A. Grundsätze

 

Rn. 380

Stand: EL 173 – ET: 06/2024

Das Prinzip der AbgSt beruht zentral auf dem Einbehalt deutscher KapSt nach den §§ 43ff EStG (Weber-Grellet, DStR 2013, 1357). Nach § 43 Abs 1 EStG unterliegen inländische Einkünfte dem deutschen KapSt-Abzug. Auch für ausländische Einkünfte ist in gewissen Fällen eine KapStPfl vorgesehen: Nach § 43 Abs 1 S 1 EStG betrifft dies ausländische KapErtr (§ 43 Abs 3 EStG) iSd § 43 Abs 1 S 1 Nr 6, 7 Buchst a und Nr 8–12 EStG sowie § 43 Abs 1 S 2 EStG. S zu einem Fall, bei dem die Eigenschaft als inländischer KapErtr strittig ist, FG München vom 050.6.2023, 7 V 94/23, DStRK 2023, 281 (AdV).

 

Rn. 381

Stand: EL 173 – ET: 06/2024

Um jedoch eine lückenlose Erfassung bei der Besteuerung sicherzustellen, ist es erforderlich, die nicht mit deutscher KapSt belasteten Einkünfte aus KapVerm durch § 32d Abs 3 S 1 EStG zwingend zu veranlagen: Der Abgeltungsmechanismus des § 43 Abs 5 S 1 EStG kann bei ihnen nicht greifen. Zur Veranlagungspflicht beim beschränkt StPfl (§ 1 Abs 4 EStG) Homuth, IWB 2017, 246, 250; FG Saarland vom 04.04.2023, 2 K 1405/19, EFG 2023, 1388.

 

Rn. 382

Stand: EL 173 – ET: 06/2024

Bei stpfl KapErtr, die nicht der (deutschen) KapSt nach §§ 43ff EStG unterlegen haben, hat der StPfl dementsprechend eine Erklärungspflicht nach § 32d Abs 3 S 1 EStG ("Pflichtveranlagung zum pauschalen Steuersatz"; s Rn 150; zusammenfassend Bieling/Liem, ErbStB 2011, 76). Der fehlende KapSt-Abzug kann dabei darauf beruhen, dass (Oellerich in Bordewin/Brandt, § 32d EStG Rz 108 (03/2017)

Eine Unterscheidung nach den Gründen für den fehlenden Abzug – oder auch nach der Frage, ob der Abzug zu Recht unterblieben ist – ist nicht vorzunehmen (Kühner/Gabert-Pipersberg in H/H/R, § 32d EStG Rz 66 (11/2023).

 

Rn. 383

Stand: EL 173 – ET: 06/2024

Die Regelung betrifft insb vGA (§ 20 Abs 1 Nr 1 S 2 EStG), bei denen die Nacherhebung des eigentlich vorzunehmenden KapSt-Abzugs (§ 43 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG) unterblieben ist, aber auch Veräußerungsgewinne aus GmbH-Anteilen, soweit diese nicht nach § 20 Abs 8 S 1 EStG zu gewerblichen Einkünften nach § 17 EStG umzuqualifizieren sind (AbgSt-E BMF BStBl I 2022, 742 Tz 144). Auch bei – dem Grunde nach steuerlich anzuerkennenden (Levedag, GmbHR 2015, 57) – Darlehen zwischen natürlichen Personen wird mangels Abzugsverpflichtetem (§ 43 S 2 AO) keine KapSt einbehalten, so dass Einkünfte daraus ebenfalls nach § 32d Abs 3 S 1 zu erklären sind (Weber-Grellet, DStR 2013, 1357, 1362).

 

Rn. 384

Stand: EL 173 – ET: 06/2024

Einen wichtigen Anwendungsfall bilden Erstattungszinsen nach §§ 233aff AO (Graf/Paukstadt, FR 2011, 249, 263). Diese sind aufgrund der Regelung des § 20 Abs 1 Nr 7 S 3 EStG als Einnahmen bei den Einkünften aus KapVerm zu behandeln (BFH vom 12.11.2013, VIII R 36/10, BStBl II 2014, 168), unterliegen aber – mangels Abzugsverpflichtetem – nicht der KapSt. Daher sind sie ebenfalls nach § 32d Abs 3 S 1 EStG in der ESt-Erklärung anzugeben (Engelberth, NWB 2014, 1887, 1892).

 

Rn. 385

Stand: EL 173 – ET: 06/2024

Auch bei unrichtigem, zu niedrigem Einbehalt von KapSt ist die Veranlagung nach Auffassung der FinVerw für den nicht besteuerten Teil zwingend vorzunehmen. Die Abgeltungswirkung kann auch nur teilweise eintreten ("soweit" in § 43 Abs 5 S 1 EStG). Die FinVerw sieht von dieser Verpflichtung aus Billigkeitsgründen ab, wenn die Differenz je VZ nicht mehr als EUR 500 beträgt und keine weiteren Gründe für eine Veranlagung nach § 32d Abs 3 EStG vorliegen (AbgSt-E BMF BStBl I 2022, 742 Tz 183). Bei zu hohem Einbehalt ist § 32d Abs 4 EStG anzuwenden (s Rn 400).

 

Rn. 386

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Der verlängerte Anlauf der Festsetzungsfrist bei Einkünften aus KapVerm nach § 170 Abs 6 AO (idF des G zur Änderung der AO und des Einführungsgesetzes zur AO, BGBl I 2014, 2415) muss beachtet werden (dazu Beneke, BB 2015, 407, 411). Bei bislang unentdeckten Einkünften aus KapVerm aus dem Ausland (§ 34d Nr 6 EStG) wird häufig auch ein Fall des § 32d Abs 3 S 1 EStG vorliegen.

 

Rn. 387

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Bei einem Antrag nach § 32d Abs 6 EStG ("Günstigerprüfung") wird § 32d Abs 3 EStG nach § 32d Abs 6 S 1 EStG suspendiert.

B. Rechtsfolgen

 

Rn. 388

Stand: EL 173 – ET: 06/2024

Als Rechtsfolge sieht § 32d Abs 3 S 2 EStG vor, dass die tarifliche ESt um den nach § 32d Abs 1 EStG zu ermittelnden Betrag zu erhöhen ist (§ 2 Abs 6 S 1 EStG; R 2 Abs 2 EStR 2012, Zeile 13). Die Höhe der Steuer wird somit nicht verändert, sondern nur auf andere Weise erhoben. Die teilweise einbehaltene deutsche KapSt ist nach § 36 Abs 2 Nr 2 EStG anzurechnen.

 

Rn. 389

Stand: EL 173 – ET: 06/2024

Die Regelungen des § 20 EStG, wie das Ver...

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