1. Überblick

 

Rn. 997

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Nach § 9 Abs 6 S 1 EStG sind Aufwendungen des StPfl für seine Berufsausbildung oder für sein Studium nur dann WK, wenn der StPfl zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat oder wenn die Berufsausbildung oder das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.

Nach der Rspr des BFH ist unter Berufsausbildung die Ausbildung zu einem künftigen Beruf zu verstehen. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet. Der Vorbereitung auf ein Berufsziel dienen alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind (BFH v 09.06.1999, VI R 33/98, BStBl II 1999, 701; BFH v 04.12.2002, VI R 120/01, BStBl II 2003, 403; BFH v 27.10.2011, VI R 52/10, BStBl II 2012, 825; BFH v 17.07.2014, VI R 38/12).

 

Rn. 998

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

§ 9 Abs 6 S 2 EStG definiert eine Erstausbildung nun als eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bei vollzeitiger Ausbildung und mit einer Abschlussprüfung. Eine geordnete Ausbildung liegt gemäß § 9 Abs 6 S 3 EStG dabei vor, wenn sie auf der Grundlage von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder internen Vorschriften eines Bildungsträgers durchgeführt wird. Gehört zu der Berufsausbildung ein formaler Abschluss durch eine Prüfung, ist auch dieser noch Teil der Berufsausbildung und erst mit deren Bestehen die Berufsausbildung abgeschlossen (BFH v 12.02.2020, VI R 17/20, BStBl II 2020, 719).

Ist eine Abschlussprüfung nach dem Ausbildungsplan nicht vorgesehen, gilt die Ausbildung mit der tatsächlichen planmäßigen Beendigung als abgeschlossen (§ 9 Abs 6 S 4 EStG). Eine Berufsausbildung als Erstausbildung hat nach § 9 Abs 6 S 5 EStG auch abgeschlossen, wer die Abschlussprüfung einer durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften geregelten Berufsausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bestanden hat, ohne dass er zuvor die entsprechende Berufsausbildung durchlaufen hat. Die Auslegung der in § 32 Abs 4 S 2 EStG verwendeten Tatbestandsmerkmale erstmalige Berufsausbildung und Erststudium im Kindergeldrecht (s dazu BFH v 11.12.2018, III R 26/18, BStBl II 2019, 765 und BFH v 22.05.2019, III R 69/18) ist für die Auslegung des § 9 Abs 6 EStG nicht von Bedeutung (BFH v 12.02.2020, VI R 17/20, BStBl II 2020, 719).

Mit dieser Regelung schränkt der Gesetzgeber den Abzug von Ausbildungskosten ein, indem er eine zuvor abgeschlossene Erstausbildung fordert. Alternativ lässt er aber Ausbildungskosten zum Abzug zu, wenn die Berufsausbildung oder das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. Das Ausbildungsdienstverhältnis wird insoweit weiterhin der Erwerbssphäre zugeordnet (Oertel in Kirchhof/Seer, § 9 EStG Rz 146 (21. Aufl)).

 

Rn. 999

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Aufwendungen für eine weitere Ausbildung, auch in Form eines Studiums im Anschluss an eine erstmalige Berufsausbildung, sind wie bisher als WK zu berücksichtigen, sofern ein Veranlassungszusammenhang mit einer späteren Einkünfteerzielung besteht (Krüger in Schmidt, § 9 EStG Rz 343).

2. Erstausbildung

 

Rn. 1000

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Gemäß der Definition der Erstausbildung in § 9 Abs 6 S 2 EStG setzt diese sowohl eine geordnete Ausbildung als auch eine Abschlussprüfung voraus.

Ausnahmsweise kann in den Fällen von § 9 Abs 6 S 4 u 5 EStG entweder die reine Ausbildung genügen (weil keine Abschlussprüfung vorgesehen ist) oder das bloße Bestehen einer Abschlussprüfung ohne vorheriges Durchlaufen der Ausbildung. Hiermit sollen StPfl, die nach § 45 Abs 2 BBiG, § 37 Abs 2 HwO oder entsprechenden landesrechtlichen Regelungen als "Externe" zur Abschluss-/Gesellenprüfung zugelassen werden, diese bestehen und mit diesem Schritt ihre berufliche Perspektive verbessern, für steuerliche Zwecke genauso behandelt werden, als hätten sie zuvor die entsprechende Berufsausbildung durchlaufen (BT-Drucks 18/3017, 43). Dies rechtfertigt sich dadurch, dass die Zulassung zur Abschlussprüfung regelmäßig eine längere berufspraktische Tätigkeit voraussetzt, in der die erforderlichen Kenntnisse, Fertigkeiten und Befähigungen erworben wurden.

§ 9 Abs 6 S 2 EStG ist dabei eine Reaktion auf die Rspr des BFH (BFH v 27.10.2011, VI R 52/10, BStBl II 2012, 825für Rettungssanitäter; BFH v 28.02.2013, VI R 6/12, BStBl II 2015, 280für Flugbegleiter), wonach der einkommensteuerrechtliche Begriff der Berufsausbildung kein Berufsausbildungsverhältnis nach dem BBiG und keine bestimmte Ausbildungsdauer voraussetze (BT-Drucks 18/3017, 43). Eine Berufsausbildung als Erstausbildung muss daher zum einen nunmehr für eine gewisse Dauer angelegt sein. Die Dauer von 12 Monaten soll nach BT-Drucks 18/3441, 56 dabei insbesondere gewährleisten, dass hierzu nicht nur eine Ausbildung iSd BBiG zählt, sondern auch kürzere Ausbildungen (zB als Helferinnen und Helfer im Gesundheits- und Sozialwesen). "Vollzeit" heißt in diesem Zusamm...

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