Leitsatz

Der Abzweigung des Kindergeldes nach § 74 Abs. 1 EStG steht nicht entgegen, dass das Kind minderjährig ist. Dies gilt zumindest für den Fall, dass für den Minderjährigen ein Vormund bestellt ist, dem auch die Vermögensfürsorge obliegt. Eine Abzweigung scheidet aus, wenn die von dem Kindergeldberechtigten erbrachten Unterhaltsbeiträge der Höhe nach dem Kindergeld entsprechen oder dieses übersteigen.

 

Sachverhalt

Der Mutter des im Jahre 1991 geborenen Sohnes (Kläger) wurde das elterliche Sorgerecht entzogen. Den Antrag des Vormunds auf Auszahlung des Kindergelds auf das Konto des Klägers lehnte die Familienkasse ab, da der Kläger minderjährig sei, im Haushalt der Mutter lebe und dadurch dem Kind in ausreihender Höhe Unterhalt gewährt werde. Im Klageverfahren macht der Vertreter des Klägers geltend, dass die Voraussetzungen für eine Abzweigung des Kindergelds vorlägen, da die Kindesmutter ihrer Unterhaltspflicht nicht in vollem Umfang nachgekommen sei.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des FG liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Abzweigung des Kindergelds nach § 74 Abs. 1 Sätze 1 und 3 EStG ab Dezember 2007 vor. Im Streitfall ist der Tatbestand des § 74 Abs. 1 Satz 3 EStG erfüllt. Diese Vorschrift setzt anders als Satz 1 keine Verletzung der Unterhaltpflicht voraus, sondern erfasst den Fall, dass der Kindergeldberechtigte wegen fehlender Leistungsfähigkeit entweder überhaupt keinen Barunterhalt oder einen niedrigeren Unterhalt als das Kindergeld zahlen muss. Weder nach dem Wortlaut des Gesetzes noch nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift steht der Abzweigung des Kindergeldes entgegen, dass der Kläger minderjährig ist. Da die Voraussetzungen des § 74 Abs. 1 Satz 1 EStG für eine Abzweigung erfüllt sind, hatte die Familienkasse das ihr in dieser Vorschrift eingeräumte Rechtsfolgeermessen, ob und ggf. in welcher Höhe das Kindergeld an den Kläger auszuzahlen ist, auszuüben. Da dies bisher nicht geschehen ist, hat das FG die Familienkasse zur Neubescheidung verpflichtet. Dabei hat die Familienkasse die Unterhaltsaufwendungen der Mutter zu bewerten und ist auf Grund dieses Urteils, an das die Beteiligten nach Eintritt der Rechtskraft gebunden sind, gehalten, von dem Vorliegen des Tatbestandsmerkmals des § 74 Abs. 1 Satz 3 EStG und von der Möglichkeit, Kindergeld an ein minderjähriges Kind abzuzweigen, auszugehen.

 

Hinweis

Das Urteil des FG Düsseldorf ist rechtskräftig geworden. Betroffene sollten daher in vergleichbaren Fällen unter Hinweis auf das vorstehende Urteil die Abzweigung des Kindergeldes nach § 74 Abs. 1 EStG beantragen.

 

Link zur Entscheidung

FG Düsseldorf, Urteil vom 31.07.2008, 14 K 272/08 Kg

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