Rn. 158

Stand: EL 153 – ET: 10/2021

Der Kernbereich der Lebensführungskosten (Wohnen, Kleidung, Ernährung, Hobby, Freizeit; s Rn 71ff) ist von der geänderten Rspr zum Aufteilungsgebot regelmäßig nicht betroffen. Derartige Aufwendungen werden zur Wahrung des (Familien-)Existenzminimums (subjektives Nettoprinzip) bereits pauschal im Grundfreibetrag (§ 32a Abs 1 S 2 Nr 1 EStG) oder im Familienleistungsausgleich (§ 32 Abs 6 EStG) berücksichtigt oder können als SA oder ag Belastungen abgezogen werden. Eine (anteilige) Berücksichtigung als BA/WK würde zu einer Doppelberücksichtigung führen. Deshalb sind diese Aufwendungen dem Anwendungsbereich des § 4 Abs 4 EStG und des § 9 EStG entzogen (zB BFH VI B 40/13, BFH/NV 2014, 335).

 

Rn. 159

Stand: EL 153 – ET: 10/2021

Aufwendungen für die allg Lebensführung, die über die betragsmäßigen Grenzen des (Familien-)Existenzminimums hinausgehen, könnten zwar grds dem Anwendungsbereich des § 4 Abs 4 EStG und des § 9 EStG unterfallen, weil der Grundfreibetrag und der Familienleistungsausgleich nicht eingreifen, so dass keine Doppelberücksichtigung zu befürchten ist. Es handelt sich aber bei diesen Aufwendungen um Einkommensverwendung, die regelmäßig in keinem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang mit der Erwerbssphäre steht. So nimmt der StPfl die Nahrung zu sich, um am Leben zu bleiben und nicht, um Einkünfte zu erzielen. Er lebt in einer Wohnung, um sich vor den Witterungseinflüssen zu schützen und nicht um Einkünfte zu erzielen. Schließlich trägt der StPfl seine Kleidung, um seinen Körper zu bedecken und nicht aus Gründen, die in der Erwerbssphäre liegen.

 

Rn. 160

Stand: EL 153 – ET: 10/2021

Die Frage nach einer Aufteilung solcher Aufwendungen stellt sich erst dann, wenn aus betrieblichen oder beruflichen Gründen besonders hohe Aufwendungen entstehen, die über den Durchschnittsaufwendungen der Bevölkerung liegen. Aus diesem Grund hatte der BFH in seinem Urt v 11.11.1978 (BFH IV R 3/73, BB 1978, 1293) für besonders hohe Kosten einer Sängerin für Kleidung, Friseur, Kosmetika und Kleiderreinigung einen beruflichen Anteil geschätzt. Diese Rspr ist später aber wieder aufgegeben worden (BFH IV R 91/87, IV R 92/87, BStBl II 1990, 49). Sie wird auch nicht durch die geänderte Rspr zum Aufteilungsgebot für gemischte Aufwendungen reaktiviert.

Hier zeigt sich die neue Bedeutung des § 12 Nr 1 S 2 EStG. Die Vorschrift qualifiziert die gemischten Aufwendungen wegen des fehlenden Aufteilungsmaßstabs in insgesamt nicht abzugsfähige Aufwendungen für die Lebensführung um, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des StPfl erfolgen. Ob die besonders hohen Aufwendungen für Kleidung, Friseur, Kosmetika und Kleiderreinigung einer Sängerin auf beruflichen Notwendigkeiten oder auf einem gesteigerten persönlichen Bedürfnis nach exklusivem Auftreten beruhen, kann objektiv nicht beurteilt werden. Genauso wenig können Aufwendungen für repräsentatives Wohnen danach unterschieden werden, ob die besonders hohen Aufwendungen auf beruflichen Erfordernissen (Erwartungshaltung der Geschäftsfreunde) oder auf einem persönlichen Bedürfnis nach luxuriösem Wohnen beruhen. Aufwendungen im Kernbereich der Lebensführungskosten können daher auch dann nicht abgezogen werden, wenn sie den Bereich des (Familien-)Existenzminimums überschreiten, selbst wenn sie den Beruf oder die Tätigkeit des StPfl fördern.

 

Rn. 161

Stand: EL 153 – ET: 10/2021

Anders sieht es aus, wenn der Gesetzgeber den beruflichen Mehraufwand durch konstitutive Regelungen typisierend von den allg Lebensführungskosten abgrenzt (zB Verpflegungsmehraufwand gemäß § 4 Abs 5 S 1 Nr 5 EStG iVm § 9 Abs 4a EStG, doppelte Haushaltsführung gemäß § 9 Abs 1 S 3 Nr 5 EStG, typische Berufskleidung gemäß § 9 Abs 1 S 3 Nr 6 EStG) oder wenn eine konkretere berufliche Veranlassung die allg Zuordnung zur Privatsphäre überlagert (s Rn 121ff).

 

Rn. 162–163

Stand: EL 153 – ET: 10/2021

vorläufig frei

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