Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuermeßbetrag 1984 bis 1987

 

Leitsatz (redaktionell)

Hypnosetherapeut ohne wissenschaftliche Ausbildung ist nicht freiberuflich i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG tätig.

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 02.02.2000; Aktenzeichen XI R 38/98)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kl. in den Streitjahren mit dem Betrieb einer Hypnose-Praxis gewerbliche Einkünfte i.S.d. § 2 Abs. 1 Gewerbesteuergesetz (– GewStG –) i.V.m. § 15 EStG erzielt hat.

Der 1943 geborene Kl. betrieb in den Streitjahren in G. eine hypnosetherapeutische Praxis. Im Zusammenhang mit seiner Gewerbeanmeldung zum 1. September 1982 hatte der Kl. dem Kreis O. zum Gegenstand des von ihm betriebenen Gewerbes mitgeteilt: „Wir therapieren Personen, die beispielsweise aufhören wollen zu rauchen. Auch werden Gewichtsreduktionen, sofern sie nicht krankheitsbedingt sind, von uns mit Erfolg durchgeführt. Wir therapieren weiterhin Personen, die unter Ängsten und Unsicherheiten leiden. Wir therapieren darüber hinaus in Fällen von Prüfungsängsten, kurz und gut in allen Fällen, wo es um Motivationsaufbau, Lebensberatung und ähnliches geht”.

Der Kl. war erstmals 1964 mit Hypnosetechniken in Berührung gekommen. 1966 hatte er sich in Wochenendseminaren in die Grundlagen der praktischen Hypnosetechniken einweisen lassen. Im Jahre 1968 absolvierte der Kl. ein sechswöchiges Praktikum bei einem Hypnosetherapeuten und erhielt dort eine Grundausbildung in der Anwendung der klinischen Hypnose. Ab 1969 hat der Kl. neben einer weiteren praktischen Ausbildung in klinischer Hypnose bei Professor Dr. med. habil. J. in Rio de Janeiro/Brasilien weitere Erfahrungen durch „learning by doing”, u.a. durch Begegnungen mit brasilianischen Schamanen und Medizinmännern gesammelt. Er hat nach seiner Rückkehr nach Deutschland an verschiedenen Fachkursen und Symposien, u.a. vom 20. bis 24. September 1989 an dem Europäischen Kongreß für Hypnose und Psychhotherapie nach Milton H. Erickson teilgenommen. Im Jahr 1985 untersagte der Landkreis O. dem Kl. die Ausübung der Heilkunde mit der Begründung, daß er Personen ohne die erforderliche Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz hypnosetherapeutisch behandele. Diese Untersagungsverfügung wurde vom Verwaltungsgericht S. durch Urteil vom 19. August 1987 (…) mit der Begründung aufgehoben, daß der Kl. in seiner hypnosetherapeutischen Praxis nicht Überwiegend Heilkunde i.S.d. Heilpraktikergesetzes ausübe.

Das beklagte Finanzamt – FA – vertrat nach einer bei dem Kl. durchgeführten Betriebsprüfung für die Jahre 1984 bis 1986 die Auffassung, daß die vom Kl. erzielten Einkünfte aus der hypnosetherapeutischen Praxis als solche aus gewerblicher Tätigkeit zu qualifizieren seien. Es erließ demgemäß für 1984 bis 1986 Gewerbesteuermeßbescheide vom 26. April 1989 und ferner für 1987 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO) einen Gewerbesteuermeßbescheid vom 25. Januar 1990. Mit den hiergegen erhobenen Einsprüchen machte der Kl. geltend, daß der Beruf des Hypnotiseurs den Berufen des Arztes, Neurologen, Heilpraktikers und Psychotherapeuten ähnlich sei. Er erfülle zudem alle Zulassungsvoraussetzungen für die Bestellung als Heilpraktiker. Das FA wies die Einsprüche durch Bescheid vom 6. Februar 1991 als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus: Die Tätigkeit des Kl. sei weder als Katalogberuf noch als ähnlicher Beruf i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG einzustufen. Die Hypnosetätigkeit werde mangels nicht nachprüfbarer Tätigkeiten zur Behandlung der Patienten nicht wissenschaftlich ausgeübt. Es liege auch kein den Heilberufen ähnlicher Beruf vor, weil es hinsichtlich der typischen Merkmale der Tätigkeit an der erforderlichen Übereinstimmung fehle. Anders als etwa die Tätigkeit ärztlich nicht vorgebildeter Psychologen und Psychotherapeuten sei die Ausübung einer hypnosetherapeutischen Tätigkeit nicht von einer staatlichen Erlaubnis abhängig. Auch nehme ein Hypnotiseur keine persönliche Heilbehandlung direkt am Körper des Patienten vor. Nach allgemeiner Verkehrsauffassung sei die Tätigkeit des Hypnotiseurs mit denen der Hellseher, Fachastrologen oder Handaufleger zu vergleichen.

Hiergegen richtet sich die Klage. In der mündlichen Verhandlung hat das FA die angegriffenen Bescheide im Hinblick auf den Vorlagebeschluß des IV. Senats des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 23. Juli 1997 (IV 317/91) zur Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuer nach § 165 Abs. 1 AO für vorläufig erklärt. Der Kläger hat den Änderungsbescheid zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht. Zur Klagebegründung trägt der Kläger vor: Er übe eine unterrichtende und erzieherische Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG aus. Er vermittle seinen Schülern in seiner Hypnosepraxis durch ein abgestuftes Trainingskonzept, ihre jeweilige Lebenssituation zu begreifen, dabei den vorhandenen Problemen nicht auszuweichen. Lösungsverhalten zu lernen und durch bewußte Entkrampfungsübungen und Entsp...

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