Rn. 48

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

In seiner jetzigen Fassung lässt § 50d Abs 1 S 11 EStG sowohl systematische als auch praktische Fragen offen (kritisch zB Gosch in Kirchhof, § 50d EStG Rz 10b, 19. Aufl; Salzmann, IWB 2012, 359; Lüdicke, IFSt 2012, Schrift Nr 480, 56f). Ungeklärt ist beispielsweise das Verhältnis zu den auf Abkommensebene vereinbarten Regelungen zur Behandlung subjektiver Zurechnungskonflikte (zB Art 1 Abs 7 DBA-USA sowie die in der Anlage zu BMF v 26.09.2014, BStBl I 2014, 1258 aufgeführten Sonderregelungen). Richtigerweise ist abkommensrechtlichen Spezialregelungen Vorrang einzuräumen, wie dies auch in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 17/13 033, 72) zum Ausdruck gebracht wurde. Von Bedeutung ist dies insb bei der materiell-rechtlichen Auslegungsvariante, die in die abkommensrechtliche Einkunftszurechnung eingreift (dazu im Einzelnen Kempf/Loose/Oskamp, IStR 2017, 735 mwN; Link, SAM 2019, 65; Salzmann, IWB 2012, 359).

 

Rn. 49

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

Praktisch wird von Seiten der FinVerw zu klären sein, welche Nachweise für die Zurechnung der Einkünfte nach ausländischem Steuerrecht zu einer vom Vergütungsgläubiger abweichenden Person notwendig sind bzw wie mit Steuerbescheinigungen umzugehen ist, die bislang auf den nach innerstaatlichem deutschem Recht zu qualifizierenden StPfl ausgestellt werden, während der abkommensrechtliche Erstattungsanspruch uU nach § 50d Abs 1 S 11 EStG einer anderen Person zugewiesen wird (zB bei Intransparenz nach deutscher Wertung und Transparenz nach Wertung des Sitzstaates, s Rn 75; hierzu auch Hagena/Klein, ISR 2013, 267/269).

 

Rn. 50

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

Offen und systematisch am schwerwiegendsten ist, ob § 50d Abs 1 S 11 EStG über die rein verfahrensrechtliche Regelung des Erstattungsanspruchs in der Inbound-Situation hinaus weitere Auswirkungen auf die innerstaatliche Einkunftszurechnung hat. In der Rolle als Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters einer ausländischen Mitunternehmerschaft wird für Zwecke der Abkommensanwendung von der Rspr bislang strikt die deutsche Sichtweise angewendet, ohne danach zu differenzieren, ob der Ansässigkeitsstaat der PersGes diese als intransparente und damit abkommensberechtigte Person behandelt (sog anwenderstaatsorientierte Auslegung im Gegensatz zur abkommensorientierten Auslegung, vgl BFH v 25.05.2011, BFH/NV 2011, 1602 mwN; Gosch, ISR 2013, 87). Eine unterschiedliche Behandlung des Inbound-Falls und des Outbound-Falls lässt sich systematisch kaum rechtfertigen, dies hat der BFH in seinem Urteil v 26.06.2013 (BFH BStBl II 2014, 367) zur abkommensrechtlichen Entlastungsberechtigung einer S-Corporation, die in den USA transparent, nach deutscher Rechtswertung jedoch intransparent ist, denn auch bestätigt (hierzu im Einzelnen Kempf/Loose/Oskamp, IStR 2017, 735 mwN; Link, SAM 2019, 65; Jacob/Klein, IStR 2014, 121). Allerdings erging diese Entscheidung zur Rechtslage vor Einführung des § 50d Abs 1 S 11 EStG, so dass die Reichweite der Regelung höchstrichterlich noch ungeklärt ist.

UE sprechen die überzeugenderen Argumente für eine nur verfahrensrechtliche Wirkung des § 50d Abs 1 S 11 EStG: Nach ihrem Wortlaut stellt die Norm auf einen bestehenden abkommensrechtlichen Entlastungsanspruch ab, lediglich dessen Geltendmachung wird auf eine andere Person verlagert (sog derivativer Entlastungsanspruch). Angesiedelt ist die Regelung in § 50d Abs 1 EStG, einer Norm, die grundsätzlich lediglich die verfahrensrechtliche Abwicklung von Entlastungsansprüchen aus einem DBA oder den §§ 43b u 50g EStG zum Gegenstand hat. Für eine weiterreichende materiell-rechtliche Wirkung iS einer Überschreibung der anwenderstaatsorientierten Abkommensauslegung wäre uE eine entsprechende Formulierung im Gesetzestext notwendig gewesen (hM zB Gosch in Kirchhof, § 50d EStG Rz 10b, 19. Aufl; Wagner in Blümich, § 50d EStG Rz 34, Juli 2020; Loschelder in Schmidt § 50d EStG Rz 38, 39. Aufl; Kahlenberg, IStR 2016, 834; Kempf/Loose/Oskamp, IStR 2017, 735; Viebrock/Loose/Oskamp, Ubg 2013, 485; Scheuch/Schiefer, Ubg 2016, 263; zweifelnd Klein/Hagena in H/H/R, § 50d EStG Rz 24, Dezember 2020; Kopec/Rothe, IStR 2015, 372; aA Frotscher in Frotscher/Geurts, § 50d EStG Rz 33o, Juni 2020; BMF v 26.09.2014, BStBl I 2014, 1258, Tz 2.1.2).

 

Rn. 51–55

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vorläufig frei

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