Leitsatz

* Der auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhende Verzicht eines Gesellschafters auf eine nicht mehr vollwertige Forderung gegenüber seiner Kapitalgesellschaft führt bei dieser zu einer Einlage in Höhe des Teilwerts der Forderung. So kann es sich verhalten, wenn der Gesellschafter auf Rückgriffsansprüche gegenüber der Gesellschaft nach Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft für Verbindlichkeiten der Gesellschaft verzichtet. An einem derartigen Verzicht fehlt es jedoch, wenn der Gesellschafter die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, für die er sich verbürgt hat, unter Befreiung von Ersatzansprüchen übernimmt und ablöst. Die Verbindlichkeit ist dann von der Gesellschaft auszubuchen und gewinnneutral mit dem zu aktivierenden Freistellungsanspruch gegen den Gesellschafter infolge der Schuldübernahme aufzurechnen (Abgrenzung zum Beschluss des BFH vom 9.6.1997, GrS 1/94, BStBl II 1998, 307).

* Leitsatz nicht amtlich

 

Normenkette

§ 4 Abs. 1 Satz 5 EStG , § 415 Abs. 3 BGB , § 426 BGB , § 774 BGB

 

Sachverhalt

Es handelt sich um eine Nichtzulassungsbeschwerde Die Klägerin, die in den Jahren 1990 bis 1993 beträchtliche Verluste erwirtschaftet hat, wurde am 28.12.1993 aufgelöst. Liquidator wurde ihr seinerzeitiger Hauptgesellschafter, der seine Anteile am 31.5.1994 veräußerte.

Am 14.1.1994 traf der Gesellschafter mit der Klägerin eine Vereinbarung, wonach dieser sich verpflichtete, Bankschulden aus Kreditverbindlichkeiten der Klägerin i.H.v. 250 000 DM, für die er sich verbürgt hatte, zu übernehmen und hieraus keine Ersatzansprüche zu stellen. Am 26.10.1994 löste er diese Schulden gegenüber der Bank ab. Eine Bürgschaftsinanspruchnahme war bis dahin nicht erfolgt.

Das FA sah in dem Verzicht des Gesellschafters auf die Geltendmachung von Regressansprüchen eine verdeckte Einlage. Da die Regressforderung wertlos gewesen sei, sei bei der Klägerin in gleicher Höhe eine außerordentliche Vermögensmehrung eingetreten. Das FG bestätigte hingegen die Rechtsansicht der Klägerin. Infolge der Schuldübernahme durch den Gesellschafter am 14.1.1994 sei das Vermögen der Klägerin durch entsprechende Forderungen erhöht worden. Daraus ergebe sich aber kein außerordentlicher Ertrag, weil die Forderungen auf werthaltigen Einlagen in gleicher Höhe beruhten.

Aus dem (vorweggenommenen) Regressverzicht ergebe sich ebenfalls kein außerordentlicher Ertrag, weil die Klägerin durch Übernahme oder Tilgung der Verbindlichkeit endgültig von ihrer Verpflichtung befreit worden sei. Der Umstand der Bürgschaftsgewährung ändere daran nichts. Zu einem Forderungsübergang aus der Bürgschaft hätte es aufgrund dessen erst im Fall der Inanspruchnahme durch den Gläubiger kommen können, an der es aber fehle. Im Übrigen sei der Regressverzicht uno actu mit der Schuldübernahme erklärt worden, weshalb ein Ersatz- oder Rückgriffsanspruch überhaupt nicht habe entstehen können.

Mit seiner Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision vertrat das FA weiterhin die Ansicht, es handele sich tatsächlich nicht um eine Schuldübernahme, sondern um einen bloßen Schuldbeitritt, der bei Zusage noch nicht aktivierbar sei und deshalb noch keine verdeckte Einlage darstelle. Die dafür hinreichende Konkretisierung sei erst eingetreten, als festgestanden habe, welchen der Gesamtschuldner die Bank in Anspruch nehmen werde.

Außerdem verkenne das FG die Konsequenzen der Bürgschaftsübernahme: Auch wenn der Bürge freiwillig leiste, so leiste er doch auf diese Bürgschaft und erfülle diese, was wiederum sogleich einen entsprechenden Forderungsübergang auslöse (§ 774 BGB). Aber auch wenn er auf die übernommene Schuld und nicht auf die Bürgschaft gezahlt hätte, habe er gleichermaßen einen Ausgleichsanspruch gem. § 426 BGB gegen die Klägerin erworben. Auf die derart übergegangene Regressforderung sei sodann verzichtet worden.

Der Regressverzicht beziehe sich indes auf eine nach wie vor nicht werthaltige Forderung und er ziehe deshalb einen außerordentlichen Ertrag nach sich. Die Vorwegnahme des Verzichts ändere daran nichts; vor Entstehen der Rückgriffsforderung komme ein Verzicht nicht in Betracht. Die Nennwertverpflichtung gegenüber dem Kläger sei jedenfalls für eine juristische Sekunde zu passivieren gewesen, auch wenn sie anschließend sofort wieder untergegangen sein sollte.

 

Entscheidung

Der BFH ließ die Revision nicht zu. Ihn störte insbesondere nicht der Einwand des FA, dass die von den Beteiligten gewählte Gestaltung die Grundsätze des Großen Senats "aushebele". Steuervermeidende Gestaltungen seien zulässig.

 

Hinweis

Die steuerlichen Konsequenzen, die sich aus den Grundsätzen des Großen Senats des BFH zur verdeckten Einlage bei Kapitalgesellschaften infolge eines Forderungsverzichts ergeben, können hart sein: Beim verzichtenden Gesellschafter löst der Verzicht einen entsprechenden Zufluss aus, bei der Gesellschaft immer dann, wenn die Forderung nicht mehr werthaltig war, einen entsprechenden außerordentlichen Ertrag. Es verwundert deshalb nicht, wenn Mittel und Wege gesucht und empfohlen werden, wie s...

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