Lieferungen im Onlinehandel erfolgen lokal, grenzüberschreitend, an unternehmerische und nicht-unternehmerische Kunden sowie in vielen Produktsegmenten. Der Trend, sich an Logistikstrukturen diverser Marktplätze zu beteiligen (Stichwort: Fulfillment), sorgt für zusätzliche steuerliche Komplexität.

Wenig überraschend also, dass die Kommission kein Patentrezept zur Vermeidung ausländischer Registrierungspflichten gefunden hat. Stattdessen schlägt sie ein Paket aus Einzelmaßnahmen vor, um möglichst viele Anwendungsfälle abzudecken.

Umsatzsteuerliche Verbringungen

Die Tatsache, dass umsatzsteuerliche Warenverbringungen nicht über den OSS gemeldet werden können, hat im Online-Handel zu großer Enttäuschung geführt. Denn Warenverbringungen gehören für viele Händler zum Tagesgeschäft – und sind oft verantwortlich für die Aufrechterhaltung umsatzsteuerlicher Registrierungen. Hierzu enthält der VIDA-Vorschlag 2 Maßnahmen mit weitreichenden Konsequenzen für die Praxis:

  1. Ausweitung der Lieferkettenfiktion für innergemeinschaftliche Verbringungen

    Wird die Warenverbringung über eine elektronische Schnittstelle – z. B. einen Marktplatz oder eine Plattform – abgewickelt, soll künftig auch hier die Lieferkettenfiktion gem. Art. 14a MwStSystRL (umgesetzt in § 3 Abs. 3a UStG) gelten.

    Die fiktive innergemeinschaftliche Lieferung sowie der korrespondierende innergemeinschaftliche Erwerb würden durch die Schnittstelle erklärt. Eine Registrierungspflicht für den Händler würde entfallen.

  2. Einführung eines neuen OSS für innergemeinschaftliche Verbringungen

    Der Kommissionsvorschlag berücksichtigt auch die Fälle, in denen keine elektronische Schnittstelle eingebunden ist. Zunehmend nutzen Händler unabhängige Fulfillmentanbieter für den Verkauf über den eigenen Webshop. In diesen Fällen greift die o. g. Lieferkettenfiktion nicht.

    Für diese Fälle wird es nach dem im Vorschlag neu vorgesehenen Art. 369xa ff. MwStSystRL die Möglichkeit geben, die Umsätze in einem OSS für innergemeinschaftliche Verbringungen zu erfassen. Da über den OSS weiterhin keine Vorsteuer geltend gemacht werden kann, ist eine Steuerbefreiung für den fiktiven innergemeinschaftlichen Erwerb vorgesehen.

    Die Meldung von innergemeinschaftlichen Verbringungen im OSS soll unabhängig von den anderen Umsätzen erfolgen. Im Gegensatz zur derzeitigen EU-Regelung des OSS ist hierfür eine monatliche Meldung vorgesehen.

    Mithilfe dieser Maßnahmen könnten die Registrierungspflichten für Händler deutlich reduziert werden. Beide Regelungen sollen ab dem 1.1.2025 gelten.

 
Wichtig

Konsignationslagerregelung überflüssig

Da innergemeinschaftliche Verbringungen künftig keiner Registrierung mehr bedürfen, wird die Vereinfachungsregelung des § 6b UStG (Art. 17a MwStSystRL, Konsignationslagerregelung) überflüssig. Die als Quick Fix im Jahr 2020 eingeführte Regelung ist mit zahlreichen Anforderungen und praktischen Hürden verbunden.

Die derzeitige Regelung soll bis Ende 2024 auslaufen und ab 2025 nahtlos in die Neuregelung für innergemeinschaftliche Verbringungen übergehen. Lediglich die Aufzeichnungs- und Meldepflichten bleiben bis Ende 2025 bestehen, da die 12-Monatsfrist nach Belieferung von Warenlagern zu berücksichtigen ist.

Lokale Verkäufe aus einem Lager im EU-Ausland

Neben innergemeinschaftlichen Verbringungen führen auch lokale Verkäufe an Kunden aus einem Lager im EU-Ausland zu Registrierungs- und Meldepflichten. Auch für diese Transaktionen – und darüber hinaus – soll es eine Kombination von Maßnahmen geben, die die Anwendungsfälle für Registrierungspflichten im Ausland deutlich reduzieren.

  1. Marktplatz – Ausweitung der Lieferkettenfiktion

    Die wohl größte Auswirkung auf die umsatzsteuerlichen Meldepflichten wird die geplante Neuregelung der Lieferkettenfiktion haben. Die bisherige Regelung in Art. 14a Abs. 2 MwStSystRL (umgesetzt in § 3 Abs. 3a Satz 1 UStG) fingiert ein Reihengeschäft, wenn:

    • ein im Drittland ansässiger Unternehmer
    • Ware innerhalb des Gemeinschaftsgebiets
    • über eine elektronische Schnittstelle
    • an Privatabnehmer liefert.

    Diese Regelung soll künftig unabhängig von der Ansässigkeit des Händlers und dem Status des Abnehmers gelten. Das bedeutet: Die Lieferkettenfiktion greift immer dann, wenn

    • Ware innerhalb des Gemeinschaftsgebiets
    • über eine elektronische Schnittstelle

    geliefert wird. Das bedeutet aber auch, dass Händler weiterhin Ausfuhrlieferungen deklarieren müssen.

    Trotzdem wird die Übertragung der Steuerpflicht erheblich ausgeweitet. Diese Regelung dürfte speziell kleinere Marktplätze vor Herausforderungen stellen. Denn die Vielzahl der steuerlichen Anforderungen, denen Händler bisher ausgesetzt waren, konzentriert sich nun bei den Marktplätzen und Plattformen. Deutlich vereinfacht wird dagegen die steuerliche Meldepflicht für Händler: Die Lieferung an die elektronische Schnittstelle stellt immer eine steuerfreie Lieferung dar.

    Eine Ausnahme von der Lieferkettenfiktion sieht der geplante Art. 14 Abs. 4 MwStSystRL für Marktplätze, Plattformen etc. vor, die nur in einem Mitgliedstaat ansässig sind ...

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