Leitsatz

1. Wird einem Handelsvertreter für die Zeit nach Beendigung des Vertretungsverhältnisses die Fortzahlung einer Provision zugesagt, ohne dass der Anspruch vom Fortbestehen wirtschaftlicher Vorteile des Geschäftsherrn abhängen soll, so kann die hierdurch entstehende ungewisse Verbindlichkeit des Geschäftsherrn wirtschaftlich durch die Arbeitsleistung des Vertreters verursacht sein. Soweit dies der Fall ist und soweit der Vertreter die geschuldete Arbeitsleistung in der Vergangenheit erbracht hat, kann der Geschäftsherr eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten bilden (Abgrenzung zu den BFH-Urteilen vom 24.6.1969, I R 15/68, BStBl II 1969, 581; vom 28.4.1971, I R 39, 40/70, BStBl II 1971, 601, und vom 20.1.1983, IV R 168/81, BStBl II 1983, 375).

2. Ein mit Ablauf des Vertretungsverhältnisses entstehender Anspruch des Handelsvertreters auf Fortzahlung von Provisionen ist nicht wirtschaftlich in der Vergangenheit verursacht, wenn durch ihn die Einhaltung eines zukünftigen Wettbewerbsverbots abgegolten werden soll.

 

Normenkette

§ 5 Abs. 1 EStG , § 249 Abs. 1 HGB

 

Sachverhalt

Die Beteiligten stritten darum, ob die Klägerin eine Rückstellung für nachvertragliche Leistungen bilden könne, die diese einem Handelsvertreter eingeräumt hatte.

 

Entscheidung

Der BFH hob auf Revision des FA das stattgebende Urteil des FG (EFG 2000, 778) auf und verwies die Sache an das FG zur weiteren Aufklärung zurück. Zwar dürften für Ausgleichsansprüche eines Handelsvertreters gem. § 89b HGB keine Rückstellungen gebildet werden, weil diese zukunftsbezogen seien. Würden indes vergangene Dienste abgegolten, lägen die Dinge anders. Allerdings dürfe nicht zugleich ein zukünftiges Wettbewerbsverbot des Vertreters abgegolten werden.

 

Hinweis

Der BFH hat wiederholt entschieden, dass für die aus § 89b HGB resultierende Verpflichtung, einem Handelsvertreter nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen Ausgleich zu zahlen, vor der Vertragsbeendigung keine Rückstellung gebildet werden darf (grundlegend Urt. vom 26.3.1969, I R 141/66, BStBl II 1969, 485). Der gesetzliche Ausgleichsanspruch sei nämlich weder vor Vertragsbeendigung rechtlich entstanden noch wirtschaftlich verursacht – und beide Merkmale sind zwar alternative, indes zwingende Voraussetzungen für den Ausweis einer Verbindlichkeitsrückstellung. Wurden aber mit dem Handelsvertreter individualvertragliche Vereinbarungen getroffen, die von den zukünftigen Entwicklungen gänzlich unabhängig sind, dann kann es sich anders verhalten.

Das setzt, worauf unbedingt zu achten wäre, entsprechende Vertragsformulierungen voraus, welche verdeutlichen, dass (1.) die nachvertraglichen Provisionen an die in der Vergangenheit erbrachten Leistungen des Vertreters anknüpfen, sonach in jedem Fall – also unabhängig von dem Fortbestand des Vertretungsgebiets – zu zahlen und damit keine solchen i.S.v. § 89b HGB sind, dass (2.) aber auch kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot des Handelsvertreters abgegolten werden soll. Denn auch im letzteren Fall würde es an für die Rückstellungsbildung erforderlichen wirtschaftlichen Verknüpfung mit der Vergangenheit fehlen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 24.1.2001, I R 39/00

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