Rn. 380

Stand: EL 146 – ET: 10/2020

Das Prinzip der AbgSt beruht zentral auf dem Einbehalt deutscher KapSt nach den §§ 43ff EStG (Weber-Grellet, DStR 2013, 1357). Nach § 43 Abs 1 EStG unterliegen inländische Einkünfte dem deutschen KapSt-Abzug. Auch für ausländische Einkünfte ist in gewissen Fällen eine KapStPfl vorgesehen: Nach § 43 Abs 1 S 1 EStG betrifft dies ausländische KapErtr (§ 43 Abs 3 EStG) iSd § 43 Abs 1 S 1 Nr 6, 7 Buchst a u Nr 8–12 EStG sowie § 43 Abs 1 S 2 EStG.

 

Rn. 381

Stand: EL 146 – ET: 10/2020

Um jedoch eine lückenlose Erfassung bei der Besteuerung sicherzustellen, ist es erforderlich, die nicht mit deutscher KapSt belasteten Einkünfte aus KapVerm durch § 32d Abs 3 S 1 EStG zwingend zu veranlagen: Der Abgeltungsmechanismus des § 43 Abs 5 S 1 EStG kann bei ihnen nicht greifen. Zur Veranlagungspflicht beim beschränkt StPfl (§ 1 Abs 4 EStG) Homuth, IWB 2017, 246, 250.

 

Rn. 382

Stand: EL 146 – ET: 10/2020

Bei stpfl KapErtr, die nicht der (deutschen) KapSt nach §§ 43ff EStG unterlegen haben, hat der StPfl dementsprechend eine Erklärungspflicht nach § 32d Abs 3 S 1 EStG ("Pflichtveranlagung zum pauschalen Steuersatz"; s Rn 150; zusammenfassend Bieling/Liem, ErbStB 2011, 76). Der fehlende KapSt-Abzug kann dabei darauf beruhen, dass (Oellerich in Bordewin/Brandt, § 32d EStG Rz 108, März 2017)

  • dem Grunde nach keine KapStPfl besteht oder
  • ein Abzugsverpflichteter (§ 43 S 2 AO) nicht vorhanden ist.

Eine Unterscheidung nach den Gründen für den fehlenden Abzug – oder auch nach der Frage, ob der Abzug zu Recht unterblieben ist – ist nicht vorzunehmen (Kühner in H/H/R, § 32d EStG Rz 66, 279. Lfg. Mai 2017).

 

Rn. 383

Stand: EL 146 – ET: 10/2020

Die Regelung betrifft insb vGA (§ 20 Abs 1 Nr 1 S 2 EStG), bei denen die Nacherhebung des eigentlich vorzunehmenden KapSt-Abzugs (§ 43 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG) unterblieben ist, aber auch Veräußerungsgewinne aus GmbH-Anteilen, soweit diese nicht nach § 20 Abs 8 S 1 EStG zu gewerblichen Einkünften nach § 17 EStG umzuqualifizieren sind (AbgSt-E BMF BStBl I 2016, 85 Tz 144). Auch bei – dem Grunde nach steuerlich anzuerkennenden (Levedag, GmbHR 2015, 57) – Darlehen zwischen natürlichen Personen wird mangels Abzugsverpflichtetem (§ 43 S 2 AO) keine KapSt einbehalten, so dass Einkünfte daraus ebenfalls nach § 32d Abs 3 S 1 zu erklären sind (Weber-Grellet, DStR 2013, 1357, 1362).

 

Rn. 384

Stand: EL 146 – ET: 10/2020

Einen wichtigen Anwendungsfall bilden Erstattungszinsen nach §§ 233aff AO (Graf/Paukstadt, FR 2011, 249, 263). Diese sind aufgrund der Regelung des § 20 Abs 1 Nr 7 S 3 EStG als Einnahmen bei den Einkünften aus KapVerm zu behandeln (BFH v 12.11.2013, VIII R 36/10, BStBl II 2014, 168), unterliegen aber – mangels Abzugsverpflichtetem – nicht der KapSt. Daher sind sie ebenfalls nach § 32d Abs 3 S 1 EStG in der ESt-Erklärung anzugeben (Engelberth, NWB 2014, 1887, 1892).

 

Rn. 385

Stand: EL 146 – ET: 10/2020

Auch bei unrichtigem, zu niedrigem Einbehalt von KapSt ist die Veranlagung nach Auffassung der FinVerw für den nicht besteuerten Teil zwingend vorzunehmen. Die Abgeltungswirkung kann auch nur teilweise eintreten ("soweit" in § 43 Abs 5 S 1 EStG). Die FinVerw sieht von dieser Verpflichtung aus Billigkeitsgründen ab, wenn die Differenz je VZ nicht mehr als 500 EUR beträgt und keine weiteren Gründe für eine Veranlagung nach § 32d Abs 3 EStG vorliegen (AbgSt-E BMF BStBl I 2016, 85 Tz 183). Bei zu hohem Einbehalt ist § 32d Abs 4 EStG anzuwenden (s Rn 400).

 

Rn. 386

Stand: EL 146 – ET: 10/2020

Die verlängerte Anlauffrist bei Einkünften aus KapVerm nach § 170 Abs 6 AO nF (idF des G zur Änderung der AO und des Einführungsgesetzes zur AO, BGBl I 2014, 2415) muss beachtet werden (dazu Beneke, BB 2015, 407, 411). Bei bislang unentdeckten Einkünften aus KapVerm wird typischerweise auch ein Fall des § 32d Abs 3 S 1 EStG vorliegen.

 

Rn. 387

Stand: EL 146 – ET: 10/2020

Bei einem Antrag nach § 32d Abs 6 EStG ("Günstigerprüfung") wird § 32d Abs 3 EStG nach § 32d Abs 6 S 1 EStG suspendiert.

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