rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinzuschätzungen bei einem Gastwirt; doppelte Steuerverkürzung durch zweifache Rechnungsausstellung des Fleischlieferanten

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ist ein Stpfl. gem. § 141 Abs. 1 AO buchführungspflichtig, erfasst aber seine Warenkäufe nicht vollständig, so beinhaltet das einen Verstoß gegen die §§ 143 ff. i.V.m. § 146 Abs. 1 AO. Übersteigt der Umfang der nicht gebuchten Wareneinkäufe ein bestimmtes Maß und hat der Wareneinkauf für den Betrieb des Stpfl. eine nicht unerhebliche Bedeutung, so berührt dieser Mangel das Wesen einer ordnungsgemäßen Buchführung, so dass sich hieraus die Schätzungsbefugnis der Finanzverwaltung ergibt.
  2. Aus dem Umstand, dass der Stpfl. einen erheblichen Teil seiner Wareneinkäufe nicht gebucht hat, kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass auch ein Teil der Betriebseinnahmen nicht in seiner Buchführung erfasst war.
 

Normenkette

AO § 141 Abs. 1, §§ 143, 146a Abs. 2, § 162; FGO § 69 Abs. 3

 

Tatbestand

I.

Streitig ist die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Einkommensteuerbescheide 1993 und 1994 sowie Umsatzsteuerbescheide 1993 bis 1995.

Der Antragsteller (Ast.) wird mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Er betreibt seit Juni 1993 das Restaurant A.. Er bietet in seinem Gastronomiebetrieb neben griechischen Spezialitäten, Pizzen und Getränken auch Imbisswaren, Eis und Süßigkeiten an. Seine Ehefrau ist nicht erwerbstätig. In der Zeit vor seiner Selbständigkeit war der Kläger als Arbeitnehmer bei einem griechischen Restaurantbesitzer beschäftigt.

In der Zeit vom 27.03.1996 bis 24.10.1997 fand beim Ast. eine allgemeine Außenprüfung für die Veranlagungszeiträume 1993 und 1994 sowie eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Voranmeldungszeiträume Januar 1995 bis Januar 1996 statt. In den Gewinnermittlungen für die Jahre 1993 und 1994 erklärte er folgende Umsätze, Wareneinkäufe und Gewinne:

1993

1994

wirtschaftlicher Umsatz

149.464,00 DM

515.216,00 DM

wirtschaftlicher Wareneinsatz

64.883,00 DM

205.960,00 DM

Rohgewinn

84.581,00 DM

309.256,00 DM

Rohgewinnaufschlagsatz

130,36 %

150,15 %

Reingewinn

./. 18.408,00 DM

31.240,00 DM

Hierbei stellte der Prüfer fest, dass der Ast. in den Streitjahren u.a. in Geschäftsbeziehung zu der Einzelfirma S. Fleischwaren in V. stand, von der er seine Fleischeinkäufe bezog. Gegen den Inhaber der Firma war in 1995 ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung seiner Kunden eingeleitet worden. Im Zuge dieser Ermittlungen stellte das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen (FAFuSt) fest, dass S. dem Ast. – wie der ganz überwiegenden Zahl seiner Kunden – für die meisten Fleischlieferungen jeweilszwei datumsgleiche Rechnungen, eine offizielle („weiße”) Rechnung und eine inoffizielle („schwarze”) Rechnung erteilt hatte. Dabei war die gelieferte Fleischmenge und der vom Ast. geschuldete Gesamtbetrag jeweils genau hälftig auf die beiden Rechnungen aufgeteilt worden. Diese unterschieden sich von einander ansonsten nur durch eine abweichende Kunden- und Rechnungsnummer sowie die Empfängerbezeichnung im Anschriftenfeld. Die „weiße” Rechnung trug jeweils die offizielle Kundennummer des Ast. … und war mit vollständigem Namen und Anschrift versehen. Die entsprechende „schwarze” Rechnung lautete dagegen auf die Kundennummer … (in 1993) bzw. … bis … (ab 1994) und war im nicht ausgedruckten Adressfeld mit der handschriftlichen Bezeichnung A. versehen. Die Rechnungsnummern von „weißer” und „schwarzer” Rechnung waren jeweils fortlaufend.

Die vom FAFuSt als Zeugen vernommenen, bei S. beschäftigten Auslieferungsfahrer haben unabhängig voneinander übereinstimmend ausgesagt, das Restaurant A. mit dem vom Ast. bestellten Fleisch beliefert zu haben. Den von ihnen zuvor selbst im Betrieb zusammengestellten Lieferungen hätten zum Großteil jeweils zwei betragsgleiche, auch als Lieferschein dienende Rechnungen beigelegen, eine mit gedruckter, voller Anschrift und eine mit lediglich handschriftlichem Hinweis. In der Regel seien auch beide Rechnungen bei Übergabe der Ware im Restaurant bar kassiert worden. Ein weiterer vom FAFuSt vernommener Gastwirt hat diese Vorgehensweise in seiner Vernehmung bestätigt. Wegen der Aussagen im einzelnen wird auf die in der Bp.-Arbeitsakte unter „Zeugenaussagen” befindlichen Vermerke und Vernehmungsprotokolle verwiesen.

Der Betriebsprüfer stellte aufgrund des ihm vorliegenden Kontrollmaterials fest, dass der Ast. nur die auf den offiziellen Rechnungen ausgewiesenen Fleischmengen mit wenigen Ausnahmen als Wareneinkäufe gebucht hatte und die „schwarzen” Rechnungen vom Ast. hingegen nicht verbucht worden waren. Wegen der Ergebnisse im einzelnen wird auf die Feststellungen des Betriebsprüfers („Kalkulation 1993 und 1994”, Bd. .. Bp.-Arbeitsakte) verwiesen. Auf diese Weise sind Fleischeinkäufe in den Streitjahren in folgender Höhe unberücksichtigt geblieben:

1993

1994

Kundenkonto („weiß”)

1.554,59 DM

429,57 DM

Kundenkonto … bzw. …(„schwarz”)

9.5...

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