Leitsatz

1. Es ist noch nicht geklärt, welche Anforderungen an den Nachweis einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung zu stellen sind und unter welchen Voraussetzungen sich ein Unternehmer auf die Regelung zum Gutglaubensschutz in § 6a Abs. 4 UStG berufen kann.

2. Ist die Rechtslage nicht eindeutig, ist über die zu klärenden Fragen im summarischen Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung eines Verwaltungsakts nicht abschließend zu entscheiden.

3. Zu den Voraussetzungen, unter denen die Aussetzung der Vollziehung eines Verwaltungsakts von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden kann.

 

Normenkette

§ 4 Nr. 1 Buchst. b, § 6a Abs. 1, 3 und 4 UStG, § 17a, § 17c UStDV, § 69 Abs. 2, § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO

 

Sachverhalt

Der Antragsteller (Ast) handelte u.a. mit hochwertigen Kfz und lieferte – tatsächlich – Unternehmen Fahrzeuge in andere Mitgliedstaaten. Im Zeitpunkt der Verkäufe waren die USt-Id.Nrn. gültig (Bestätigung nach § 18e UStG).

Das FA versagte die USt-Befreiung, weil es sich dabei um Scheinunternehmen handle. Das FG meinte, der Belegnachweis sei nicht ausreichend, die Voraussetzungen für die Aussetzung der Vollziehung lägen nicht vor.

 

Entscheidung

Der BFH setzte die Vollziehung aus. Allerdings machte er die Aussetzung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung abhängig.

Die Anordnung einer Sicherheitsleistung ist eine Ermessensentscheidung. Die Gefahr eines Steuerausfalls kann insbesondere aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen bestehen. Andererseits entfällt das öffentliche Interesse an der Vermeidung von Steuerausfällen, wenn mit Gewissheit oder großer Wahrscheinlichkeit ein für den Steuerpflichtigen günstiger Prozessausgang zu erwarten ist. Davon, dass mit Gewissheit oder großer Wahrscheinlichkeit ein für den Antragsteller günstiger Prozessausgang zu erwarten ist, könne nicht ausgegangen werden. Eine Gefährdung bestehe aber z.B. wenn – wie im Streitfall – nach der Einlassung des Antragstellers dessen wirtschaftliche Existenz und die seiner Familie "unmittelbar bedroht" wäre, wenn die Aussetzung der Vollziehung nicht gewährt würde.

 

Hinweis

Nach § 6a Abs. 3 UStG müssen die Voraussetzungen für eine innergemeinschaftliche Lieferung nachgewiesen werden.

§ 17a Abs. 1 UStDV regelt die Details, den sog. Belegnachweis. Ferner muss nach § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV der Unternehmer die Voraussetzungen der Steuerbefreiung einschließlich USt-Id.Nr. des Abnehmers buchmäßig nachweisen; die Voraussetzungen müssen gem. § 17c Abs. 1 Satz 2 UStDV "eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen" sein (sog. Buchnachweis). Nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG ist eine vom Unternehmer zu Unrecht als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung behandelte Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte (Gutglaubensschutz).

Die Voraussetzungen von § 6a Abs. 3 und Abs. 4 UStG sind noch nicht abschließend geklärt; denn vor dem EuGH sind zu den Voraussetzungen steuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferungen die Verfahren Rs. C-146/05 (auf Vorlage des Senats vom 10.2.2005, V R 59/03, BFH-PR 2005, 225) und Rs. C-409/04 (auf Vorlage des Britischen High Court of Justice vom 6.5.2004) anhängig. Zudem liegen zu § 6a Abs. 3 UStG (Nachweis) und zu § 6a Abs. 4 UStG (Gutglaubensschutz) mehrere Revisionen vor, bei denen die FG jeweils die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen haben.

Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung werden grundsätzlich nicht im summarischen Aussetzungsverfahren geklärt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 25.11.2005, V B 75/05

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