daa) Abgrenzung

 

Rn. 431

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen, tritt gemäß § 158 Abs 1 BGB die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung erst mit Eintritt der Bedingung ein. Mit der Vereinbarung einer Bedingung knüpfen die Vertragsparteien rechtsgeschäftliche Wirkungen an ein zukünftiges Ereignis, dessen Eintritt als solches oder dessen Eintrittszeitpunkt objektiv ungewiss ist. Während der Schwebezeit sind die Vertragsparteien an die §§ 160ff BGB gebunden, durch die sichergestellt wird, dass im Falle des Bedingungseintritts der mit dem Rechtsgeschäft bezweckte Erfolg erreicht wird; diese treffen Regelungen insbesondere zur Haftung sowie zur Verhinderung oder Herbeiführung des Bedingungseintritts wider Treu und Glauben.

 

Beispiele Veräußerung unter aufschiebender Bedingung:

  • Optionsgeschäfte: Im Rahmen einer Kaufoption erwirbt der Inhaber das Recht, ein bestimmtes WG (Basiswert) zu einem bestimmten Preis (Basispreis) zu einem bestimmten Termin (oder innerhalb einer bestimmten Frist) zu erwerben. Im Rahmen einer Verkaufsoption erwirbt der Inhaber das Recht, einen bestimmten Basiswert zu einem bestimmten Preis zu einem bestimmten Termin (oder innerhalb einer bestimmten Frist) zu verkaufen. Der Kaufvertrag steht jeweils unter der aufschiebenden Bedingung, dass der Optionsinhaber sein Recht ausübt, was er nur tun wird, wenn sich der Wert des Basiswerts zu seinen Gunsten entwickelt (dh im Fall der Kaufoption über den Basispreis gestiegen, im Fall der Verkaufsoption gefallen ist).
  • Finanzierungsvorbehalt: Veräußerung unter der aufschiebenden Bedingung, dass der Erwerber ein Finanzierungsdarlehen erhält;
  • Kartellrechtlicher Genehmigungsvorbehalt: Veräußerung unter der aufschiebenden Bedingung der Genehmigung durch das Bundeskartellamt;
  • Zustimmungsvorbehalt eines Gläubigerausschusses: Veräußerung unter der aufschiebenden Bedingung der Genehmigung durch den Gläubigerausschuss bei Erwerb von einem insolventen Unternehmen;
  • Gremienvorbehalt: Veräußerung unter der aufschiebenden Bedingung der Genehmigung durch Organe des Veräußerers.

dab) Zurechnungswechsel

 

Rn. 432

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Grundsatz: Bei Veräußerung unter aufschiebender Bedingung erfolgt der Zurechnungswechsel im Grundsatz erst mit Bedingungseintritt (BFH vom 26.06.2009, IV R 3/07, BStBl II 2010, 182). Zuvor erfolgt weder ein Gefahrenübergang noch ist im Regelfall von Besitz in Erwartung des Eigentumserwerbs auszugehen.

Relevanz der Bedingungsgehalts: Die Rspr differenziert – zT WG-spezifisch – weiter nach dem konkreten Inhalt der aufschiebenden Bedingung sowie danach, in wessen Machtbereich es liegt, den Bedingungseintritt herbeizuführen. Der Eintritt der Bedingung iS § 158 BGB kann abhängen

(1) vom Eintreten/Nichteintreten eines gänzlich willens-/handlungsunabhängigen Ereignisses,
(2) vom Willen/Handlungen Dritter,
(3) vom Willen/Handlungen des Veräußerers,
(4) vom Willen/Handlungen des Erwerbers oder
(5) von einem Konglomerat aus (1) bis (4).

Mit Ausnahme des Falls (4), der den Bedingungseintritt allein in den Machtbereich des Erwerbers stellt, wird der Zurechnungswechsel jeweils durch die aufschiebende Bedingung gehindert, da der (potenzielle) Erwerber in diesen Fällen selbst nicht in der Lage ist, den Veräußerer als Eigentümer von der Einwirkung auf das jeweilige WG dauerhaft auszuschließen. Daher wird zB ein vorzeitiger Zurechnungswechsel verneint, wenn die Wirksamkeit eines Kaufvertrages unter der aufschiebenden, objektiv unsicheren Bedingung der Genehmigung durch das Bundeskartellamt steht, da der Erwerber zuvor nicht über eine rechtlich geschützte, auf Erwerb gerichtete Rechtsposition verfügt, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann (BFH vom 25.06.2009, IV R 3/07, BStBl II 2010, 182; BFH vom 26.09.2018, I R 16/16, BStBl II 2020, 206). Gleiches gilt zB für Gremienvorbehalte zugunsten eines Organs des Veräußerers (ADS, § 246 HGB Rz 245f (6. Aufl 1998); Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, § 301 Rz 20 (14. Aufl 2022); DRS 19.106e) oder Zustimmungsvorbehalte Dritter wie Gläubigerausschüssen.

Liegt allerdings eine aufschiebende Bedingung vor, deren Eintritt zwar nicht allein vom Willen des Erwerbers abhängig, aber deren Eintritt objektiv sicher ist (unechte aufschiebende Bedingung), kann die personelle Zurechnung vorbehaltlich des ebenfalls vorzeitigen Übergangs der jeweils WG-spezifischen zurechnungsrelevanten Herrschaftsbefugnisse bereits auf den Erwerber wechseln. Dies ist etwa der Fall, wenn der Erwerber auf Handlungen Dritter oder des Veräußerers einen Anspruch hat (Kleinheisterkamp/Schell, DStR 2010, 835 f; Bsp BFH vom 22.06.2017, IV R 42/13, BFH/NV 2018, 265 vorzeitiger Zurechnungswechsel eines Mitunternehmeranteils an einer GmbH & Co KG, der unter aufschiebender Bedingung der Genehmigung durch die Komplementärin stand, welche diese nur aus wichtigem Grund versagen konnte; ebenso FG Hamburg vom 21.07.2020, 2 K 206/17, EFG 2020, 1673).

Ist der Bedingungseintritt dagegen allein vom Willen/Handlungen...

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