1. Antragserfordernis

 

Rn. 30

Stand: EL 158 – ET: 06/2022

§ 33 EStG ist gemäß Abs 1 nur auf Antrag anzuwenden. Der Antrag kann bis zum Schluss der Tatsacheninstanz (FG) gestellt werden (BFH BStBl III 1957, 227), für den Verstorbenen durch dessen Rechtsnachfolger (BFH BStBl III 1962, 31). Er soll ggf vom FA angeregt werden (BFH BStBl III 1960, 178). Mit Antragstellung wird auch das Wahlrecht gemäß § 33b EStG ausgeübt (ebenso Arndt in K/S/M, § 33 EStG Rz A 44). Der Antrag kann auch später zurückgenommen werden (BFH BStBl II 1993, 738). Im Revisionsverfahren kann der Antrag nicht mehr gestellt oder zurückgenommen werden (BFH BStBl II 1993, 738 zur Rücknahme eines Antrags nach § 33a EStG).

Ist unklar, ob es sich um WK oder ag Belastungen handelt, sollte hilfsweise der Antrag nach § 33 EStG gestellt werden (ebenso Arndt in K/S/M, § 33 EStG Rz A 44). Jedoch dürfte die Ansicht Kanzlers richtig sein, der von einem stillschweigenden Antrag nach § 33 EStG ausgeht, wenn die Aufwendungen zB als WK geltend gemacht werden (Kanzler in H/H/R, § 33 EStG Rz 53 aE, Dezember 2020).

 

Rn. 31

Stand: EL 158 – ET: 06/2022

Ein erst nach Eintritt der Bestandskraft gestellter Antrag dürfte als solcher nicht zur Änderung des Steuerbescheids führen, da die Nachholung des Antrags keine neue Tatsache iSd § 173 Abs 1 Nr 2 AO ist. Jedoch kann dem StPfl die Nachholung grundsätzlich nicht verwehrt werden, wenn ein neuer Sachverhalt für die Steuervergünstigung vorgetragen wird, es aber an einem rechtzeitig gestellten Antrag vor Bestandskraft fehlt (BFH BStBl II 1989, 960; 2004, 394; Arndt in K/S/M, § 33 EStG Rz A 43). Zu beachten ist aber, dass dem StPfl kein grobes Verschulden angelastet werden darf.

Der Mantelbogen zur ESt enthält Zeilen für Angaben zu ag Belastungen. Füllt der StPfl diese Zeilen nicht aus, kann sich daraus ein grobes Verschulden ergeben (s zB BFH BStBl II 2010, 531 zum Verschulden, wenn StB Krankheitskosten vergisst). Bei elektronisch gefertigten Steuererklärungen kann uU ein anderer Maßstab gelten (s im Einzelnen Rüsken in Klein, AO, 15. Aufl. 2020, § 173 Rz 113c).

2. Persönlicher Geltungsbereich

 

Rn. 32

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§ 33 EStG gilt für natürliche unbeschränkt estpfl Personen. § 33 EStG gilt grundsätzlich nicht für beschränkt StPfl, § 50 Abs 1 S 3 EStG. Darin lag nach Ansicht des BVerfG kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (BVerfG BVerfGE 19, 119). Ein Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen kommt auch nicht in Betracht (FG Nds EFG 1976, 86). Eine Ausnahme ließ das AusführungsG Grenzgänger Niederlande (BGBl I 1980, 1999) zum Zusatzprotokoll v 13.03.1980 zum DBA Niederlande zu (vgl Kanzler in H/H/R, § 33 EStG Rz 13, Dezember 2020).

3. Glaubhaftmachung

a) Frühere Rspr des BFH

 

Rn. 33

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Der StPfl muss die Tatsachen für das Vorliegen der ag Belastung nachweisen oder glaubhaft machen; an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit ist nicht erforderlich (BFH BStBl II 1974, 736; 1978, 338). Nach früherer Auffassung der Verwaltung und Rspr galten strenge Nachweispflichten (s zB BFH BStBl II 1981, 711 betreffend Frischzellenbehandlung; BFH BStBl II 1988, 275 betreffend Heilkur; BFH BStBl II 2001, 543 betreffend Ayur-Veda-Behandlung und BFH BFH/NV 2008, 368 betreffend Delfintherapie). Es waren in vielen Fällen amts- oder vertrauensärztliche Gutachten bzw Atteste erforderlich, die von vornherein ausgestellt werden mussten. Ebenso konnte ein amtliches technisches Gutachten erforderlich sein, wenn wegen konkreter Gesundheitsgefährdung eine Sanierung eines Grundstücks vorgenommen werden sollte (BFH BFH/NV 2008, 937).

b) Neuere Rspr des BFH

 

Rn. 34

Stand: EL 158 – ET: 06/2022

Die an dieser Stelle punktuell und auch sonst allgemein in der Literatur geäußerte Kritik an dem Erfordernis eines amts- oder vertrauensärztlichen Gutachtens bzw Attest wurde von der Rspr des BFH aufgegriffen und führte zu einer Neuorientierung bei den Nachweispflichten. So hatte der BFH seine Rspr geändert. In seinen Urteil v 11.11.2010 wich er von diesen strengen Anforderungen ab (BFH BStBl II 2011, 969; 2011, 966). Nach Auffassung des VI. Senats des BFH ergibt sich aus dem Gesetz keine derartigen Nachweispflichten und es widerspreche dem in § 96 Abs 1 S 1 FGO geregelten Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Der StPfl musste somit zur Überzeugung des Gerichts den Nachweis für die ag Belastungen erbringen.

Dies hatte zur Folge, dass der StPfl das Risiko für den Nachweis ag Belastungen trug. Sollte eine Nachweisvorsorge durch ein amtsärztliches Attest nicht betrieben worden sein, hätte im finanzgerichtlichen Verfahren ein Sachverständigengutachten erforderlich sein können, das im Nachhinein die medizinische Indikation der streitigen Behandlung hätte feststellen müssen. Alternativ konnte der StPfl auch im Rahmen eines selbstständigen Beweissicherungsverfahrens gemäß § 82 FGO iVm §§ 485ff ZPO die medizinische Indikation feststellen lassen (vgl auch Kanzler, StRA 2/2011, 15).

 

Rn. 35

Stand: EL 158 – ET: 06/2022

Die neue Sichtweise galt nach BFH-Rspr auch für alternative Behandlungsmethoden bei Menschen mit lebensbedrohlichen Erkrankungen (s BFH BStBl II 2011, 119). ...

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