Leitsatz

Der Vorsitzende und die Referenten des AStA sind Arbeitnehmer i.S.d. ESt-Rechts. Die an sie gezahlten Aufwandsentschädigungen sind als einkommensteuerpflichtiger Lohn zu behandeln.

 

Normenkette

§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 38 Abs. 3, § 41a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG, § 1 Abs. 2 S. 1, 2 LStDV

 

Sachverhalt

Die Klägerin, die Studentenschaft der Universität X, ist nach den einschlägigen Normen des Hessischen Hochschulgesetzes eine rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Klägerin, die sie vertretenden Organe – der AStA – sowie die dafür handelnden Personen (die Vorsitzenden und Referenten des AStA) waren auf der Grundlage der einschlägigen Satzung der Studentenschaft tätig.

Die Klägerin zahlte satzungsgemäß an die Vorsitzenden und Referenten des AStA monatliche Aufwandsentschädigungen, behielt hierfür jedoch keine LSt ein.

Das FA erließ gegen die Studentenschaft einen LSt-Haftungsbescheid (§ 42d EStG). Es vertrat hierbei die Auffassung, die an die AStA-Mitglieder gezahlten Aufwandsentschädigungen seien als steuerpflichtiger Arbeitslohn anzusehen. Es berücksichtigte allerdings jeweils 300 DM monatlich als nach § 3 Nr. 12 EStG steuerfreien Aufwandsentschädigung. Für die Differenzbeträge ermittelte es die LSt nach den persönlichen Merkmalen der einzelnen AStA-Mitglieder unter Anwendung der LSt-Klasse VI und rechnete dabei auch die bereits gezahlte LSt an.

Das FG wies die Klage ab (Hessisches FG, Urteil vom 14.03.2005, 10 K 2686/01, Haufe-Index 1458293, EFG 2005, 1866).

 

Entscheidung

Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Die Vorentscheidung sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das FG habe den Begriff des Arbeitnehmers – unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des BFH – zutreffend ausgelegt. Die Würdigung des FG, die Mitglieder des AStA seien als Arbeitnehmer anzusehen, lasse keinen Rechtsfehler erkennen. Die Höhe der gezahlten Beträge und der zeitliche Aufwand der AStA-Mitglieder sprächen gegen eine ehrenamtliche Tätigkeit.

 

Hinweis

1. Mit der Besprechungsentscheidung hat der BFH seine ständige Rechtsprechung zur Unterscheidung selbstständiger von nichtselbstständiger Arbeit ein weiteres Mal bestätigt. Wie schon mehrfach, zuletzt im Urteil vom 29.05.2008, VI R 11/07 (BFH-PR 2008, 423, – Haufe-Index 2020597 –; Telefoninterviewer) ausgeführt, lässt sich der steuerliche Arbeitnehmerbegriff nicht durch Aufzählung feststehender Merkmale abschließend bestimmen. Es handelt sich um einen offenen Typusbegriff, der nur durch eine größere und unbestimmte Zahl von Merkmalen beschrieben werden kann. Ob jemand eine Tätigkeit als Arbeitnehmer ausübt, ist deshalb jeweils im Einzelfall nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen. Die für und gegen ein Arbeits- bzw. Dienstverhältnis sprechenden Merkmale sind im konkreten Einzelfall jeweils zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Diese Aufgabe obliegt in erster Linie dem FG als Tatsacheninstanz und ist als eine vom Tatrichter getroffene Beurteilung revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbar.

2. Im Streitfall ging es um die Frage, ob die nach dem einschlägigen Hochschulrecht als rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts behandelte Studentenschaft einer Universität Arbeitgeber und die für sie tätigen Organe, der Allgemeine Studentenausschuss (AStA) sowie die dafür handelnden Personen – Vorsitzende und Referenten des AStA – Arbeitnehmer sein können. Dies hat der BFH im Einklang mit der Vorentscheidung bejaht.

Der BFH sah es insbesondere als entscheidend an, dass die AStA-Mitglieder (als Teil des Organs AStA) die Studentenschaft nach außen vertreten und vom Studentenparlament gewählt werden. Der AStA führt die Beschlüsse des Studentenparlaments aus und ist ihm gegenüber in allen grundlegenden Fragen weisungsgebunden und verantwortlich. Als Exekutivorgan der Studentenschaft ist der AStA mit der Bundesregierung oder einer Landesregierung vergleichbar, in deren Bereich es etwa für Bundeskanzler, Ministerpräsidenten und Minister auch unbestritten ist, dass sie steuerrechtlich als Arbeitnehmer gelten. Gleiches gilt für Vorstandsvorsitzende oder Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften. Nach alledem stehen die AStA-Mitglieder demnach in einem Dienstverhältnis zur Studentenschaft.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 22.07.2008, VI R 51/05

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