Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorfälligkeitsentschädigung bei Erwerb eines selbstgenutzten Einfamilienhauses als Vorkosten

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die für die vorzeitige Ablösung eines Darlehens gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung ist vom Begriff der Schuldzinsen gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG umfasst.
  2. Sie sind als Vorkosten abziehbar, soweit sie wirtschaftlich auf die Zeit der Kapitalüberlassung vor Beginn der erstmaligen Nutzung der Wohnung zu eigenen Wohnzwecken entfallen.
  3. Die Vorfälligkeitsentschädigung ist Bestandsteil der auf die (verkürzte) Gesamtlaufzeit des Kredits bezogenen Gegenleistung des Darlehensnehmers für die Inanspruchnahme des Fremdkapitals.
  4. Wird bei einem privat genutzten Einfamilienhaus eine Vorfälligkeitsentschädigung fällig, weil das Objekt veräußert wird und das verbleibende Entgelt sofort dazu benutzt, ein neues Objekt anzuschaffen, dann war auslösendes Moment für den Anfall der Vorfälligkeitsentschädigung der Entschluss der Stpfl., ein neues Wohnobjekt anzuschaffen und einen Teil des Kaufpreises aus dem Erlös des Altobjekts zu bestreiten.
  5. Die mit der Beschaffung von Eigenmitteln verbundenen Finanzierungskosten waren dann durch den Erwerbsvorgang veranlasst.
 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1; EStG § ;10e Abs. 6

 

Streitjahr(e)

1995

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.01.2004; Aktenzeichen X R 28/01)

BFH (Urteil vom 14.01.2004; Aktenzeichen X R 28/01)

 

Tatbestand

Die Kläger sind Eheleute. Sie erwarben im Jahre 1992 das Einfamilienhausgrundstück in M., das sie zu eigenen Wohnzwecken nutzten. Die Anschaffung wurde teilweise durch Darlehen der Landesbausparkasse mit Laufzeiten bis zum 31. August 2000 und 31. August 2002 finanziert.

Am 17. Oktober 1995 verkauften die Kläger das Grundstück. Die Besitzübergabe erfolgte zum 1. Dezember 1995. Der beurkundende Notar wurde angewiesen, die Darlehen abzulösen und den verbleibenden Kaufpreis an die Kläger auszuzahlen. Die Landesbausparkasse erklärte sich mit der vorzeitigen Ablösung der Darlehen und zum Abschluss von Aufhebungsverträgen bereit. Als Ausgleich für die Verkürzung der Restlaufzeit der Darlehen um 56 und 80 Monate berechnete die Landesbausparkasse Ablöseentgelte (Vorfälligkeitsentschädigungen) im Betrag von insgesamt 15.440 DM, der den Darlehenskonten der Kläger am 19. Dezember 1995 belastet wurde. Die Ablöseentgelte wurden aus der Differenz zwischen den vereinbarten Zinssätzen und dem Wiederanlagezinssatz bis zum Ende der Darlehenslaufzeiten ermittelt. Dabei wurden zugunsten der Kläger die durch die vorzeitige Ablösung entfallenden Risikokosten sowie ein Abzinsungsbetrag berücksichtigt. Nach Ablösung der Darlehen verblieb den Klägern ein Überschuss aus der Veräußerung des Grundstücks von 41.799,41 DM. Diesen Betrag überwies der Notar am 15. Dezember 1995 weisungsgemäß auf das Konto der Kläger.

Durch weiteren Kaufvertrag vom 17. Oktober 1995 erwarben die Kläger das Grundstück in B. Die Besitzübergabe war zeitgleich mit der Fälligkeit des Kaufpreises zum 2. Januar 1996 vereinbart. Hiervon abweichend verpflichteten sich die Verkäufer, das Objekt bis zum 27. November 1995 zu räumen und den Klägern zum Einzug zu übergeben. Als Gegenleistung wurde ein Nutzungsentgelt von 2.000 DM vereinbart.

Die Kläger nehmen seit 1996 die Steuerbegünstigung für das Objekt B. nach § 10e EStG in Anspruch. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1995 machten sie Finanzierungskosten von 27.821 DM als Aufwendungen vor Bezug gemäß § 10e Absatz 6 EStG geltend. Der Beklagte versagte den Abzug, weil ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen gezahlten Schuldzinsen und Vorfälligkeitsentschädigungen mit dem veräußerten Objekt M. und nicht mit dem erworbenen Objekt B. bestehe. Einen Anteil von 11,2 v. H. der Finanzierungskosten berücksichtigte der Beklagte als Arbeitszimmerkosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit. Der Einspruch der Kläger gegen den auf dieser Grundlage erteilten Einkommensteuerbescheid vom 9. September 1996 blieb ohne Erfolg.

Die Kläger tragen vor, sie seien wegen fehlenden Eigenkapitals gezwungen gewesen, das Objekt M. zu veräußern und den Überschuss für die Finanzierung des neuen Objekts einzusetzen. Hierzu hätten sie sich von vornherein gegenüber der finanzierenden Volksbank verpflichtet. Dies ergebe sich aus der Bescheinigung vom 19. September 1997, in der die Volksbank bestätige, dass die beantragten Darlehensmittel nur gewährt worden seien, weil die Kläger aus dem Hausverkauf einen Überschuss von ca. 40.000 DM hätten nachweisen können. Tatsächlich sei am 28. Dezember 1995 von den Klägern ein Teil des Kaufpreises von 41.000 DM aus dem Überschuss an die Veräußerer überwiesen worden. Ein weiterer Kaufpreisanteil von 299.000 DM sei über die Volksbank finanziert worden.

Kauf und Verkauf seien zeitgleich vereinbart und in einem Zuge abgewickelt worden. Die Finanzierung der Landesbausparkasse sei nicht mehr tragbar gewesen, weil zugleich Bausparverträge und Zwischenfinanzierungsdarlehen hätten bedient werden müssen. ...

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