BMF, Schreiben v. 1.3.1994, IV C 5 - S 1300 - 49/94, BStBl I 1994, 203

Die Entlastung von deutscher Kapitalertragsteuer durch das Bundesamt für Finanzen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 FVG) bei Dividenden und bestimmten anderen Kapitalerträgen ist nach folgendem Verfahren durchzuführen:

 

1 Allgemeines

 

1.1 Grundlagen des Entlastungsverfahrens

Bei Dividenden und bestimmten anderen Kapitalerträgen (z. B. Erträgen aus Wandelanleihen, Gewinnobligationen, Genußrechten, typischen stillen Beteiligungen, partiarischen Darlehen) wird Kapitalertragsteuer in der Regel zum Satz von 25 v.H. oder 35 v.H. erhoben (§§ 43 und 43 a EStG). Ausländische Empfänger (Gläubiger) derartiger Kapitalerträge sind nach Maßgabe der DBA oder gemäß § 44 d EStG von dieser Abzugsteuer zu entlasten (Steuerbefreiung oder Steuerermäßigung). Rechtsgrundlage des Verfahrens ist § 50 d EStG.

 

1.2 Persönliche Abkommensberechtigung und ihr Nachweis

Abkommensberechtigt ist, wer im Abkommensstaat ansässig ist. Die Ansässigkeit richtet sich nach den Vorschriften des einzelnen DBA. Für die Frage, wem die Kapitalerträge zuzurechnen sind, ist das deutsche Recht maßgebend, sofern das betreffende DBA keine Sonderbestimmungen enthält. Anspruch auf Entlastung hat auch eine in einem anderen EG-Staat ansässige Muttergesellschaft i.S. von § 44 d Abs. 2 EStG.

Bei der Ansässigkeit handelt es sich um ein steuerrechtliches Merkmal, über dessen Voraussetzungen allein der Wohnsitzstaat verläßlich Auskunft geben kann. Die Ansässigkeit ist daher regelmäßig durch eine Bescheinigung der für den Gläubiger der Kapitalerträge zuständigen ausländischen Steuerbehörde auf dem Antragsvordruck nachzuweisen. Hierbei sowie beim Nachweis der sonstigen Voraussetzungen für die Abkommensberechtigung ist § 90 Abs. 2 AO zu beachten.

Der im Ausland ansässige Gläubiger der Kapitalerträge hat keinen Anspruch auf Entlastung nach den Abkommen, wenn diese Erträge seiner im Inland gelegenen Betriebsstätte oder festen Einrichtung zuzurechnen sind.

Einige DBA verlangen zusätzlich, daß die Einkünfte im Ansässigkeitsstaat steuerpflichtig sind und/oder dorthin überwiesen werden.

 

1.3 Verfahrensarten

 

1.3.1 Erstattungsverfahren (vgl. Tz. 2)

Bei diesem Verfahren wird die Kapitalertragsteuer zunächst vom inländischen Zahlungsverpflichteten (Schuldner) einbehalten und an das für ihn zuständige Finanzamt abgeführt. Das Bundesamt für Finanzen erstattet die zuviel gezahlte Steuer auf Antrag des Gläubigers. Für Erstattungen, die nicht auf einem DBA oder § 44 d EStG beruhen (z.B. Erstattung der Zinsabschlagsteuer, die trotz Ansässigkeit des Empfängers im Ausland einbehalten wurde), ist das Finanzamt zuständig, an das die Kapitalertragsteuer abgeführt worden ist.

Das Erstattungsverfahren ist stets zulässig, auch wenn ein anderes Verfahren (Freistellungsverfahren) möglich gewesen wäre. Bei Dividenden aus Streubesitz ist nur das Erstattungsverfahren möglich (vgl. im einzelnen Tz. 2), da hier in der Regel der Schuldner den Gläubiger nicht kennt.

 

1.3.2 Freistellungsverfahren (vgl. Tz. 3)

Bei diesem Verfahren darf der Schuldner unter bestimmten Voraussetzungen den Steuerabzug ganz oder teilweise unterlassen.

 

1.4 Gemeinsame Bestimmungen

 

1.4.1 Antragsberechtigter

Der Antrag auf Erstattung oder Freistellung ist vom Gläubiger zu stellen. Er kann vom Schuldner oder von einem Dritten gestellt werden, wenn der Gläubiger hierzu Vollmacht erteilt hat. Eine Vollmacht zur Stellung des Antrags kann vermutet werden, wenn der Schuldner oder der Dritte einen mit der amtlichen Ansässigkeitsbescheinigung versehenen Antrag vorlegt. Falls der Vergütungsschuldner oder ein Dritter die Erstattung der Kapitalertragsteuer auf ein anderes Konto als das des Gläubigers beantragt, ist eine ausdrückliche schriftliche Vollmacht des Gläubigers notwendig. Bei Gläubigern in den Vereinigten Staaten gilt Tz. 4.1 entsprechend.

 

1.4.2 Antragsfrist

Der Antrag ist innerhalb von vier Jahren zu stellen (vgl. § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO). Dies gilt auch, wenn ein DBA eine kürzere Frist vorsieht. Die Antragsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Kapitalertrag dem Gläubiger zugeflossen ist (vgl. § 170 Abs. 1 AO).

 

1.4.3 Antragstellung und Vordrucke

Anträge im Entlastungsverfahren sind beim Bundesamt für Finanzen, 53221 Bonn, nach amtlichem Muster zu stellen. Antragsvordrucke sind beim Bundesamt für Finanzen erhältlich.

 

1.4.4 Mißbrauch

Die Entlastung erfolgt nicht, wenn das DBA mißbräuchlich in Anspruch genommen wird (vgl. § 50 d Abs. 1 a EStG).

 

1.4.5 Informationsaustausch

Im Rahmen der internationalen Amtshilfe können Kontrollmitteilungen an den ausländischen Wohnsitz- oder Sitzstaat des Gläubigers übersandt werden.

 

2 Erstattungsverfahren

 

2.1 Anwendungsbereich

Bei Dividenden und bestimmten anderen Kapitalerträgen, die nach deutschem Recht der Kapitalertragsteuer unterliegen und nach Maßgabe des § 44 d EStG oder eines DBA zu entlasten sind, ist das Erstattungsverfahren möglich.

 

2.2 Erstattungsanspruch

Im Erstattungsverfahren wird der Unterschiedsbetrag zwischen der Steuer, die der Bu...

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