dem Beklagten eine Bankverbindung mit, die künftig für Steuererstattungen an die Klägerin verwendet werden sollte. Nachdem der Prozessbevollmächtigte erfahren hatte, dass die Steuererstattung bereits auf ein Konto des Ehemannes überwiesen worden war, machte er geltend, dass diese Überweisung keine schuldbefreiende Wirkung gegenüber der Klägerin gehabt habe. Angesichts des vorliegenden Aufteilungsantrags habe der Beklagte nicht mehr davon ausgehen dürfen, dass die Klägerin noch damit einverstanden sei, dass die Erstattung mit befreiender Wirkung an ihren Ehemann erfolgen dürfe; deshalb könne die Regelung in § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG keine Anwendung finden. Dies gelte um so mehr, als der Beklagte gewusst habe, dass der Kläger hohe Steuerschulden beim Beklagten gehabt habe und deshalb umfangreiche Vollstreckungsmaßnahmen durchgeführt worden seien. Außerdem sei dem Beklagten bekannt gewesen, dass schon im Jahr 1997 die Eröffnung eines Konkursverfahrens über das Vermögen des Klägers mangels Masse abgelehnt worden sei. Der Beklagte beruft sich demgegenüber auf die Regelung in § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG und macht geltend, dass allein die Tatsache, dass ein Aufteilungsantrag gestellt worden sei, die Vermutungswirkung dieser Vorschrift nicht aufhebe. Die Eheleute hätten das Konto, auf das die Überweisung erfolgt sei, bei ihrer Einkommensteuererklärung für 1990 als Erstattungskonto angegeben. Bis zum Zeitpunkt der Erstattung sei kein anderes Konto angegeben worden. Dies sei aber die Pflicht der Eheleute gewesen. Weil sie diese Pflicht verletzt hätten, müssten sie die daraus resultierende Gefahr des Verlusts des überwiesenen Betrages tragen. Aus dem Aufteilungsantrag habe auch nicht geschlossen werden können, dass die Klägerin nicht mit einer Erstattung an ihren Ehemann einverstanden gewesen sei, weil der Wortlaut des Antrages ausschließlich beinhaltet habe, dass Verrechnungen der Erstattungsansprüche der Klägerin mit Steuerschulden ihres Ehemannes vermieden werden sollten, bzw. bereits erfolgte Aufrechnungen rückgängig gemacht werden sollten. Dem hält die Klägerin entgegen, dass es unsinnig sei, nach einem Antrag auf Aufteilung von Steuerschulden davon auszugehen, der Inhaber der daraus resultierenden Erstattungsansprüche sei mit einer Auszahlung an seinen Ehegatten einverstanden. Wenn ein Gesamtschuldner durch einen Aufteilungsantrag zu erkennen gebe, dass er für die Steuerschulden des anderen Gesamtschuldners nicht aufkommen wolle, könne nicht angenommen werden, dass er mit schuldbefreienden Erstattungen an den anderen Gesamtschuldner einverstanden sei.

Die Klägerin begehrte erfolglos einen die genannten Erstattungsansprüche ausweisenden Abrechnungsbescheid. Der Beklagte vertrat in dem ablehnenden Abrechnungsbescheid v...

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