1. Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums

 

Rn. 53

Stand: EL 138 – ET: 09/2019

Veräußerung iSd § 16 Abs 1 EStG ist nur die entgeltliche Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an einer der in § 16 Abs 1 EStG genannten Sachgesamtheiten o WG (BFH v 22.09.1992, BStBl II 1993, 228). Unter Sachgesamtheit idS ist sowohl die Sachgesamtheit der WG eines Betriebs und eines Teilbetriebs zu verstehen. Sachgesamtheit sind aber auch die aufgrund des Gesamthandsvermögens anteilig zuzurechnenden WG einer Mitunternehmerschaft; der Mitunternehmeranteil selbst stellt steuerrechtlich kein eigenes WG dar (s § 15 Rn 7 mwN (Bitz)). Gleiches gilt für den Anteil des persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA. WG ist aber der 100 %-Anteil an einer KapGes. (Nachfolgend wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit und Verständlichkeit zumeist lediglich auf die Sachgesamtheit Bezug genommen; die Ausführungen gelten für das WG "100 %-Anteil an einer KapGes" entsprechend.)

 

Rn. 54

Stand: EL 138 – ET: 09/2019

Übertragung meint das dingliche Vollzugsgeschäft, nicht bereits das schuldrechtliche Kausalgeschäft (BFH v 22.09.1992, BStBl II 1993, 228; FG Nbg v 04.04.2018, 4 K 1453/16, EFG 2018, 1035). Zur Entgeltlichkeit s Rn 59ff. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Veräußerung (sowie einer möglichen zulässigen Rückwirkung) s Rn 57.

Maßgeblich ist nicht die Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums, sondern des wirtschaftlichen Eigentums (BFH v 22.10.2014, X R 28/11, BFH/NV 2015, 479; FG Nbg v 04.04.2018, 4 K 1453/16, EFG 2018, 1035; FG BBg v 05.06.2018, 5 K 5291/16; glA Wacker in Schmidt, § 16 EStG Rz 20 (38. Aufl); Geissler in H/H/R, § 16 EStG Rz 60 (November 2018)). Rechtliches u wirtschaftliches Eigentum wird regelmäßig zusammenfallen (so auch die grds Zuordnungsregel in § 39 Abs 1 AO), so dass (auch) die Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums als Indiz für eine Übertragung dienen kann.

In den Fällen, in denen zivilrechtliches u wirtschaftliches Eigentum auseinanderfallen, ist auf das wirtschaftliche Eigentum abzustellen. Das wirtschaftliche Eigentum liegt bei demjenigen (Zivil-)Rechtsträger, dem ein WG (bzw die WG einer Sachgesamtheit) gem § 39 Abs 2 AO zuzurechnen sind. Maßgeblich iSd § 16 EStG ist daher, auf wessen Rechnung u Gefahr die übertragene Sachgesamtheit geführt wird (BFH v 22.09.1992, BStBl II 1993, 228; Wacker in Schmidt, § 16 EStG Rz 214 (38. Aufl); Geissler in H/H/R, § 16 EStG Rz 120 (November 2018)). Dieser Übergang von Chancen u Risiken markiert auch den Zeitpunkt der Veräußerung; zu Einzelheiten zu diesem Zeitpunkt u einer möglichen steuerrechtlichen Rückwirkung s Rn 57ff.

 

Rn. 55

Stand: EL 138 – ET: 09/2019

Eine Veräußerung, keine Rückabwicklung, liegt vor, wenn der Fondsanleger seine wertlose Kommanditbeteiligung nicht an den ursprünglichen Vertragspartner, sondern an den Ersteller des Fondsprospekts überträgt (FG BBg v 05.06.2018, 5 K 5291/16).

Eine Veräußerung kann auch bei einer entgeltlichen Kapitalerhöhung vorliegen, bei der einzelne Gesellschafter nicht teilnehmen, die insoweit Teile ihrer Mitunternehmeranteile veräußern (BFH v 17.09.2014, IV R 33/11, BStBl II 2015, 717).

 

Rn. 56

Stand: EL 138 – ET: 09/2019

Die typischste Form des Auseinanderfallens von zivilrechtlichem u wirtschaftlichem Eigentum ist das Treuhandverhältnis. Die Sachgesamtheit ist hier dem Treugeber zuzurechnen u nicht dem Treuhänder. Veräußert demnach ein Treuhänder eine Sachgesamtheit iSd § 16 Abs 1 EStG, liegt keine Veräußerung vor, da die Sachgesamtheit weiterhin dem Treugeber (wirtschaftlich) zuzurechnen ist.

Auch Geschäfte zwischen einer Gesellschaft und einem Mitunternehmer können zur Gewinnverwirklichung führen (BFH v 12.04.1967, VI R 187/66, BStBl III 1967, 419), nach § 16 Abs 2 S 3 EStG ist ein solcher Gewinn als laufender Gewinn zu qualifizieren, s Rn 784–793.

2. Zeitpunkt der Veräußerung u Gewinnrealisierung

 

Rn. 57

Stand: EL 138 – ET: 09/2019

Der Gewinn aus der Veräußerung des Betriebs ist im Zeitpunkt der Veräußerung verwirklicht und in dem VZ zu versteuern, in den dieser Zeitpunkt fällt. Dabei kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob der Veräußerungspreis sofort fällig o ganz oder teilweise langfristig gestundet ist u wann der Veräußerungspreis dem Veräußerer tatsächlich zufließt (BFH v 20.12.1988, VIII R 110/82, BFH/NV 1989, 630; BFH v 19.07.1993, GrS 2/92, BStBl II 1993, 897; BFH v 22.12.2011, III R 69/09, BStBl II 2012, 888; FG He v 14.07.2016, 12 K 1197/15, DStR 2018, 6; FG Nbg v 04.04.2018, 4 K 1453/16, EFG 2018, 1035; BFH v 27.04.1993, VIII R 27/92, BFH/NV 1994, 159).

Erfolgt vertraglich die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils "mit Wirkung zum Ablauf des 31.12. …" ist der Veräußerungsgewinn am 31.12. des genannten Jahres, nicht erst im Folgejahr, realisiert, sofern die Übertragung nicht tatsächlich erst später vollzogen wurde (FG Nbg v 04.04.2018, 4 K 1453/16, EFG 2018, 1035).

 

Rn. 58

Stand: EL 138 – ET: 09/2019

Ein Veräußerungsgewinn aus dem Wegfall eines negativen Kapitalkontos infolge der Auflösung einer KG ist auch im Anwendungsbereich des § 52 Abs 24 S 3 EStG erst in dem Zeitpunkt realisiert, in dem feststeht, dass das nega...

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