Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Anwendung der Sachbezugsfreigrenze bei Warenbezug durch Arbeitnehmer auf Rechnung des Arbeitgebers

 

Leitsatz (redaktionell)

Trägt ein Arbeitgeber die Kosten der von den Arbeitnehmern bei einer Tankstelle bezogenen Waren und Dienstleistungen bis zur Höhe von 44 € monatlich und können die Arbeitnehmer monatlich nach ihrer Wahl Güter aus allen Warengruppen auf Rechnung des Arbeitgebers beziehen, wendet der Arbeitgeber den Arbeitnehmern lohnsteuerpflichtigen Barlohn zu, auf die die Sachbezugsfreigrenze keine Anwendung findet. Das ist nicht ernstlich zweifelhaft.

 

Normenkette

EStG § 8 Abs. 2

 

Streitjahr(e)

2006

 

Tatbestand

Streitig ist, ob auf Rechnung der Antragstellerin von mehreren ihrer Arbeitnehmer bei Dritten bezogene Waren Sachbezüge darstellen, für die die Freigrenze von 44 Euro des § 8 Abs. 2 Satz 9 Einkommensteuergesetz (EStG) gilt.

Die Antragstellerin gewährt ihren Arbeitnehmern auf arbeitsvertraglicher Grundlage „einen regelmäßigen Gutscheins-, Waren- oder Dienstleistungsbezug nach Wunsch des Arbeitnehmers”. Sie hat mit dem Betreiber einer Tankstelle (T) vereinbart, dass mehrere ihrer Arbeitnehmer bei T monatlich nach ihrer Wahl Güter „aus allen Warengruppen” im Wert von bis zu 44 EUR auf Rechnung der Antragstellerin beziehen dürfen. Die Arbeitnehmer erhielten jeweils eine dementsprechend limitierte „T Card”, eine Kundenkarte des T. Die Arbeitnehmer kauften mittels der Kundenkarte für 44 EUR monatlich im Wesentlichen Benzin verschiedener Sorten, aber z. B. auch Tabak- und Süßwaren ein. T erteilt der Antragstellerin monatlich nach Arbeitnehmern aufgeschlüsselt Rechnungen unter Angabe der gelieferten Waren oder Dienstleistungen. Die Antragstellerin sah hierin keinen lohnsteuerpflichtigen Vorgang.

Der Antragsgegner (das Finanzamt) beanstandete im Anschluss an eine Lohnsteueraußenprüfung dem Prüfer folgend diese Vorgehensweise und nahm die Antragstellerin mit Bescheid vom 6. Dezember 2006 für die nicht angemeldete und abgeführten Lohnabzugsbeträge gemäß § 42 d Abs. 1 EStG in Haftung.

Es war der Meinung, es liege kein Sachbezug vor, sodass die Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG nicht einschlägig sei. Die Kundenkarte sei einem Warengutschein, der nicht beim Arbeitgeber einzulösen sei, vergleichbar. In einem solchen Fall komme ein Sachbezug nur in Betracht, wenn die Ware konkret bezeichnet und zusätzlich kein Höchstbetrag angegeben sei. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall nicht gegeben. Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsbescheid vom 10. Januar 2007) die Klage in dem Verfahren 11 K 64/07, über die noch nicht entschieden ist.

Nachdem das Finanzamt mit Bescheid vom 11. Januar 2006 einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheids abgelehnt hat, beantragt die Antragstellerin,

den Haftungsbescheid vom 6. Dezember 2006 von der Vollziehung auszusetzen.

Der Antragsgegner hält an seiner Rechtsauffassung fest und beantragt,

den Antrag abzulehnen.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag ist unbegründet.

1. Die Aussetzung der Vollziehung soll gemäß § 69 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz FGO erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

a) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatsachen bewirken (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 10. Februar 1984 III B 40/83, BStBl II 1984, 454 und vom 30. Dezember 1996 I B 61/96, BStBl II 1997, 466). Solche Umstände sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.

Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass der Haftungsbescheid rechtmäßig ist. Gemäß § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG haftet ein Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er einzubehalten und abzuführen hat. Nach § 191 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) kann derjenige, der kraft Gesetzes für eine fremde Steuer haftet, durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden.

Der Arbeitgeber hat die Lohnsteuer für Rechnung des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten (§ 38 Abs. 3 EStG) und zum Fälligkeitstermin abzuführen (§ 41a Abs. 1 EStG). Steuerpflichtiger Arbeitslohn ist dadurch gekennzeichnet, dass dem Arbeitnehmer Einnahmen (Bezüge oder geldwerte Vorteile) zufließen, die für seine Arbeitsleistung gewährt werden (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Einnahmen sind alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen (§ 8 Abs. 1 EStG). Einnahmen, die nicht in Geld bestehen (Sachbezüge), sind nach näherer Maßgabe des § 8 Abs. 2 EStG zu bewerten, wenn, wie hier, nicht die Ausnahm...

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