Entscheidungsstichwort (Thema)

Beteiligung eines Rechtsanwalts am Prozessrisiko führt zu steuerpflichtigen Einkünften

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Beteiligt sich ein Rechtsanwalt am Risiko eines Prozesses und erhält er dafür eine Beteiligung am Klageerfolg, sind die nach erfolgreichem Prozess daraufhin gezahlten Gelder nicht nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu versteuern.

2. Die Gelder sind nach § 22 Nr. 3 EStG steuerpflichtig, denn Leistung i.S. dieser Vorschrift ist jedes Tun, Unterlassen und Dulden, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und das eine Gegenleistung auslöst. Der Leistungsaustausch liegt darin, dass sich der Rechtsanwalt zur Übernahme eines Teils des Prozessrisikos bei der gerichtlichen Durchsetzung eines Anspruchs verpflichtet hat und ihm für den Fall der Realisierung der Forderung ein Anteil zugesagt worden ist.

 

Normenkette

EStG § 22 Nr. 3

 

Streitjahr(e)

1996

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.01.2007; Aktenzeichen IX R 48/05)

BFH (Urteil vom 16.01.2007; Aktenzeichen IX R 48/05)

 

Tatbestand

Streitig ist die Frage, ob die Beteiligung des Klägers an der Realisierung einer Forderung zu steuerpflichtigen Einkünften geführt hat.

Der Kläger ist von Beruf Rechtsanwalt und Notar.

Im Jahre 1993 wurde er von einer Bekannten, Frau B, um Rat gefragt, wie er die Aussichten auf Durchsetzung eines Anspruchs einschätze. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Ehemann von Frau B war zusammen mit seinem Bruder Gesellschafter der Firma B OHG in P. Die Gesellschaft beabsichtigte, zur Schaffung von Liquidität das Betriebsgrundstück zu veräußern und hatte bereits einen Käufer gefunden. Diese Veräußerung vereitelte die Stadt P durch Verhängung einer rechtswidrigen Veränderungssperre. Wegen der dadurch nicht zu behebenden Liquiditätsprobleme musste die Gesellschaft Konkurs anmelden.

Aufgrund mangelnder Bereitschaft der Konkursgläubiger, entsprechende Prozesskostenvorschüsse zu leisten, sah sich der Konkursverwalter nicht in der Lage, wegen der Veränderungssperre einen Amtshaftungsanspruch gegen die Stadt P, den er der Höhe nach auf 6,7 Mio. DM bezifferte, gerichtlich durchzusetzen.

Frau B hatte aus der OHG gewährten Darlehen eine Konkursforderung in Höhe von rund 1,4 Mio. DM. Sie vereinbarte mit dem Konkursverwalter die Abtretung des Schadensersatzanspruchs gegen die Stadt P. Den etwaigen Erlös aus der Realisierung der Forderung sollte sie vorab mit ihren Darlehensforderungen verrechnen. Die darüber hinaus gehenden Beträge sollten zu 40 % an die übrigen Konkursgläubiger fließen, der Rest an den Ehemann, Herrn B, ausgekehrt werden.

Der Kläger machte Frau B auf die Prozessrisiken aufmerksam, ging aber davon aus, dass die Chancen überwiegen würden. Dies nahm Frau B zum Anlass, ihn zu bitten, sich zum Beleg für seine Einschätzung mit 25 % an den Prozessrisiken zu beteiligen. Im Gegenzuge sollte der Kläger am Klageerfolg beteiligt werden, und zwar mit 25 % an der nach Abzug des Darlehensbetrages von 1,4 Mio. DM und der an den Konkursverwalter auszukehrenden Summe, mindestens jedoch mit 600.000,- DM. Diese Vereinbarung  wurde mündlich geschlossen; eine entsprechende Vereinbarung traf Frau Barteils mit ihrem Steuerberater, Herrn K, der sich ebenfalls mit 25 % an den Prozessrisiken beteiligte.

In der Folge erhob Frau B im eigenen Namen vor dem Landgericht Hildesheim Klage gegen die Stadt P. Die Schriftsätze in diesem Verfahren wurden vom Kläger gefertigt und über einen Korrespondenzanwalt eingereicht. Der Kläger hat insoweit seine Kosten gegenüber Frau B und dem Steuerberater K nach der BRAGO abgerechnet. Das Landgericht Hildesheim hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsverfahren endete mit einem Vergleich; danach zahlte die Stadt P einen Betrag von 3,5 Mio. DM an Frau B. Die Kosten wurden gegeneinander aufgehoben. Das Berufungsverfahren hat ausschließlich ein beim OLG zugelassener Anwalt geführt.

Nach Abschluss des Vergleichs hat Frau B im Jahre 1996 gegenüber dem Kläger abgerechnet und an ihn einen Betrag von 600.000 DM ausgezahlt.

Seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 1996 fügte er ein Schreiben bei, in dem er den oben genannten Sachverhalt schilderte und die Auffassung vertrat, dass es sich um einen nicht steuerbaren Vorgang handele.

Der Beklagte stellte sich im Vorfeld der Veranlagung zunächst auf den Standpunkt, dass die Einnahmen zu gewerblichen Einkünften geführt hätten. Nach Hinweis des Klägers, dass es dafür an der Nachhaltigkeit der Tätigkeit fehle, ging er nunmehr davon aus, dass sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG vorlägen.

Im Einkommensteuerbescheid 1996 vom 2. November 1998, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, setzte er dementsprechend sonstige Einkünfte in Höhe von 600.000 DM an. Gegen diesen Bescheid hat der Kläger Einspruch eingelegt. Während des laufenden Einspruchsverfahrens fand eine Außenprüfung statt, in deren Folge aus für dieses Verfahren nicht erheblichen Gründen der Einkommensteuerbescheid 1996 am 22. Februar 2001 geändert wurde. In der Einspruchsentscheidung vom 26...

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