1. Überblick

 

Rn. 266

Stand: EL 156 – ET: 02/2022

Die ursprünglich als Abs 5 eingefügte Verweisung des § 18 Abs 4 EStG bestimmt die entsprechende Anwendung des § 15 Abs 1 S 1 Nr 2, Abs 2 S 2 u 3 EStG sowie des § 15a EStG. Verweisungsnormen werfen idR die besondere Auslegungsfrage auf, ob und inwieweit sie im Hinblick auf die tatsächliche Verschiedenheit der Regelungsbereiche nur zu einer sinngemäßen Anwendung führen können (BFH BStBl II 1986, 335 zu § 18 Abs 3 S 2 EStG).

Es handelt sich um eine Rechtsgrundverweisung (vgl Brand in H/H/R, § 18 EStG Rz 429 (Februar 2020)). Das bedeutet, es sind zum einen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Mitunternehmerschaft nach § 15 Abs 1 Nr 2 EStG, zum anderen die Regelung über die Einkünfte des Mitunternehmers, einschließlich der Einkünfte im Falle einer nur mittelbaren Beteiligung, auf die freiberufliche Mitunternehmerschaft entsprechend anwendbar.

Die Verweisung in § 18 Abs 4 EStG umfasst sämtliche Arten der selbstständigen Tätigkeit nach § 18 Abs 1 Nr 1–3 EStG.

 

Rn. 267

Stand: EL 156 – ET: 02/2022

Der Freiberufler-Zusammenschluss, zB als StB in Form einer Gesellschaft, widerspricht an sich dem höchstpersönlichen Charakter, der die freiberufliche Tätigkeit (ursprünglich) auszeichnet. Zwar hat das BVerfG (BVerfGE 21, 227, 232, 233) anerkannt, dass Arbeiten besonders großen Umfangs eine StB-Gesellschaft besser und leichter erfüllen könne als ein einzelner StB. Doch ändert dies nichts an dem Befund, dass sich zumindest ab einer bestimmten Größenordnung des Zusammenschlusses der Charakter der Tätigkeit insofern verändert.

 

Rn. 268

Stand: EL 156 – ET: 02/2022

In der BRD herrscht zwar – Stand 2020 – noch die freiberufliche Berufsausübung im Rahmen einer Einzelpraxis vor (vgl zB Berufsstatistik 2020 der Bundessteuerberaterkammer, Stand März 2021). Grundsätzlich ist den Freien Berufen aber zumindest innerhalb des jeweiligen Berufes die gemeinschaftliche Berufsausübung erlaubt. Allgemein lässt sich ein wachsender Trend zu freiberuflichen Zusammenschlüssen feststellen, vornehmlich in der Rechtsform von Sozietäten in den rechts- und steuerberatenden sowie in den medizinischen Berufen (vgl die Statistik zu den Freien Berufen zum 01.01.1998, BRAK-Mitt 1998, 86, 87; ferner den Kammer-Report zum 31.12.1997, Beihefter zu DStR 27/1998). Ebenso nehmen die interprofessionellen Zusammenschlüsse zu.

 

Rn. 268a

Stand: EL 156 – ET: 02/2022

Der Abschluss des Gesellschaftsvertrags kann schriftlich/handschriftlich, mündlich oder konkludent sowie verdeckt erfolgen, etwa durch Übernahme eines Projekts auf gemeinsame Rechnung (BFH BFH/NV 2001, 1547) oder bei Erbringung etwa gleichwertiger beruflicher Leistungen zu demselben Zweck durch Familienangehörige (RFH RStBl 1937, 24; BFH StRK bis 1974, § 18 R 168). Die einfache, nicht-qualifizierte Mitarbeit eines Ehegatten genügt jedoch nicht (BFH HFR 1962, 3; 1962, 158, im Einzelnen s Rn 292). Dem Erfordernis der Mitwirkung jedes Gesellschafters genügt allein die Überlassung von WG nicht (BFH BStBl II 1999, 384). Bei der Gestaltung des Vertrages ist diesem Gesichtspunkt Beachtung zu schenken (Carlé, KÖSDI 2014, 18 735).

 

Rn. 268b

Stand: EL 156 – ET: 02/2022

Auch bei überörtlichen Sozietäten, die vielfach bei den rechts- und wirtschaftsberatenden Berufen anzutreffen sind (vgl Streck, NJW 1991, 2252; Theissen, MDR 1993, 1; Korn, Beratungsbrennpunkte 1, 150 f; Möckershoff, HdB Freie Berufe im Steuerrecht, 1998, 71) ist, wie bei den örtlichen Gesellschaften, zu prüfen, ob die in den jeweiligen Zweigstellen tätigen Freiberufler auch Mitunternehmer sind, ob jede Zweigstelle ggf eine gesonderte Mitunternehmerschaft bildet und ob diese gesonderten örtlichen Mitunternehmerschaften insgesamt zu einer überörtlichen Mitunternehmerschaft zusammengefasst sind (vgl zur Zulässigkeit der überörtlichen Sozietät s Rn 272).

2. Voraussetzungen

 

Rn. 269

Stand: EL 156 – ET: 02/2022

Die Kriterien für die Annahme einer freiberuflichen Mitunternehmerschaft unterscheiden sich nicht von denen einer gewerblichen Mitunternehmerschaft (BFH BStBl II 2008, 681; 2016, 383; Mertzbach Stbg 2019,295). Allg zu den Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft, insb Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko, s § 15 Rn 25ff (Bitz).

Der GrS des BFH BStBl II 1984, 751 hat für den Bereich der ESt entschieden, die Art der Einkünfte der Gesellschafter einer PersGes werde in erster Linie durch die Tätigkeit der Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit und damit durch die Tätigkeit der Gesellschaft selbst bestimmt. Die Vielheit der Gesellschafter bleibe regelmäßig ohne Einwirkung auf die Qualifikation der Einkünfte der Gesellschaft. Die Mitunternehmerschaft (PersGes) ist für die ESt, obwohl sie als solche nicht der ESt unterliegt und auch nicht ESt-Subjekt ist, insoweit partielles Steuerrechtssubjekt, als sie in der Einheit ihrer Gesellschafter Merkmale eines Besteuerungstatbestandes verwirklicht, welche den Gesellschaftern für deren Besteuerung zuzurechnen sind. Sie ist idS Subjekt der Einkünftequalifikation, der Gewinnerziel...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge