Rn. 1656a

Stand: EL 168 – ET: 10/2023

Es sind ausschließlich im betrieblichen Bereich anfallende Schuldzinsen betroffen, da der durch das StEntlG 1999/2000/2002 in § 9 Abs 5 EStG eingeführte Verweis auf die Anwendbarkeit des § 4 Abs 4a EStG durch das StBereinG 1999 wieder gestrichen worden ist. Demzufolge ist zunächst zu prüfen, ob der die Schuldzinsen verursachende Kredit nach den von der Rspr (BFH BStBl II 1990, 817; 1998, 193; 1999, 353; BFH/NV 1999, 770) aufgestellten Grundsätzen entnahmebedingtes PV ist und der Abzug der Schuldzinsen als BA schon deswegen nicht in Frage kommt.

Der Schuldzinsenabzug wird somit bei den Überschusseinkunftsarten nicht entsprechend § 4 Abs 4a EStG eingeschränkt.

Die Beschränkung des Schuldzinsenabzugs gilt für die Gewinnermittlung gemäß § 5 EStG und § 4 Abs 1 EStG und ist gemäß § 4 Abs 4a S 6 EStG sinngemäß bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG anzuwenden (BFH BStBl II 2022, 662; BFH/NV 2011, 1669). Da Grundlage für die Ermittlung des Entnahmesaldos die Bilanz ist (vgl Korn/Strahl, KÖSDI 12 281), müssen bei der Einnahme-Überschussrechnung die Entnahmen und Einlagen gesondert aufgezeichnet werden (§ 4 Abs 4a S 6 Hs 2 EStG). Überentnahmen sind bei Einnahmenüberschussrechnern nicht auf die Höhe eines niedrigeren negativen Kapitalkontos zu begrenzen, das zum Ende des jeweiligen Gewinnermittlungszeitraums nach bilanziellen Grundsätzen vereinfacht ermittelt wird (BFH BStBl II 2022, 662).

Nur ausschließlich betrieblich veranlasste Schuldzinsen werden von der gesetzlichen Neuregelung erfasst. Danach ist im Rahmen eines zweistufigen Verfahrens

  • zunächst nach dem Veranlassungsprinzip zu prüfen, ob der die Schuldzinsen auslösende Zahlungsvorgang betrieblich veranlasst ist und es sich somit um BA handelt oder ob eine private Veranlassung vorliegt und es sich somit um Entnahmen handelt.
  • In einem zweiten Schritt soll dann geprüft werden, ob der BA-Abzug im Hinblick auf Überentnahmen eingeschränkt ist (BFH BStBl II 2006, 504; 2010, 1041, 2018, 744; 2022, 662;BFH/NV 2007, 416; 2012, 1418; 2022, 1045).

Ob diese Auffassung aus der gesetzlichen Stellung der Vorschrift abgeleitet werden kann (so Meurer in Lademann, § 4 EStG Rz 656c (1)), dürfte mE zweifelhaft sein, da bei einer eindeutigen Beschränkung auf BA eine Eingliederung der Vorschrift in § 4 Abs 5 EStG sinnvoll und systematisch richtig gewesen wäre. Die herausgehobene Stellung als gesonderter Absatz und der Gesetzestext sprechen vielmehr für eine allgemeine Regelung zum Schuldzinsenabzug im betrieblichen Bereich, die eine Aufteilung nach dem Veranlassungsprinzip erübrigt. Es handelt sich somit um eine Sonderregelung für alle entnahmebedingten Schuldzinsen, die als lex specialis der Generalregelung in § 4 Abs 4 EStG vorgeht (wie zB Zinszahlenstaffelmethode) und künstliche Kontenkonstruktionen überflüssig macht (vgl Duske, DStR 2000, 906; Wieczorek, Stbg 2000, 301; Franz/Seitz, Stbg 2000, 97; aA BFH BStBl II 2006, 125); insbesondere Groh, DStR 2000, 105, weist darauf hin, dass das auf dem Veranlassungsprinzip beruhende Konzept der Rspr nicht mit dem des § 4 Abs 4 EStG vereinbar ist.

Der Schuldzinsenbegriff ist in § 4 Abs 4a EStG nicht definiert. Der BFH übernimmt aber für Zwecke des begrenzten Schuldzinsenabzugs nach § 4 Abs 4a EStG die weite Auslegung des Schuldzinsenbegriffs, wie sie sonst im Ertragssteuerrecht greift. Danach sind alle Leistungen in Geld oder Geldeswert, die ein Schuldner für die Überlassung (Nutzung) von Kapital an den Gläubiger zu erbringen hat und darüber hinaus alle Aufwendungen zur Erlangung oder Sicherung eines Kredits, dh Kosten, die bei wirtschaftlicher Betrachtung des Vorgangs als Vergütung für die Überlassung von Kapital angesehen werden können, Schuldzinsen (BFH BStBl II 2023, 116 mwN; BFH BFH/NV 2022, 713).

Provisionen und Gebühren für ein Aval (eine Bürgschaft) zählen jedenfalls dann zu den Schuldzinsen im Sinne von § 4 Abs 4a S 1 EStG, wenn hierdurch die Rückzahlung von FK, das dem Schuldner zeitweise zur Nutzung überlassen wurde, gesichert wird (BFH BStBl II 2023, 116). Dagegen sind "Arrangement Fee" (einmalige Gebühr für die Vermittlungstätigkeiten des Konsortialführers eines Bankenkonsortiums bzw eines Mandated Lead Arranger bis zum Abschluss des Kreditvertrags) und "Agency and Security Agency Fee" (jährliche, sich am Kreditvolumen orientierende Verwaltungsgebühren) keine Zinsaufwendungen (BFH vom 22.03.2023 XI R 45/19).

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