1. Grundkonzeption der Vorschrift

 

Rn. 1

Stand: EL 147 – ET: 11/2020

Nach dem Grundgedanken des § 3c Abs 1 EStG können Ausgaben, soweit diese im wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen, nicht abgezogen werden (sog Korrespondenzprinzip). § 3c Abs 1 EStG kodifiziert ein Abzugsverbot für BA und WK für alle Einkunftsarten zur Vermeidung eines doppelten Steuervorteils. Einen finalen oder zeitlichen Zusammenhang verlangt die Rspr nicht. Entfallen beabsichtigte Einnahmen, schließt § 3c Abs 1 EStG (in Abgrenzung zu § 3c Abs 2 EStG) den Abzug vergeblicher WK/BA nicht aus (BFH v 16.02.1995, IV R 27/94, BStBl II 1995, 895; Levedag in Schmidt, § 3c EStG Rz 9, 39. Aufl).

 

Rn. 2

Stand: EL 147 – ET: 11/2020

Die anteilige Steuerbefreiung im Teileinkünfteverfahren basiert auf der Betrachtung der KapGes und ihrem Anteilseigner als "wirtschaftliche Einheit" und trägt der steuerlichen Vorbelastung von Gewinnausschüttungen auf Ebene der Körperschaft Rechnung (s Stiller, StuW 2011, 76). Hierbei ist zwischen kstpfl und estpfl Anteilseignern zu unterscheiden. Ist eine Körperschaft an einer anderen Körperschaft beteiligt, bleiben die von der Körperschaft ausgeschütteten Gewinne bei ihrem Anteilseigner grundsätzlich steuerfrei, wobei 5 % als nicht abzugsfähige BA fingiert werden, § 8b Abs 1, 5 KStG. Bei einem estpfl Anteilseigner greift die sog AbgSt mit dem ermäßigten Steuersatz des § 32d Abs 1 EStG (Beteiligung im PV) oder das Teileinkünfteverfahren gemäß § 3 Nr 40 EStG (Beteiligung im BV oder durch Antrag gemäß § 32d Abs 2 Nr 3 EStG), wonach 40 % der Beteiligungserträge steuerfrei gestellt werden (bis VZ 2008 50 % (Halbeinkünfteverfahren)).

Da Gewinne einer Körperschaft nicht nur durch Ausschüttungen, sondern wirtschaftlich auch durch den Verkauf der Beteiligung dem Anteilseigener zufließen können, gilt die Steuerfreistellung gemäß § 8b KStG sowie die AbgSt oder das Teileinkünfteverfahren auch für Gewinne aus Anteilsveräußerungen. Hieraus ist ersichtlich, dass diese (pauschalen) Entlastungsmittel keine echten Steuerbegünstigungen darstellen. Vielmehr soll hiermit sichergestellt werden, dass Beteiligungserträge im Ergebnis nur einmal belastet werden (s Gesetzesbegründung zum StSenkG, BT-Drucks 14/2683, 94 ff; hierzu auch BFH v 19.06.2007, VIII R 69/05, BStBl II 2008, 551). Im Gegenzug zur 40 %igen "Steuerfreistellung" iRd Teileinkünfteverfahrens regelt die Vorschrift des § 3c Abs 2 EStG, dass die mit Einnahmen iSv § 3 Nr 40 EStG zusammenhängenden BA nur zu 60 % abziehbar sind. Die mit laufenden Gewinnausschüttungen oder Veräußerungserlösen im wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden BA sollen dem Teilabzugsverbot unterliegen (zur Verfassungsmäßigkeit s Rn 5).

 

Rn. 3

Stand: EL 147 – ET: 11/2020

§ 3c Abs 3 EStG regelt, dass in den Fällen, in denen § 3 Nr 70 EStG zur Anwendung kommt (zB hälftige Steuerbefreiung des Veräußerungsgewinns an REIT-AG), die damit im wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden BA oder BV-Minderungen nur zur Hälfte abgezogen werden dürfen.

2. Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift

 

Rn. 4

Stand: EL 147 – ET: 11/2020

Das Korrespondenzprinzip resultiert aus dem objektiven Nettoprinzip als Subprinzip des Leistungsfähigkeitsprinzips. IRd verfassungsrechtlich gebotenen Lastengleichheit (Art 3 Abs 1 GG) hat sich der Steuergesetzgeber dafür entschieden, die objektive finanzielle Leistungsfähigkeit nach dem Saldo aus den Erwerbseinnahmen einerseits und den beruflichen Erwerbsaufwendungen andererseits – also nach den Reineinkünften als Nettogröße – zu bemessen (sog objektives Nettoprinzip, s Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, § 8 Rz 54 ff, 23. Aufl). Ob das objektive Nettoprinzip unmittelbar verfassungsrechtlich verankert ist, ist str, aber letztlich nicht entscheidungserheblich. Nach dem sog Folgerichtigkeitsgebot ist das objektive Nettoprinzip zumindest mittelbar verfassungsrechtlich geboten, da eine einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne einer Belastungsgleichheit umgesetzt werden muss (BVerfG v 09.12.2008, 2 BvL 1/07 ua, BVerfGE 122, 210 (231); zum Folgerichtigkeitsgebot umfassend Karrenbrock, Die steuerliche Berücksichtigung ausländischer Betriebsstättenverluste im Inland, 35ff).

 

Rn. 5

Stand: EL 147 – ET: 11/2020

Die Vorschrift des § 3c Abs 1 EStG ist nach der Rspr mit dem objektiven Nettoprinzip vereinbar und verfassungskonform. Die gegen die Vorschrift des § 3c Abs 2 EStG erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken (von Beckerath in Kirchhof, § 3c EStG, Rz 2, 19. Aufl; Nacke, FR 2011, 699; Stiller, StuW 2011, 75; Bareis, FR 2015, 1; Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, § 11 Rz 15, 23. Aufl) werden von der Rspr nicht geteilt (BFH v 19.06.2007, VIII R 69/05, BStBl II 2008, 551; BVerfG v 09.02.2010, 2 BvR 2659/07 nv, nicht zur Entscheidung angenommen; BFH v 05.02.2009, VIII B 59/08, DStRE 2009, 641). Zwar durchbricht das Halbabzugsverbot (heute Teilabzugsverbot) des § 3c Abs 2 EStG für die mit laufenden Gewinnausschüttungen zusammenhängenden Ausgaben das objektive Nettoprinzip; nach Ansicht des BFH ergibt sich jedoch eine sachliche Rechtfertigung, auch solche BA und WK, di...

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