Rn. 1330

Stand: EL 133 – ET: 01/2019

Der eigentliche Problembereich der Rechtsnorm liegt in der "selbstständigen Nutzungsfähigkeit" und damit in den Abgrenzungsregeln des § 6 Abs 2 S 2 u 3 EStG. Diese Vorschriften sollen verhindern, dass der StPfl zur Gewährleistung der Sofortabschreibung ein einheitliches WG etwa bei der Anschaffung (insb) künstlich in verschiedene Bestandteile "zerlegt" (etwa durch Veranlassung einer separaten Abrechnung). Nach st Rspr hängt die selbstständige Nutzungsfähigkeit davon ab,

Entscheidend für die Zweckbestimmung ist die konkrete betriebliche Verwendung im einzelnen Betrieb durch den StPfl (zB BFH v 11.11.2003, III B 31/03, BFH/NV 2004, 369). Nicht entscheidend sind dabei die Verkehrsauffassung oder Sicht des Kunden (vgl BFH v 20.11.2003, B 37/03, BFH/NV 2004, 370).

 

Rn. 1331

Stand: EL 133 – ET: 01/2019

Das erforderliche Tatbestandsmerkmal der selbstständigen Nutzung umschreibt § 6 Abs 2 S 2 EStG negativ; danach liegt eine solche selbstständige Nutzungsfähigkeit nicht vor, wenn

  • das WG nach seiner betrieblichen Zweckbestimmung nur zusammen mit anderen WG des AV genutzt werden kann und
  • die in den Nutzungszusammenhang eingefügten WG technisch aufeinander abgestimmt sind.

Nach Auffassung des BFH ist die erstgenannte Voraussetzung erfüllt, wenn das WG mit anderen WG nach außen als sog einheitliches Ganzes in Erscheinung tritt. Denn in diesem Fall verliert es trotz seiner grds selbstständigen Nutzbarkeit allein durch den Zusammenhang mit den anderen WG als einheitliches Ganzes seine Selbstständigkeit (BFH v 21.12.1990, III B 501/90, BFH/NV 1991, 484). Ein einheitliches Ganzes idS liegt vor, wenn die WG durch eine Verbindung oder Verzahnung derart miteinander verflochten sind, dass eine Heraustrennung der einzelnen WG als Bestandteile der Ganzheit aus dieser zum Verlust der Nutzbarkeit des einheitlichen Ganzen führen würde. Eine tatsächliche, feste Verbindung der WG ist nicht notwendig (zB Funkmaus bei PC).

Aus dieser Überlegung lässt sich auch das Teil-Kriterium der technischen Abgestimmtheit ableiten. Diesem kommt als eigenständiges Tatbestandsmerkmal indizielle Bedeutung für die Frage der selbstständigen Nutzungsfähigkeit zu. Bleibt das WG trotz technischer Abstimmung selbstständig nutzbar, liegt kein einheitliches Ganzes vor (zB abgestimmter Computerarbeitsplatz, Rollcontainer u Schreibtisch). Zugleich bleiben WG (wie zB Paletten oder Einrichtungsgegenstände), die nach ihrer betrieblichen Zweckbestimmung nur zusammen mit anderen WG genutzt werden können, selbstständig nutzungsfähig, wenn sie nicht technisch mit diesen WG abgestimmt sind (R 6.13 Abs 1 S 4 EStR). Technische Abstimmung ist zB nicht gegeben bei Automaten und den sie tragenden Wänden. In diesen Fällen liegt lediglich eine handwerkliche Verbindung vor, s Kleinle/Dreixler in H/H/R, § 6 EStG Rz 1026f (Mai 2017).

 

Rn. 1332

Stand: EL 133 – ET: 01/2019

Diese Negativkriterien gelten nach § 6 Abs 2 S 3 EStG auch, wenn das WG aus einem betrieblichen Nutzungszusammenhang gelöst und in einen anderen eingefügt werden kann. Trotz bestehender Austauschmöglichkeiten sind aufgrund dieser Regelung zB Elektromotoren oder Werkzeuge an Maschinen, der Heizkörper einer Heizungsanlage, Nebenuhren einer Uhrenanlage, der Feuermelder einer Meldeanlage, Fernsprechapparate einer Fernsprechanlage, Sirenen einer Warnanlage, Lautsprecher einer Rufanlage, stationäre Mess- und Zählgeräte und Drucker, Tastatur oder Maus einer Computeranlage nicht selbstständig nutzungsfähig (Kleinle/Dreixler in H/H/R, § 6 EStG Rz 1030 (Mai 2017)).

 

Rn. 1333

Stand: EL 133 – ET: 01/2019

Bei dieser abstrakten Umschreibung erschließt sich der Inhalt aus Sicht der Anwendungspraxis nur durch Fallbeispiele aus der Rspr und dem Schrifttum. Eine umfassende Auflistung enthält zB H 6.13 EStH 2017 "Selbstständige Bewertbarkeit bzw Nutzungsfähigkeit" sowie zB Korn/Strahl in Korn, § 6 EStG Rz 465 (Februar 2017); bei H/H/R, § 6 EStG Rz 1300 (Mai 2017); Ehmcke in Blümich, § 6 EStG Rz 1170 (November 1017); Horlemann, DStR 1985, 22, 29. Von besonderer Bedeutung sind insb folgende Sachverhalte:

  • Aktenregale sind selbstständig nutzbar (BFH III R 43/98, BStBl II 2002, 100).
  • Beleuchtungsanlagen sind entweder Bestandteil des Gebäudes oder einer Betriebsvorrichtung "Beleuchtungsanlage" etwa in einem Warenhaus (BFH BStBl II 1974, 353); in beiden Fällen ist keine selbstständige Nutzungsmöglichkeit gegeben.
  • Bücher einer Fachbibliothek sind selbstständig nutzbar (FG Köln FR 1999, 847).
  • Computerteile (Drucker, Rechner, Tastatur, Monitor, Maus, Speicherplatten et...

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