Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer für das Todesjahr des Erblassers als Nachlassverbindlichkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die ErbSt entsteht grundsätzlich mit dem Tode des Erblassers.
  2. Die ESt für das Todesjahr des Erblassers kann nicht als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden. Dafür spricht, dass die ESt des Todesjahres des Erblassers zum maßgeblichen Stichtag noch nicht entstanden ist.
 

Normenkette

ErbStG § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 11; EStG §§ 25, 36

 

Tatbestand

Streitig ist die Frage, ob die für das Todesjahr des Erblassers festzusetzende Einkommensteuer bei der Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeiten berücksichtigt werden können.

Der Kläger ist Alleinerbe nach seinem am 17. Oktober 2007 verstorbenen Onkel, dem Landwirt S. Seine 5 Geschwister wurden jeweils mit Vermächtnissen bedacht. Zum Zeitpunkt seines Todes war die Einkommensteuer 2006 in Höhe von 9.678,- € rückständig. Die Einkommensteuer 2007 setzte das zuständige Finanzamt B mit Einkommensteuerbescheid vom 2. Juli 2009 auf 10.818,- € fest. Unter Berücksichtigung von Zinsabschlagsteuern und geleisteter Einkommensteuervorauszahlungen ergibt sich eine offene Steuerforderung von 9.221,92 €. Der Einkommensteuerbescheid ist an S als Inhaltsadressat gerichtet.

In seiner im Jahre 2008 beim Beklagten eingereichten Erbschaftsteuererklärung begehrte der Kläger, die Einkommensteuer 2006 und 2007 als Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen.

Nach gesonderter Feststellung der Bedarfswerte für die zum Nachlass gehörenden Grundstücke erließ der Beklagte unter dem Datum des 2. April 2009 einen ersten Erbschaftssteuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, in dem es Steuerschulden als Nachlassverbindlichkeiten in Höhe von 8.325,- € berücksichtigte. Diesen Bescheid änderte der Beklagte mit Datum des 22. Mai 2009 gem. § 164 Abs. 2 AO und erhöhte die Nachlassverbindlichkeiten auf 9.678,- €. Schließlich änderte der Beklagte den Erbschaftsteuerbescheid aus für dieses Verfahren nicht erheblichen Gründen am 15. Oktober 2009 erneut.

Der Einspruch, mit dem der Kläger die Berücksichtigung der Einkommensteuer 2007 als Nachlassverbindlichkeit begehrte, hatte keinen Erfolg.

Der Kläger meint, dass die Einkommensteuer des Todesjahres als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden könnte. Zwar würde die Einkommensteuer grundsätzlich nach Ablauf des Kalenderjahres entstehen. Bestehe aber die persönliche Steuerpflicht nur während eines Teils des Kalenderjahres, so verkürze sich der Veranlagungszeitraum und ende mit dem Tod des Steuerpflichtigen. Der Kläger leitet dies aus § 45 AO ab, der den Übergang der in der Person des Verstorbenen verwirklichten Steuertatbestände auf den Gesamtrechtsnachfolger regelt.

Es sei nicht erheblich, dass die Steuerverbindlichkeiten zu diesem Zeitpunkt noch nicht fällig seien. Es reiche aus, wenn sie in der Person des Erblassers entstanden seien.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Erbschaftsteuerbescheides 2009 vom 15. Oktober 2009 und der Einspruchsentscheidung vom 11. Februar 2010 die Erbschaftsteuer auf 131.340,- € herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte meint, dass die Einkommensteuerschulden aus dem Veranlagungszeitraum, in den der Todeszeitpunkt des Erblassers falle, gem. § 25 Abs. 1 EStG und § 36 Abs. 1 EStG erst mit Ablauf dieses Veranlagungszeitraums entstehen würden. Sie könnten nicht als Nachlassverbindlichkeiten berücksichtigt werden, weil sie zum maßgeblichen Stichtag noch nicht entstanden seien.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger kann die anteilig auf ihn entfallende Einkommensteuer für 2007 nicht als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen.

Gem. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG sind von dem Erwerb als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig die vom Erblasser herrührenden Schulden, soweit sie nicht mit einem zum Erwerb gehörenden Gewerbebetrieb, Anteil an einem Gewerbebetrieb, Betrieb der Land- und Forstwirtschaft oder Anteil an einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen und bereits bei der Bewertung der wirtschaftlichen Einheit berücksichtigt worden sind. Für die Wertermittlung ist nach § 11 ErbStG der Zeitpunkt der Entstehung der Erbschaftsteuer maßgebend. Die Erbschaftssteuer entsteht gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG grundsätzlich mit dem Tode des Erblassers.

1. Ob die Einkommensteuer für das Kalenderjahr, in dem der Erblasser verstirbt, unter Berücksichtigung des in § 11 ErbStG i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG normierten Stichtagsprinzips als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden kann, wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt.

a) Meincke, Kommentar zum Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetz, § 10 Rn. 32, ist der Auffassung, dass auch aus der Sphäre des Erblassers herrührende latente Ertragsteuerbelastungen zumindest dann als Nachlassverbindlichkeiten anerkannt werden sollten, wenn deren Realisierung als sicher angesehen werden könnte. Gebel, BB 1999, 135, ebenso in Troll/Gebel/Jülicher-Gebel, Kommentar zum Erbschaftst...

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