Rn. 12

Stand: EL 135 – ET: 04/2019

Die Steuerermäßigung ist gem § 35b S 1 EStG für Einkünfte zu gewähren, die bei der Ermittlung des Einkommens berücksichtigt worden sind und gleichzeitig im laufenden oder in den vergangenen vier VZ als Erwerb von Todes wegen der ErbSt unterlegen haben.

A. Ermittlung des Einkommens

 

Rn. 13

Stand: EL 135 – ET: 04/2019

Unter § 35b EStG fallen nur Einkünfte, die bei der Ermittlung des Einkommens berücksichtigt werden. Das Einkommen ermittelt sich nach § 2 Abs 4 EStG aus dem Gesamtbetrag der Einkünfte, in den nach § 2 Abs 3 EStG die Summe der Einkünfte nach § 2 Abs 1 u 2 EStG einfließen.

Generell werden alle Einkünfte der sieben Einkunftsarten des § 2 Abs 1 EStG erfasst. Nicht erfasst werden steuerfreie Einkünfte. Hierunter fallen insb ausl Einkünfte, für die Deutschland aufgrund eines DBA kein Besteuerungsrecht zusteht. Deren Berücksichtigung über den Progressionsvorbehalt des § 32b EStG ändert hieran nichts, weil dieser die Ermittlung des einkommenssteuerlichen Tarifs, nicht aber die Ermittlung des Einkommens betrifft (Heinicke in Schmidt, § 32b EStG Rz 1, 36 Aufl).

 

Rn. 14

Stand: EL 135 – ET: 04/2019

Nicht unter § 35b EStG fallen wegen der Herausnahme dieser KapErtr aus den Einkünften des § 2 Abs 2 EStG nach § 2 Abs 5b EStG diejenigen Einkünfte, die als KapErtr nach § 32d Abs 1 EStG und § 43 Abs 5 EStG der AbgSt unterfallen (Weber-Grellet in Schmidt, § 2 EStG Rz 64, 36. Aufl). Ausnahmen gelten im Falle der Pflichtveranlagung zum Regeltarif (§ 32d Abs 2 EStG) oder der Antragsveranlagung (§ 32d Abs 6 EStG). Im Übrigen läuft die Ermäßigungswirkung wegen § 2 Abs 5b EStG ins Leere (für eine Berücksichtigung über § 32d Abs 4 EStG vgl Gauss/Schwarz, BB 2009, 1387). Hieraus können sich drastische Doppelbelastungen ergeben:

 

Beispiel:

Der AbgSt unterliegende Aktien in einem Depot weisen im Zeitpunkt des Erbfalls Wertsteigerungen von EUR 50 000 auf. Das Depot wird an den Onkel (Steuerklasse III) vererbt. Unter dem Eingangssteuersatz von 30 % entfällt auf die Wertsteigerungen eine ErbSt von EUR 15 000. Beim Verkauf der Aktien zur Begleichung der ErbSt unterliegt die annahmegemäß noch vorhandene Wertsteigerung der AbgSt (inkl SolZ) von 25,375 % ausmachend EUR 13 187,50 EUR. Die Gesamtbelastung von ErbSt und ESt beträgt somit EUR 28 187,50 und damit 56,375 %.

Dies ist einerseits eine Folge des Hochsteuerkonzepts der ErbSt, welches außerhalb der Begünstigungsnormen bereits bei normalen Sachverhalten zu unverhältnismäßig hohen Steuerfolgen führen kann. Andererseits ist dies eine konsequente Folge der Vereinfachungswirkung der AbgSt, die ohne deren weitere Durchbrechung, beispielsweise durch Aufnahme des § 35b EStG in § 2 Abs 5b EStG, nicht vermeidbar ist. Letzteres wäre gleichwohl wünschenswert, da mit der Einführung der AbgSt steuerliche Reserven in beweglichen WG unabhängig von einer Behaltensfrist erfasst werden und damit einer der Hauptanwendungsfälle der Doppelbelastung mit ErbSt und ESt von § 35b EStG ausgeschlossen wurde. Eine Abkehr vom Hochsteuerkonzept bei der ErbSt bzw jedenfalls eine Synchronisierung der erbschaftsteuerlichen Regelungen mit den Regelungen des Ertragsteuerrechts ist dringend geboten.

B. Erwerb von Todes wegen

 

Rn. 15

Stand: EL 135 – ET: 04/2019

§ 35b EStG erfasst nur Erwerbe von Todes wegen. Was unter den Erwerb von Todes wegen fällt, ist in § 3 ErbStG definiert. Die darin enthaltene Aufzählung ist abschließend (BFH BStBl II 1991, 412).

Erfasst sind somit ua der Erwerb

Zum Erwerb von Todes wegen zählt auch der nach § 5 ErbStG steuerfrei bleibende fiktive bzw tatsächlich ausgeglichene Zugewinnausgleich, obwohl er nach dem Wortlaut nicht erfasst ist (Schulz in H/H/R, § 35b EStG Rz 41, September 2016).

 

Rn. 16

Stand: EL 135 – ET: 04/2019

Zuwendungen unter Lebenden (§ 1 Abs 1 Nr 2 ErbStG), Zweckschenkungen (§ 1 Abs 1 Nr 3 ErbStG) und die Besteuerung des Vermögens von Familienstiftungen in Zeitabständen von je 30 Jahren (§ 1 Abs 1 Nr 4 ErbStG) fallen nicht unter den Begriff des Erwerbs von Todes wegen und sind daher von § 35b EStG nicht erfasst (vgl BFH BStBl II 2018, 593). Sie können aufgrund des klaren Wortlauts des § 35b EStG auch nicht durch eine analoge Anwendung des § 35b erfasst werden. Dem widerspräche auch der Wille des Gesetzgebers, der sich bei Einführung des § 35 EStG aF in Abgrenzung zur Vorgängernorm des § 16 Abs 5 EStG aF bewusst gegen die Aufnahme von Zuwendungen unter Lebenden in § 35 EStG aF entschieden hatte. Erfolgt der Erwerb dahingegen nur zum Teil von Todes wegen, ist eine Aufteilung der begünstigten Einkünfte geboten (BFH BStBl II 2018, 593).

Indessen trägt das Argument des Gesetzgebers nicht, bei Rechtsgeschäften unter Lebenden könne eine Doppelbelastung durch entsprechende Gestaltungen vermieden werden. Abgesehen von drohenden "Dummensteuereffekten" sind diese aus steuerlichen und außersteuerlichen Gründen nicht immer ohne weiteres mögli...

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